Haut
leicht gefunden. Wie lange sind Sie schon hier?«
»Bin eben gekommen.« Caffery lächelte kühl. »Warum?«
»Eine höfliche Frage«, sagte Tanner leichthin. »Ich mache Konversation.«
Er legte einen Untersetzer auf den kleinen Beistelltisch neben dem Sessel und stellte die Kaffeetasse darauf. Als er sich aufrichtete, fiel Caffery auf, dass er schwitzte. Nicht sehr stark, aber seine Stirn glänzte. »Mein Vater war auch bei der Polizei. Chief Inspector, in Hampshire.«
»Wirklich?«
Warum hast du mich noch nicht gefragt, warum ich hier bin? Wann wirst du mich fragen?
»Ich finde immer, ich habe etwas mit der Polizei gemeinsam.« Tanner schob einen kleinen Tisch zum Sofa und stellte seine eigene Tasse darauf ab. Er ging zu der Kaffeemaschine zurück, wandte Caffery den Rücken zu und öffnete eine mit dem königlichen Wappen geschmückte Keksschachtel. Er leerte die Kekse auf einen Teller. »Dinge in Ordnung bringen. Wissen Sie? Die Welt ein bisschen besser machen. Einen Keks?«
»Nein danke.«
»Trinken Sie Ihren Kaffee.«
»Später.«
In diesem Haus etwas zu essen oder zu trinken wäre das Letzte, was Caffery einfiele. Die Toxinbefunde hatten keine anderen Betäubungsmittel enthalten, weil Tanner Arzt war und Zugang zu Temazepam in flüssiger Form hatte. Er konnte es den Frauen in einem Getränk verabreicht haben - sie hätten es nicht bemerkt. Er hatte gewusst, dass man es bei der toxikologischen Untersuchung entdecken und die Verwendung von flüssigem Temazepam, das Lucy nicht verschrieben worden war, auf einen Mord und vielleicht auf einen Mediziner hindeuten würde, und deshalb hatte er ihnen nachher die Tabletten gegeben, um den im Blut der Opfer gefundenen Tranquilizer zu erklären.
»Stimmt etwas nicht mit Ihrem Kaffee?«
»Sagen Sie es mir, Mr. Tanner. Stimmt etwas nicht damit?«
Tanner verstummte und drehte sich jäh zu ihm um. In seinem Blick schien etwas zu verrutschen. Die dunklen Flecken auf seinem Kittel waren immer noch da. Wenn es Wasser gewesen wäre, dachte Caffery, wären sie inzwischen verschwunden. »V-Verzeihung«, murmelte Tanner. »Ist das eine Rätselfrage?«
»Nein. Es ist eine ganz direkte Frage. Ist etwas in meinem Kaffee? Flüssiges Benzo, zum Beispiel?«
»Was ?« Tanner legte eine Hand an die Stirn. »Du meine Güte - das ist verwirrend. Sie bringen mich ganz durcheinander.«
»Ich bin nicht gerade erst gekommen, Georges. Ich bin schon lange hier. Lange genug, um in diesen Raum zu gehen und zu sehen, was Sie so treiben.«
Tanner ließ die Kekse fallen. Sie prasselten auf den Tisch, und ein paar kullerten zu Boden. Er stand mit hängenden Armen da und versuchte nicht, sie wieder aufzusammeln. »Es gibt eine Erklärung«, sagte er steif. »Was Sie gesehen haben, kann ich alles erklären.«
»Ich kann es auch erklären. Lucy Mahoney hat Sie erwischt, stimmt's? Sie hat mitbekommen, was Sie getan, was Sie ihr weggenommen haben. Oder hat sie sich daran erinnert, dass sie fotografiert worden war? War es das?«
»Sie phantasieren. Das sind Hirngespinste. Wenn Sie mich erklären lassen, kann ich...«
»Sie hat Sie erpresst. Und was ist dann passiert? Ich vermute, sie hat zu viel verlangt. Sie wollte sich ein Haus kaufen. Ihre Forderungen wurden zu hoch. Es gab keinen Ausweg für Sie.
Sie sind ein Dieb. Jahrelang, wie es aussieht, haben Sie Haut gestohlen, wie ein Serienkiller, der Körperteile seiner Opfer entwendet. Diese Frauen waren Ihre Opfer.«
»Opfer?« Er hob den Blick und sah Caffery an. »Das ist ein hartes Wort. Ich habe keiner von ihnen etwas angetan. Wenn sie meinen Operationssaal verlassen haben, waren sie in einem besseren Zustand als beim Hereinkommen.«
»Sie sind Opfer. Sie haben nicht eingewilligt.«
»Die Haut - sie ist Teil meiner Lebensarbeit. Ich studiere Haut. Ich versuche, synthetische Haut herzustellen.«
»Synthetische Haut?« Caffery lachte. »Oh, der ist gut, Dr. Frankenstein.«
»Es ist die Wahrheit. Sie können sich in dem Raum umsehen. Sie werden die Boxen finden. Von anderen Herstellern.«
»Ich bin nicht blöd, Mr. Tanner. Mit meinen beschränkten Kenntnissen würde ich sagen, bei dem, was Sie da tun, geht es nicht um die Herstellung synthetischer Haut oder um irgendeinen anderen Bullshit, den Sie mir da auftischen wollen. Ich würde sagen, es hat nichts damit zu tun, aber alles mit Sex.«
Tanners Gesicht wurde für einen Moment ausdruckslos. Er blinzelte.
»Ich würde sagen, ganz gleich, wie es oberflächlich betrachtet aussieht,
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