Haut
Feuers: Schlafsäcke, Allwetterzeug, seine Plastikflaschen mit Cider. Zwei Teller standen bereit für das Essen im Topf über dem Feuer. Zwei Teller, nicht einer. Er wurde erwartet. So war es mit dem Walking Man: Man konnte ihn nicht einfach finden. Er entschied, wann der richtige Augenblick gekommen war, und dann - als wären ihre gemeinsamen Erfahrungen ein verbindendes Element - übte er eine fast magnetische Anziehungskraft auf Caffery aus: Er warf ein unsichtbares Lasso aus und zog ihn heran.
Caffery stieg aus und nahm die beiden Zwei-Liter-Krüge Cider mit.
»Sie haben lange gebraucht, um mich zu finden«, sagte der Walking Man, als Caffery herankam. Er pflegte seine Füße, und seine Garderobe bestand aus teurer Outdoor-Bekleidung, aber wenn man ihn sah, hätte man glauben können, er sei in ein Teerfass getaucht worden: Er war von Kopf bis Fuß schwarz, als hätte er in der Holzkohle seines Lagerfeuers geschlafen. »Sie suchen mich jetzt seit zwei Stunden.«
»Woher wissen Sie das?«, fragte Caffery, aber er war nicht überrascht.
Der Walking Man antwortete nicht. Er stocherte im Feuer und schob die Blechteller näher an die Flammen. Caffery stellte seinen Cider ab. Der Walking Man hatte mehr als zwei Millionen Pfund irgendwo auf einem Sparkonto gebunkert, aber er trank den einfachen Cider aus der Umgebung, den schlechtesten Stoff, den die einheimischen Apfelpressen ausspuckten.
Und er schlief niemals, niemals unter einem Dach. So war er einfach.
»Ich habe die Wege, die Sie gehen, auf der Karte markiert.« Caffery entrollte die Isomatte, die der Walking Man für ihn am Feuer aufgewärmt hatte. »Allmählich kommt da ein Muster zum Vorschein.«
Der Walking Man schnaubte. »Ja. Natürlich haben Sie das Bedürfnis, mich zu studieren. Sie sind Polizist.«
»Mir steht eine Datenbank zur Verfügung, die mir hilft. Leute, die Sie sehen, melden es uns.«
»Weil sie Angst vor mir haben.«
»Sie wissen, wozu Sie fähig sind.«
Craig Evans, der die Tochter des Walking Man ermordet hatte, war nach der Folter nur noch halb lebendig gewesen. Bei der Einlieferung in die Notaufnahme hatte man ihn für tot gehalten. Und als sie ihn zusammenflickten und feststellten, was der Walking Man ihm angetan hatte, dachten die meisten der professionell Beteiligten insgeheim, der Tod wäre besser für ihn gewesen. Ohne Augen und Genitalien würde er nicht mehr viel vom Leben haben. Für Penderecki wäre es besser gewesen, wenn er so geendet hätte. Aber er trickste das Schicksal aus und brachte sich selbst um: Er erhängte sich an einem Deckenbalken in seinem Badezimmer. Es schmerzte Caffery noch heute, wenn er an diese entgangene Gelegenheit dachte.
»Ich hab Ihnen neulich ein paar Krokuszwiebeln gebracht. Hab mich gefragt, was sie damit machen?«
»Sie sind hier.« Der Walking Man klopfte auf seine Brusttasche. »Gut aufgehoben.«
»Wann werden Sie sie einpflanzen?«
Der Walking Man blickte auf. Seine Augen hatten die gleiche Farbe wie Cafferys: ein dunkles Blau mit dunklen Wimpern. »Wenn die richtige Zeit kommt. Und woher wollen Sie wissen, dass ich nicht schon welche gepflanzt habe? Ich lasse mich nicht noch einmal von Ihnen danach fragen. Jack Caffery. Polizist.«
Caffery verzog seinen Mund zu einem schiefen Lächeln. So etwas war beim Walking Man nicht ungewöhnlich. Allmählich begriff er, wie es funktionierte: Alles würde zu seiner Zeit erklärt werden. Während der Walking Man sich um das Essen kümmerte, entkorkte Caffery die Ciderflasche, goss zwei Blechbecher voll und ließ sich auf die Isomatte zurücksinken. Er hob eine Hand und tastete nach dem Loch in seinem Haar. Die Nacht senkte sich langsam herab. Der Fluss strömte gurgelnd durch die Felder, und der Motor seines Wagens tickte, als er sich abkühlte. Weiter stromabwärts hörte man das leise elektrische Summen eines Stauwehrs. Ungefähr fünfzehn Schritte weit vor ihnen hatte jemand, vielleicht waren es Kinder, einen Autoreifen mit einem Seil an einen Baum gehängt, der über den Fluss hinausragte. Reglos hing er im Sternenlicht.
»Sie haben es gesehen, nicht wahr?«, sagte Caffery nach einer Weile. »Als ich das letzte Mal bei Ihnen war, ist es da gewesen. Ich habe es mir nicht eingebildet - da war etwas zwischen den Bäumen und hat mich beobachtet.«
Der Walking Man grunzte. »Ja. Stimmt.«
»Sie hatten keine Angst davor.«
»Warum sollte ich? Es wollte nichts von mir.«
»Und wenn doch? Wenn Sie an meiner Stelle wären? Hätten Sie dann
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