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Haut

Haut

Titel: Haut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mo Hayder
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Obduktionstisch in Verbindung zu bringen.
    »Das habe ich gefilmt.« Mahoney stand hinter ihm. »Im Sommer vor drei Jahren. In dem Jahr, als Daisy beschloss, Nastia Liukin Konkurrenz zu machen.«
    »Daisy? Ihre Tochter?«
    »Sie ist bei meiner Mum. Natürlich hat es ihr das Herz gebrochen.«
    Daisy vollführte noch einen Handstand. Diesmal erwischte Lucy ihre Beine. Einen kippligen Augenblick lang bemühte Daisy sich, ihre Position zu halten, dann knickten ihre Arme ein. Lucy wollte sie hochhalten, aber Daisy fiel auf den Rücken, blieb kichernd liegen und drückte die Hände auf den Bauch. Die Kamera zoomte an Lucy heran. Auch sie lachte, aber als sie merkte, dass sie gefilmt wurde, hörte sie auf. »O nein!« Sie schüttelte den Kopf und hob eine Hand, um ihr Gesicht vor der Kamera zu verbergen. »Nicht. Bitte. Ich werde sonst rot. Lass mich in Ruhe.«
    Die Kamera schwenkte zur Seite. Ein paar Sekunden lang sah man nur die Wiese, und man hörte, wie an der Kamera herumgefummelt wurde, um sie abzuschalten.
    »>Ich werde sonst rot.<« Mahoney wandte sich ab und ging zurück zum Sofa. »Ja. Das war typisch Lucy. Alles machte sie verlegen.«
    »Sie hat Daisy geliebt.«
    »Jeder liebt Daisy.«
    Caffery startete das nächste Video. Es war erst drei Monate alt. Man sah ein kleines Zimmer. Mattes Tageslicht fiel durch ein Fenster herein. Eine Frau stand seitwärts gewandt vor der Kamera und betrachtete eine Staffelei mit einer Leinwand. Lucy. Ihr dunkelrotes Haar hing wirr auf den Rücken - es war jetzt viel länger -, und sie war anders gekleidet. Bunt, eine rote Weste über einer saphirblauen Bluse. Ein geblümtes Kopftuch war über der Stirn verknotet. In der einen Hand hielt sie einen Pinsel, mit der anderen zupfte sie vor dem Bauch an ihrem Hemd herum. Sie wirkte schlanker. Viel schlanker. Im Lauf der drei Jahre hatte sie eine Taille bekommen.
    »Wer hat das gedreht?«
    »Das weiß ich nicht. Eine Freundin vielleicht. Ich war nicht dabei.«
    Die Kamera bewegte sich auf Lucy zu. Lucy drehte sich um und schaute fest in die Linse. Sie wurde nicht rot, Sie versuchte nicht, sich zu verstecken. Sie lächelte ironisch, hielt den Pinsel hoch und sagte mit pseudofranzösischem Akzent: »Willkommen in meinem Atelier, mein Kleiner. Hier wird die Magie gemacht.«
    Das Video war zu Ende, und einen Augenblick lang herrschte Stille im Raum. Caffery trommelte mit dem Finger auf das Mousepad. Hier wird die Magie gemacht. Da war etwas, in diesem Video. Etwas Wichtiges. Er spielte es noch einmal ab und beobachtete aufmerksam ihr Gesicht, die Hand, die an ihrem Hemd nestelte und befangen ihren Bauch berührte. Hier wird die Magie gemacht. Was willst du mir sagen, Lucy? Was willst du sagen?
    Er hörte ein Geräusch hinter sich. Mahoney saß vorgebeugt da und starrte auf den Tisch. »Das ist merkwürdig«, murmelte er. »Sehr merkwürdig.«
    Caffery schob seinen Hocker zurück. »Was denn?«
    »Die da.«
    Mahoney streckte den Zeigefinger aus, aber da war nichts Außergewöhnliches, nur die Durchsuchungsprotokolle, der Briefbeschwerer und Lucys Wohnungsschlüssel, die er dort hingelegt hatte.
    »Ihre Schlüssel? Die hab ich mir auf dem Revier in Wells aushändigen lassen.«
    Mahoney nahm die Schlüssel in die Hand. »So haben Sie sie gefunden?«
    »Sie waren in ihrer Tasche. Ja.«
    »Nur diese zwei? Der Chubb und der Yale?«
    »Sie gehören zur Haustür.«
    »Aber da fehlt einer. Es müsste noch einen Schlüssel für die Hintertür geben. Normalerweise hängt er dort oben, an dem Nagel da.«
    Caffery drehte sich um. An dem Nagel hing nichts. Er warf einen Blick zur Haustür und dann zur Hintertür, und einen Moment lang fröstelte ihn. Als wäre da etwas ins Zimmer gekommen und habe sich bei ihnen niedergelassen.
    »Und...« Er hüstelte. »Und ich nehme an, Sie haben ihn nicht?«
    Mahoneys Pupillen waren zu Stecknadelköpfen geschrumpft. »Nein. Und wenn Sie ihn auch nicht haben«, sagte er, »wer zum Teufel hat ihn dann?«
     

31
    In den Wohnstraßen von Hanham war es mittags still. Als Flea um die Ecke bog, sah sie Thoms schwarzen Escort wegfahren. Er raste blinkend bis zum Ende der Straße und bog an der T-Kreuzung nach rechts. Sie blieb dicht hinter ihm und tastete nach ihrem Telefon auf dem Beifahrersitz.
    Natürlich saß Mandy am Steuer. Das war zu erwarten. Flea wusste, was die Jungs in der Einheit über Mandy sagen würden: »Das ist ein Mädchen mit einer Neun-Zoll-Klitoris.« Oder etwas in diesem Sinne. Der Escort stoppte an der

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