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Hautnah

Hautnah

Titel: Hautnah Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Crouch
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Mit Hilfe der Taschenlampe lotste er sie ins Wohnzimmer und zog sie neben sich auf die große Ledercouch. Sie schmiegte sich fest an ihn und drückte den Kopf an seine Brust.
    »Erzähl mir von ihr. Erzähl mir, was sie dir angetan hat.«
    Sie streckte wie er die Beine aus und lauschte seiner tiefen Stimme.
    »Angefangen hat alles mit anonymen Textnachrichten. Zuerst waren sie nicht besonders bedrohlich – ich wurde für meine Arbeit gelobt und so weiter. Ein bisschen merkwürdig fand ich sie schon, weil ich nicht wusste, wer die Absenderin war, aber so was kommt vor. Wenn man im Filmgeschäft ist, schließt man einen Pakt mit dem Teufel. Es gehört einfach dazu. Genauso wie es dazugehört, dass man nicht mehr über die Straße gehen kann, ohne von Fremden angesprochen oder um ein Autogramm gebeten zu werden. Manchmal möchte man sich nicht mit den Leuten abgeben, aber man muss freundlich bleiben, höflich. Mit der Zeit wurden die Inhalte dann zunehmend persönlicher – es ging um meinen Körper und darum, was diese Unbekannte gerne mit mir gemacht hätte. Ich habe sie ignoriert, weil ich dachte, irgendwann würde die Frau schon das Interesse verlieren und aufhören, aber mein Schweigen hat sie scheinbar nur noch mehr angestachelt. Schließlich fand ich immer öfter handgeschriebene Zettel an meiner Haustür. Sie waren in grünen Großbuchstaben geschrieben, und der sehr spezielle Stil und die fragwürdige Rechtschreibung haben mir sofort verraten, dass sie von derselben Verfasserin stammen mussten wie die SMS . Die Zettel hingen sogar an der Tür meines Wohnwagens, wenn ich zu Dreharbeiten war, oder klemmten hinter den Scheibenwischern meines Wagens.«
    »Wie unheimlich.« Lara streichelte seinen wunderschönen Unterarm, an dem sich jeder einzelne schlanke Muskel deutlich abzeichnete. Als könne sie sein innerstes Wesen unter ihren Fingerspitzen spüren.
    »Du sagst es.« Er drückte seine Lippen in ihr Haar. »Aber dann wurden die Nachrichten immer übergriffiger – dieses oder jenes Hemd würde mir nicht stehen, ich sollte bei Ugo’s zum Abendessen lieber etwas anderes bestellen … Auf einmal lagen Sachen vor meiner Haustür: Whiskyflaschen, Pralinen, Blumensträuße, Teddybären. Teddybären! Ich bekam Pizza, Bücher und Kleidung geliefert, die ich nie bestellt hatte. Ich habe dreimal die Telefonnummer gewechselt und einen Sicherheitsmann eingestellt, der mein Tor bewachen sollte, aber irgendwie hat sie immer Mittel und Wege gefunden, mir nahe zu kommen. Und durch meine Versuche, sie loszuwerden, habe ich sie natürlich nur noch wütender gemacht. Die Nachrichten schlugen in Drohungen um, und die Geschenke wurden bösartig – mehrere Tonnen Mist, die in meiner Toreinfahrt abgeladen wurden, zwei Dutzend verwelkte Rosen, eine Godiva-Pralinen-Schachtel voll mit etwas, das aussah wie menschliche Exkremente.«
    »Igitt.«
    »So langsam setzten mir ihre Unerbittlichkeit und Bösartigkeit immer stärker zu. Ich habe ein Abendessen abgesagt, bei dem ich eine Rede halten sollte, weil ich Angst hatte, in der Öffentlichkeit aufzutreten. Ich wurde allmählich paranoid, was die Sicherheitsmaßnahmen der Studios anging, in denen ich gearbeitet habe.«
    »Und die Polizei konnte dir nicht helfen?«
    »Sie hatten ja fast nichts in der Hand. Sie war wirklich schlau, so gut wie unsichtbar. Niemand hat sie auch nur ein einziges Mal zu Gesicht bekommen. Und dann –« Er verstummte und holte tief Luft, wie um sich zu sammeln.
    »Und dann?«
    »Hatte ich kurz hintereinander mehrere Unfälle. Ein Außenstehender hätte vielleicht Pech oder Unvorsichtigkeit dafür verantwortlich gemacht – das war zumindest die Ansicht der Polizei. Und es stimmt ja auch, dass ich nicht mehr bei klarem Verstand war. Aber ich bin mir ganz sicher, dass sie ihre Finger dabei im Spiel hatte. Bevor sie aufgetaucht ist, ist mir nie etwas Vergleichbares passiert.«
    »Was denn zum Beispiel?«
    »Mir ist ein Reifen geplatzt, gerade als ich von meinem Grundstück in den Mulholland Drive eingebogen bin. In einer Kurve am Berghang. Es war pures Glück, dass ich nicht abgestürzt bin. Ich habe eine hohe Terrasse, die vom ersten Stock meines Hauses aus übers Tal ragt.« Er benutzte die Hände, um ihr die Konstruktion zu veranschaulichen. »Du wirst sie eines Tages zu sehen bekommen, sie wird dir gefallen. Eine der hölzernen Stufen, die vom Pool zur Terrasse nach oben führen, hat nachgegeben, als ich gerade hochkam. Ich bin gestürzt und habe mir den

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