Havenhurst - Haus meiner Ahnen
Absichten Miss Cameron gegenüber absolut ehrenhaft“, fiel ihr Ian erstaunlich ruhig ins Wort.
„Sie überheblicher Hundesohn!“ Roberts Stimme bebte vor Empörung und Verachtung. „Meine Schwester ist für Ihresgleichen immer noch die Countess of Havenhurst! Und ich brauche Ihnen nicht vorgestellt zu werden. Ich weiß alles über Sie! Und was Ihre Absichten betrifft, so würde ich einer Ehe mit Ihnen nicht einmal dann zustimmen, wenn meine Schwester noch nicht verlobt wäre!“
Ian blickte Elizabeth an, und in ihrer schuldbewußten Miene las er Bände.
„Sie haben meine Schwester kompromittiert!“ schrie Robert. „Dafür werden Sie sich verantworten!“
Ian wandte sich wieder Robert zu, und sein Gesicht war vollkommen ausdruckslos. Mit einem kurzen Nicken bestätigte er die Aufforderung zum Duell. „Selbstverständlich“, sagte er beinahe höflich. Dann machte er kehrt und wollte gehen.
„Nein!“ schrie Elizabeth verzweifelt und packte Roberts Arm. „Das lasse ich nicht zu!“
„Das geht dich nichts an, Elizabeth.“ Robert schob ihre Hand von seinem Arm. „Berta sitzt schon in meiner Kutsche. Geh zu ihr. Dieser Mann hier und ich haben einige Dinge zu besprechen.“
„Du darfst nicht...“ begann sie noch einmal, aber Ian Thorntons Stimme brachte sie zum Schweigen.
„Hinaus!“ befahl er in einer so mörderischen Tonlage, daß Elizabeth erzitterte.
„Geh“, bat Robert wesentlich sanfter. „Ich komme gleich nach. Oder willst du, daß die Gaffer da draußen auch noch hereinkommen, um zuzuhören?“
Als Elizabeth aus dem Gewächshaus trat und die Menschenansammlung sah, wurde ihr fast übel. Die Gesichter um sie herum zeigten teils Erheiterung und teils eisige Verachtung.
Sie stieg zu Berta in die wartende Kutsche, und kurz darauf folgte auch Robert nach. „Die Angelegenheit ist geregelt“, erklärte er. „Wir reden morgen früh darüber“, fügte er hinzu, was Elizabeth zu dem Schluß veranlaßte, daß er zumindest bis morgen nichts unternehmen würde.
Eine Weile herrschte tiefes Schweigen in der Kutsche. „Elizabeth, wie konntest du nur eine solche Närrin sein“, begann dann Robert mit seiner Schelte. „Selbst du müßtest doch gemerkt haben, was für ein verantwortungsloser Schuft dieser Mensch ist. Ian Thornton ist nicht..
Robert unterbrach sich, um nicht etwa noch ausfallend zu werden. „Der Schaden ist nun einmal angerichtet, und ich bin dafür verantwortlich. Du bist zu jung und zu unerfahren. Ich hätte dich auf keinen Fall ohne Miss Throckmorton-Jones an dieser Hausgesellschaft teilnehmen lassen dürfen. Ich kann nur beten, daß dein Verlobter die Angelegenheit mit tolerantem Verständnis betrachtet.“
Elizabeth fiel auf, daß Robert nun schon zum zweitenmal von ihrer Verlobung sprach, als sei sie bereits eine abgemachte Sache.
„Da meine Verlobung weder fest vereinbart noch bekanntgemacht wurde, verstehe ich nicht, weshalb Viscount Mondevale von meinem Verhalten betroffen sein sollte. Falls es einen kleinen Skandal geben sollte, möchte er die Veröffentlichung vielleicht ein wenig hinausschieben, aber ich kann mir nicht vorstellen, daß ihn das wirklich verärgert oder in Verlegenheit bringt.“
„Die Verlobung ist fest vereinbart“, erklärte Robert gereizt. „Mondevale und ich sind uns ohne Schwierigkeiten handelseinig geworden. Er war übrigens sehr großzügig, und als stolzer Bräutigam lag ihm an einer umgehenden Veröffentlichung. Die Anzeige erscheint morgen in der ,Gazette'.“ Diese höchst beunruhigende Neuigkeit veranlaßte Berta zu einem unterdrückten Aufschluchzen. Die Dienerin schniefte noch einmal, schneuzte sich die Nase und schniefte dann weiter. Elizabeth drückte die Augen ganz fest zu, um die Tränen zurückzuhalten; innerlich war sie mit ganz anderen Problemen befaßt als mit dem ihres gutaussehenden, jungen Verlobten.
In dieser Nacht lag sie noch lange wach. Robert hatte ihr zwar gesagt, sie würden am nächsten Tag noch einmal wegen des Duells reden, aber sie befürchtete, daß sie es ihm nicht würde ausreden können.
Andererseits war das Duellieren illegal, und deshalb verlangte der Ehrenkodex, daß Ian sich stellte — das hatte er ja im Gewächshaus auch akzeptiert — und daß Robert dann einen symbolischen Schuß in die Luft abgab. Diese Zeremonie bedeutete, daß Ian mit seinem Erscheinen seine Schuld eingestand und sein Leben Roberts Gnade auslieferte. Robert erhielt dann die Satisfaktion eines Duells, ohne das Blut
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