Havenhurst - Haus meiner Ahnen
sie doch alle beide nicht annehmbar für dich sind.“
„Das wissen wir zwei, Alexa, aber offenkundig wissen es die Freier nicht.“ Kaum hatte sie das ausgesprochen, als ihr eine Idee durch den Kopf schoß. Elizabeth schaute Alexa an, und diese schien sofort zu begreifen, obwohl doch kein einziges Wort gefallen war.
„Ich muß die Gentlemen also nur davon überzeugen, daß ich für sie nicht annehmbar bin.“
„Was dir auch nicht schwerfallen sollte, denn es ist ja die Wahrheit.“
Erleichtert darüber, endlich einen Plan zu haben, blickte Elizabeth Alexa und Bentner an, die ihrerseits schmunzelten. Sie lachte. „Der arme Sir Francis! Wie überrascht er sein wird, wenn er merkt, wie prüde ich bin!“
„Und was für eine unerhörte Verschwenderin!“
„Genau. Und nun zu dem Earl of Canford..
„Wie überaus schade, daß du ihm nicht zeigen kannst, wie gut du mit einer Angelrute umzugehen weißt“, meinte Alexa mit scheinbarem Bedauern.
„Angeln?“ Elizabeth schüttelte sich vor gespieltem Entsetzen. „Der bloße Gedanke an so etwas Ekliges wie lebende Fische stürzt mich schon in eine Ohnmacht.“
„Dem kapitalen Burschen, den Sie gestern gefangen haben, ist das allerdings nicht gelungen“, warf Bentner ein.
„Stimmt.“ Sie lächelte den Mann an, der sie das Fischen gelehrt hatte. „Würden Sie jetzt bitte Berta ausrichten, was ihr bevorsteht?“
„Dann brauchen wir uns also nur noch für den dritten Freier etwas Abschreckendes auszudenken“, meinte Alexa fröhlich, nachdem Bentner gegangen war, um seinen Auftrag auszuführen. „Wie heißt er? Kenne ich ihn?“
Das war der Moment, den Elizabeth gefürchtet hatte. „Du wirst bei deiner Heimkehr vor wenigen Wochen zum ersten Mal von ihm gehört haben.“ Nervös rieb sie mit den Händen über ihren Rock. „Ich denke, ich sollte dir jetzt erzählen, was vor zwei Jahren geschehen ist — mit mir und Ian Thornton.“ „Das brauchst du nicht, wenn du nicht darüber reden willst. Jetzt sollten wir uns erst einmal mit deinem dritten Kavalier befassen.“
„Der dritte Mann ist Ian Thornton, Alexa.“
„Das darf doch nicht wahr sein!“ rief Alexa.
„Es ist aber wahr. Er hat dem Vorschlag meines Onkels zugestimmt. Möglicherweise handelt es sich ja um ein Mißverständnis oder sogar um einen üblen Scherz. Ich begreife es ja auch nicht.“
„Ein Scherz? Der Mann hat dich ruiniert! Er muß ein Ungeheuer sein, wenn er das erheiternd findet.“
„Als ich ihn zuletzt sah, fand er die Situation keineswegs erheiternd“, sagte sie, und dann erzählte sie ihrer Freundin die ganze traurige Geschichte.
★
„Berta, wir sind da“, sagte Elizabeth, als die Reisekutsche auf das ausgedehnte Anwesen von Sir Francis Belhaven einbog. Berta hielt die Augen fest geschlossen.
„Tante Berta!“ Das hörte sich schon entschieden energischer an. „Ich verlasse mich darauf, daß du dich wie meine Tante benimmst und nicht wie ein verschrecktes Huhn. Man wird uns gleich hineinbitten“, fügte sie streng hinzu, als die Eingangstür des weitläufigen Herrenhauses geöffnet wurde. „Wie sehe ich aus?“
„Furchtbar“, antwortete Berta wahrheitsgemäß.
Elizabeth hatte ein hochgeschlossenes schwarzes Leinengewand für das Treffen mit dem Mann ausgewählt, den Alexa als einen lüsternen alten Lebemann beschrieben hatte. Das Haar hatte sie sich zu einem festen Nackenknoten zusammengedreht und einen kurzen schwarzen Schleier darüber befestigt. Als einzigen Schmuck trug sie ein großes, häßliches eisernes Kruzifix um den Hals, das sie in der Familienkapelle auf Havenhurst gefunden hatte.
„Ja, ganz furchtbar sehen Sie aus“, bekräftigte Berta. „Ausgezeichnet.“ Elizabeth lächelte aufmunternd. „Du siehst auch furchtbar aus.“ Sie stieg aus und wandte sich an Aaron, der auf dem Kutschbock saß. „Vergiß nicht, ausgiebig mit jedem, der dir zuhört, über mich zu tratschen. Du weißt ja, was du sagen sollst.“
„Ja.“ Aaron grinste vergnügt. „Ich werde allen erzählen, daß Sie ein dürres altes Scheusal sind und so erschreckend tugendhaft, daß selbst der Teufel persönlich vor Ihnen die Flucht ergreift.“
Elizabeth nickte und ging mit Berta widerstrebend auf das Haus zu.
Der Butler stand auf der Schwelle und sah ganz so aus, als versuchte er herauszufinden, ob Elizabeth unter ihrem schwarzen Kleid überhaupt Brüste besaß.
„Mein Herr hat augenblicklich Besuch“, erklärte er. „Er wird sich jedoch binnen kurzem zu Ihnen
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