Havoc - Verwüstung - Thriller
Wände des Tunnels darunter waren mit säuberlich verfugten Steinplatten ausgekleidet. Als er den Lichtstrahl seiner Lampe darauf richtete, konnte Poli erkennen, dass sie mit Hieroglyphen bedeckt waren. Den Boden des Tunnels konnte er nicht sehen, weil er überflutet war. Wasser war im Laufe der Jahrtausende hineingesickert und hatte sich dort gesammelt. Er verlangte ein Seil. Sobald ein Seilende um einen Steinklotz in der Nähe gelegt worden war, warf Poli das andere Ende in den Erdspalt. Sich nur auf die Kraft seiner Arme verlassend, kletterte Poli daran hinab. Als er die Wasseroberfläche erreichte, tauchte er vorsichtig in das kalte Wasser ein und suchte den Tunnelboden. Als seine Füße endlich einen Widerstand spürten, reichte ihm das Wasser bis zur Brust. Der Tunnel musste um die fünf Meter hoch sein und mindestens ebenso breit. Er lenkte den Lichtstrahl abwärts und konnte dort, wo die Tunneldecke teilweise eingebrochen war, lose Geröllhaufen erkennen. Lücken klafften darin, wo Deckenplatten nur teilweise auf den Boden gestürzt waren. Als er die Lampe ein wenig nach oben richtete, wurde der Lichtstrahl von der Dunkelheit verschluckt. Der Tunnel stieg für weitere sechzig Meter an, bis er die Spitze des Hügels erreichte.
Er befahl, die Flutlichter, die die Grube säumten, in den Tunnel hinabzulassen - und verlangte außerdem längere Stromkabel. Dann schickte er jemanden zu seinem Zelt, um sein Hemd, seinen Geigerzähler und Tauchflaschen zu holen, für den Fall nämlich, dass sie Letztere brauchen sollten. Es dauerte zehn Minuten, bis alles wie gewünscht an Ort und Stelle war. Al-Salibi hatte sich bequemere Kleidung angezogen
und stieg nun zusammen mit zweien seiner vertrauenswürdigsten Kämpfer zu Poli in den Tunnel hinab.
Jeder Quadratzentimeter der Wände und der Decke, wo sie nicht eingestürzt war, war mit zweitausend Jahre alten Schriftzeichen bedeckt, die die Entstehung Ägyptens schilderten und die Reisen Alexanders des Großen bis zu seinem Tod beschrieben. Die natürlichen Farben wirkten so frisch und leuchtend wie an dem Tag, an dem jene meisterlichen Künstler sie aufgetragen hatten. Einer der Kämpfer stupste seinen Gefährten an, um ihm zu zeigen, wie leicht er mit seinem Kampfmesser die Gesichter der Götter abkratzen konnte. Die Männer brachen über diese sinnlose Zerstörung in schallendes Gelächter aus.
Poli band die Tauchflaschen an das Seil und begann, den Tunnel hinaufzusteigen. Dabei hielt er eine der Halogenlampen hoch über den Kopf. Die deutlich kleineren Saudis, die ihm folgten, waren stellenweise gezwungen, sich schwimmend fortzubewegen, um bei ihm zu bleiben.
»Wir müssen jetzt handeln«, sagte Ibriham. »Sie werden den Alambic auf ein Boot laden, sobald sie ihn nach oben geschafft haben.«
»Wir haben ein eigenes Boot.«
»Tatsächlich? Hervorragend. Wie lange dauert es, um es herzuholen?«
Mercer rechnete in Gedanken nach, fügte ein Sicherheitspolster von einer halben Stunde hinzu und sah dann auf die Uhr. »Um zwei Uhr müsste es hier sein.«
»Es wäre möglich, dass wir es dringend brauchen«, erklärte Ibriham.
Mercer ließ seinen Blick zu Cali wandern. »Meinst du, das könntest du schaffen?«
Sie reagierte fast beleidigt. »Versuchst du schon wieder, mich zu beschützen?«
Genau das hatte Mercer im Sinn. Er wollte sie auf keinen Fall in der Nähe haben, wenn es zum Kampf käme. Bisher hatten sie großes Glück gehabt, aber dies hier übertraf alles, womit sie sich seit ihrer Begegnung in Afrika hatten herumschlagen müssen. Sie in ihren Reihen zu haben, wenn es mit Polis Männern zu einer Auseinandersetzung kommen sollte, würde das Kräfteverhältnis außerdem nicht spürbar verbessern, daher hätte es auch gar keinen Sinn, sie in Gefahr zu bringen. Dann fragte er sich, ob er sich wegen ihr oder letztlich nur wegen sich selbst in dieser Hinsicht den Kopf zerbrach. Er erinnerte sich daran, wie Tisa sterbend in seinen Armen gelegen hatte, während sie in einem Rettungshubschrauber von einem sinkenden Schiff aufgestiegen waren. Sie hatte nie von ihm gehört, dass er sie liebte. »Willst du wirklich hier sein, wenn unser Angriff fehlschlägt?«
»Willst du es?«
»Nein, aber ich empfinde in dieser Sache eine gewisse Verantwortung.«
»Und du meinst wohl, ich tue das nicht«, schoss Cali zurück.
»Cali, es geht jetzt nicht darum, dich zu beschützen. Ich habe jemanden verloren, für den ich unendlich viel empfunden habe. Ich kann das nicht noch
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