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Havoc

Havoc

Titel: Havoc Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ravensburger
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beängstigend nah.
    Konnte das Wesen in der Dunkelheit sehen? Hatte es bereits zu ihm aufgeholt? Lief er womöglich in eine Sackgasse, weil der Tunnel irgendwann endete?
    Entschlossen stieß Seth sich von der Mauer ab. Falls das Monster genauso blind war wie er, war er in der Mitte des breiten Tunnels sicherer. Kalter Schweiß rann ihm den Rücken hinunter und er zitterte am ganzen Körper, was möglicherweise am Blutverlust lag, vielleicht aber auch an seiner Angst. Am liebsten hätte er sich einfach hingekauert und sich in der absurden Hoffnung, das Wesen würde an ihm vorbeilaufen, zu einer Kugel zusammengerollt. Bilder von seinen schrecklichen Erlebnissen in der Oubliette stürmten auf ihn ein und er rechnete fast damit, dass sich jeden Moment der Boden unter seinen Füßen auftun und ihn verschlucken würde.
    Mit einem Mal stieß sein Fuß gegen ein Hindernis. Kies. Eisenträger. Das Gleisbett! Es konnte ihm als Orientierungshilfe dienen! Er trat über die Schiene und tastete nach einer Schwelle. Dadurch dass die Schwellen immer den gleichen Abstand zueinander hatten, konnte er wie auf einer waagrecht liegenden Leiter von einer zur anderen springen. Bald hatte er den Rhythmus raus. Er konnte zwar nichts sehen, hatte aber ein ganz gutes Gefühl dafür, wie lang seine Schritte sein mussten, und kam so viel schneller voran, als wenn er sich weiter an der Tunnelwand entlanggetastet hätte.
    Aus Angst, das Monster könnte direkt hinter ihm sein, wagte er es nicht zurückzuschauen.
    In der Ferne glomm plötzlich Licht auf.
    Elektrisches Licht! Aus irgendeinem Grun d – er konnte es selbst nicht glaube n – brannte dort hinten Licht!
    Seth lief schneller, sprang immer kühner von Schwelle zu Schwelle. Es wurde zunehmend heller und bald konnte er auch wieder die Umrisse der Gleise erkennen. Alle Vorsicht über Bord werfend, stürmte er, so schnell er konnte, auf das Licht zu und wäre einmal beinahe der Länge nach hingeknallt, als er über eine Schwelle stolperte. Aber die Panik vor der ekelhaften Kreatur hinter ihm und das rettende Licht vor ihm verliehen ihm ungeahnte Kräfte.
    Sein eigenes Keuchen hallte laut von den Tunnelwänden wider und die Wunde an seiner Schulter pochte schmerzhaft. Auf einmal machte der Tunnel eine Linksbiegung und im immer heller werdenden Licht tauchte plötzlich ein Bahnsteig vor ihm auf. Eine U-Bahn-Station! Er rannte im Gleisbett darauf zu und zog sich auf den Bahnsteig hinauf.
    So heruntergekommen, wie die Station aussah, war sie offensichtlich schon lange nicht mehr in Betrieb. Die Backsteine an den Wänden glänzten feucht und waren mit grünlichem Schimmel überzogen und mit Moos bewachsen. Die Neonröhren an der Decke flackerten und summten. Ein Gang führte aus der Station nach draußen, war jedoch mit einem Eisengitter versperrt. Seth stürmte trotzdem darauf zu und versuchte es zu öffnen, aber sosehr er auch daran rüttelte, es blieb fest verschlossen.
    Verzweifelt trat er ein paar Schritte zurück und sah sich hektisch um. Dabei bemerkte er eine hellere Stelle an der Ziegelwand neben dem Aufgang, wo vermutlich einmal ein Schild befestigt gewesen war. Es war längst abmontiert worden, aber irgendjemand hatte mit tropfendem Pinsel den Namen der U-Bahn-Station an die Wand geschmiert:

    Gristle Mill? Der Name sagte ihm überhaupt nichts. Allerdings hatte er mal gehört, dass es in London viele alte U-Bahn-Stationen gab, die geschlossen worden und schließlich in Vergessenheit geraten waren.
    Was jetzt? Er saß in der Falle. An beiden Enden des Bahnsteigs klafften schwarze Tunnelöffnungen und irgendwo da draußen im Dunkel lauerte dieses grauenhafte Wesen, für das er hier auf dem beleuchteten Bahnsteig wie auf dem Präsentierteller stand. Panisch sah er sich nach etwas um, was er als Waffe benutzen konnte, und bedauerte es, auf den Gleisen im Tunnel nicht wenigstens einen Stein vom Boden aufgehoben zu haben.
    Was ist das?
    Ein seltsames Geräusch ließ ihn aufhorchen. Aus der Tunnelöffnung, aus der er gekommen war, näherte sich ein rhythmisches Rumpeln, das immer lauter wurde. Erschöpft schleppte er sich zum Ende des Bahnsteigs und spähte in die Finsterni s – direkt in ein scheinwerferartiges Licht hinein, das sich in gleichmäßigem Tempo auf ihn zubewegte.
    Ein Zug! Aber wie war das möglich? Das Einzige, was in dieser Richtung lag, war das verlassene Bahndepot mit den stillgelegten Waggons, die das Gleis blockierten. Es gab keinen Ort, von dem dieser Zug losgefahren

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