Head over Heels - Band 1 (German Edition)
in die Küche kommt.
Er zuckt mit den Achseln. „Nur eine Verkäuferin, die zickig war, mehr nicht. Wie sieht´s im Büro aus?“, will er von mir wissen.
„Ganz gut“, ich halte mich kurz. Nun bin ich daheim und habe genug von Junior Benchy und seinen verwirrenden Blicken.
Doch Lisa reitet mich weiter hinein. „Heute hat William Bennet das Ruder übernommen. Unsere Rose arbeitet jetzt für Londons berüchtigsten Weiberhelden.“
„Weiberheld“, spotte ich und finde den Ausdruck wirklich übertrieben, als wäre er Hugh Hefner oder Flavio Briatore, doch Frank klopft sich auf die Schenkel und bricht in unbändiges Lachen aus.
„William Bennet ist an der Macht! Habt ihr schon verdunkelte Scheiben und Tabledancestangen in euren Büros? Dann hat er seinen Alten also endlich ins Grab gebracht?“
„Ins Grab nicht, nur in den Ruhestand. Bis Freitag sind beide noch da, was sicher noch in einer handfesten Schlägerei enden wird. Dann kehrt hoffentlich wieder Ruhe ein.“ Scheiße, denke ich, wozu habe ich diese Verschwiegenheitskacke unterschrieben, wenn ich jetzt alles ausplaudere? Doch Frank ist Anwalt, er weiß, was Sache ist, und verkauft den Artikel sicher nicht an die nächstbeste Zeitung.
„Du erinnerst dich an George Phillips?“, sagt er zu mir, als wir alle sitzen. Auch Susi ist wieder da und nimmt auf ihrem rosa Thron Platz, den ihr ihre Tante höchstpersönlich geschenkt hat.
„George Phillips“, denke ich laut nach. „Mir sagt der Name etwas, doch ich weiß nicht, wer das ist.“
„Ein Kollege von mir. Er ist so alt wie ich und Bennet und ging mit uns zur Schule. Doch im Gegensatz zu mir hat er noch regen Kontakt mit William. Letztens traf ich ihn und er erzählte mir ein paar witzige Anekdoten“, erklärt er kopfschüttelnd.
Lisa wird sichtlich nervös. Es ist ihr nicht zu verdenken. William Bennet und seine Eskapaden haben nichts an diesem Tisch verloren – da stimme ich ihr zu.
„Jedenfalls soll er in seinem Haus in der Hill Street regelmäßig Besuch empfangen. Er holt die Damen ab, bringt sie zu sich nach Hause und nach ein paar Stunden gehen sie wieder. Genügend Geld für die nächsten Wochen in der Tasche und andere ‚Behältnisse’ gehen auch nicht leer aus. Wenn du verstehst, was ich meine.“
Lisa legt die Gabel zur Seite und funkelt Frank böse an. Oh Mann, ich möchte wirklich nicht in seiner Haut stecken. „Frank“, beginnt sie dann, „du siehst doch, dass Susi am Tisch sitzt. Ich will wirklich nichts von diesem Bennet oder George hören. Bennet kenne ich nicht, aber George – und du weißt, wie ich über diesen Widerling denke. Also wärst du so freundlich und hältst die Klappe?“
Frank nickt betreten und schweigt. Ich sehe ihn mitleidig an und nehme mir vor, zu einem späteren, kinderfreien Zeitpunkt noch einmal nachzuhaken. Dann scheint Junior Benchy doch nicht so unantastbar zu sein, wie ich geglaubt habe.
Eine Stunde spä ter liege ich in meinem Bett und starre in die Glotze. Ich zappe von Sender zu Sender, doch überall die gleiche Kacke. Hier kämpft jemand um sein Überleben, dort versucht ein anderer, mit seinem ach so tollen Talent berühmt zu werden. Ich frage mich ernsthaft, was ich kann. Eine kindische Überlegung, doch was kann ich wirklich gut?
Seit Jahren besteht mein einziger Lebensinhalt darin zu arbeiten. Ich mache nie Urlaub und wenn, dann fahre ich zu meinen Eltern nach St. Agnes, wo der Bär ähnlich toll steppt wie in der Sahara. Ab und an begegnet man ein paar Surfern, die einen eine Weile auf Trab halten. Ansonsten ist dort nicht viel los. Ich liebe die Gegend. Sie hat eine unheimlich beruhigende Wirkung auf mich. Die einzigartigen Buchten, das tiefblaue Wasser, die alten Ruinen der Zinnfabriken, die Hügel, die sich scheinbar endlos dahinziehen. Schon der Gedanke daran beruhigt mich ungemein.
Ich starre auf meinen Wecker – halb neun. Vielleicht sollte ich meine Mutter anrufen. Da Montag ist, müsste sie zu Hause sein, und da März ist, wird in der Pension, die meine Eltern betreiben, auch nicht viel los sein. Ich müsste sie erreichen.
Eine Sekunde später höre ich das Freizeichen, nach zwei weiteren Sekunden hebt sie ab. „Rose, ist alles in Ordnung?“
Ich verdrehe die Augen, muss aber lächeln, da sie immer das Schlimmste befürchtet. „Ich wollte mich nur kurz melden. Wie geht es euch?“
„Gut. Papa ist nicht zu Hause, er musste zu einem Notfall und Oma schläft schon. Heute war es hier ruhig. Wir haben nur drei
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