Head over Heels - Band 1 (German Edition)
kann keine Hülle lieben, die mich so behandelt – mich formt, verbiegt, mit netten Worten berieselt.
Dieser Mann ist ein Profi, von Anfang an hat er mir das gezeigt. Er weiß genau, was er sagt, und vor allem, wann. Keine Geste ohne Hintergedanken, kein Wort ohne Zweideutigkeit, keine Berührung, ohne damit etwas zu bezwecken. Ich erschaudere und mir wird plötzlich übel.
Der nächste Gedanke gilt der Flucht – ich muss hier weg.
Ich muss ihn mit dieser Frau zurücklassen, in dem Wissen, dass er das Spiel vollenden wird, ohne mir eine einzige Träne nachzuweinen. Ich kann nicht Zeugin eines Aktes werden, der mich auf ewig traumatisiert. Ich kann nicht etwas so Abscheuliches, Widerwärtiges – auch wenn des der Inhalt, der Sinn seines Lebens ist – mit eigenen Augen verfolgen. Ein Gedanke schießt mir noch durch den Kopf: Wie oft ist er, während wir bereits zusammen waren, nicht als Paar, sondern als das, was wir eben sind, hier gewesen? Wie oft hat er mich hintergangen?
Zitternd ziehe ich mein Kleid nach oben, schiebe seine Hand angewidert zur Seite und stehe so schnell auf, dass sich alles um mich herum dreht. Halt suchend, umklammere ich den Fußteil des schwarzen Bettes und torkle zur Tür. William sieht mich erschrocken an, nimmt seine Hand von Violas Scham und sagt etwas, doch ich verstehe kein Wort. Wie im Nebel taste ich mich zur Tür, entsinne mich, dass ich sie aufschieben muss, und betrete den Gang. Ich hole tief Luft, um nicht umzufallen. Eine Frau geht am Arm eines Mannes vorbei. Sie beachten mich überhaupt nicht und entschwinden durch die nächste Schiebetür.
Die Übelkeit wird unerträglich.
Die nächste Hürde, die schwere Holztür, drücke ich mit der mir verbliebenen Kraft auf und stehe nun inmitten von Hunderten Worten, von Gelächter und dem Gestank von Alkohol. Meine Augen gleiten durch die Menschenmenge. Ich suche nach jemandem – Claudine, auch wenn ich sie kaum kenne und nicht weiß, ob sie mir helfen kann. Ich finde sie nicht, stattdessen spüre ich die Tränen, die mir über die Wangen laufen und mich nun endgültig bloßstellen.
Dann spüre ich Finger, die mein Handgelenk umschließen. Tut es wirklich weh oder fühlt sich der Schmerz nur stärker an als sonst? William baut sich vor mir auf, ich habe jedoch keine Kraft mehr, um zu entscheiden, ob er besorgt oder verärgert ist.
„Lass mich los“, fahre ich ihn an, auch wenn ich weiß, dass meine Worte in all dem Lärm untergehen.
Der Ekel vor ihm, vor seinen Fingern, die förmlich nach Betrug und Viola stinken, nimmt überhand. Er lässt mich nicht los, sondern schiebt mich in Richtung Ausgang und verzieht dabei keine Miene. Die Luft in diesem spärlich beleuchteten Raum ist besser, aber ich fühle mich noch genauso unwohl wie zuvor. Der Mann, der uns nach unten begleitet hat, kommt auf uns zu und richtet eine Frage an mich. Doch so sehr ich mich auch bemühe, ich verstehe unsere Sprache nicht mehr. Ich schüttle heftig den Kopf, eine Abwehrreaktion auf all das, was mir in diesem Haus widerfahren ist. Dann verschwindet er – vermutlich hat William ihn weggeschickt.
Im nächsten Moment werde ich gegen die kalte Wand gedrückt, Williams Augen durchbohren mich gleichsam.
„… los?“
Ich schüttle den Kopf und blicke zur Seite. Ich will doch nur weg.
„Rose?“
Mit aller Kraft versuche ich, ihm meine Hand zu entziehen. Keine Ahnung, ob ich dabei schreie, jedenfalls möchte ich es gerne tun. Irgendwer muss mir doch helfen.
„Rede mit mir!“ Endlich vernehme ich wieder vollständige Sätze, doch ich bin längst noch nicht in der Lage, mit einer Antwort aufzuwarten. „Rose, was ist los mit dir?“
„Kann nicht. Lass mich“, presse ich mit letzter Anstrengung hervor.
Die Sache geht in die falsche Richtung, da er an meine Wange fasst und sie behutsam streichelt.
Ich drehe den Kopf ruckartig weg und funkle ihn böse an. „Fass mich nicht an. Ich möchte nie wieder von dir berührt werden, du krankes, hinterfotziges Arschloch.“
Nun ist er eindeutig bestürzt, mit einer derartigen Reaktion scheint er nicht gerechnet zu haben. „Was habe ich getan? Ich sagte doch, du musst nichts machen, was du nicht willst. Du hättest jederzeit abbrechen können.“
„Es wird doch nie anders sein. Scheiß egal, ob ich etwas sage oder nicht. Oder glaubst du, etwas bricht schlagartig über dich herein und du hast nicht mehr das Bedürfnis, Schlampen wie diese Viola zu vögeln?“ Atmen und gegen die Übelkeit ankämpfen, mein
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