Head over Heels - Gaby Band 1 (German Edition)

kann ich meine Gefühle besser beschreiben. Ich weiß, dass ich stark bin, aber dass ich nicht die Schuld der ganzen Welt auf meine Schultern laden muss.
    „Gaby, wie dem a uch sei. Du musst ihr beistehen und sie in dieser schweren Zeit nicht noch zusätzlich belasten.“
    „Ich belaste sie doch gar nicht. Ich wollte ihr nur mitteilen, dass ich eine Veränderung anstrebe. Warum gerät ihr deshalb alle aus dem Häuschen?“
    „Wir machen uns einfach Sorgen um dich.“ Ilka nimmt sich bereits das zweite Stück Kuchen. Wer von uns braucht Zucker, um seine Nerven zu beruhigen? „Du bist eben nicht wie alle anderen.“
    Spinnt die? Nicht wie alle anderen? „Ich wusste gar nicht, dass ich ein Alien bin. Nur weil mein Vater ein sadistisches Arschloch ist, muss mich das nicht zu einem seelischen Krüppel machen.“
    Bevor Ilka sich das letzte Stück Kuchen einverleiben kann, rette ich es auf meinen Teller, wo ich mit der Gabel Muster in den Schokoguss zeichne. „Egal, was du sagst oder meine Mutter. Oder William. Ich wette übrigens, dass er mich bereits mehrmals angerufen hat. Auch wenn ihr alle dagegen seid, ich werde meinen Weg gehen. Und ich werde an diesem Casting teilnehmen. Ich möchte mich mit anderen messen und sehen, was ich ohne die Hilfe meiner Eltern schaffen kann.“
    Ilka, unbeeindruckt von der Inbrunst meiner Worte, kratzt sich am Ohr und zieht eine Schnute. „Dann viel Spaß, Soapie.“
    „Das war das letzte Kuchendinner, das wir hatten, mein e Freundin.“ Damit landet der nächste Bissen in meinem Mund.
    „Ich fürchte nicht“, gesteht Ilka kleinlau t.
    Augenblicklich erstarre ich und umklammere den Tellerrand so krampfhaft , dass ich fürchte, er könnte in tausend Stücke zerbersten. „Moment mal. Da ist doch etwas am Stinken. Dein Verhalten, deine bissige Art …“
    Als müsste sie sich wappnen, saugt sie die Luft ein und legt den Kopf leicht schief. Wie verletzlich sie wirkt! Ich möchte wissen, was meine stets optimistische Freundin derart ins Wanken bringt.
    „Du erinnerst dich doch an Parker?“
    Wie könnte ich den vergessen? Ich nicke und dränge sie mit einer ungeduldigen Handbewegung weiterzusprechen.
    Ein zögerndes Lächeln breitet sich a uf ihrem Gesicht aus. „Vor ein paar Tagen hat er mich angerufen und gefragt, ob wir zusammen einen Kaffee trinken wollen. Ich habe zugestimmt. Er ist einfach wunderbar.“ Sie strahlt bis unter den Haaransatz.
    „Er ist der beste Freund deines Bruders“, melde ich Bedenken an, da ich ernsthafte Zweifel hege, ob Daniil dieses Techtelmechtel billigen wird.
    Ilka stutzt kurz und setzt mich dann weiter ins Bild. „Schon seitdem ich ein Teenie war, hat er mir gefallen. Ich streite nicht ab, dass er nicht in mein übliches Beuteschema passt. Doch, Gaby, er ist … ich kann es nicht beschreiben.“
    „Was will er von dir?“ Meine Güte, ich klinge wie meine Mutter. Warum gönne ich ihr die Freude nicht? Ilka kann nichts dafür, dass ich mit dem falschen Mann ins Bett springe und ein ziemlich gespanntes Verhältnis zu meiner Familie habe.
    Als würde sie zur weiteren Erklärung freie Hände benötigen, stellt sie den Teller ab. „Ich habe keinen blassen Schimmer. Ich dachte eigentlich, dass er Daniils nervige kleine Schwester in mir sieht. Offenbar habe ich mich geirrt.“
    „Habt ihr …? “ Himmel, geht es noch dämlicher? Bin ich mittlerweile außerstande, bestimmte Worte in den Mund zu nehmen? Warum eigentlich? Hat es damit zu tun, dass Ilka normalerweise eher zurückhaltend ist und auf einmal eine selbstsichere Frau vor mir sitzt? Hat sie all die Eigenschaften aufgesaugt, welche ich in den letzten Tagen verloren habe?
    So wie meine Jungfräulichke it an Jason Woughn, der auf der Couch im Haus seiner Eltern über mich hergefallen ist. Na ja, hergefallen – ich habe nicht viel unternommen, um ihn zurückzuweisen. Bereitwillig habe ich meine Beine breit gemacht. Ob es mir gefallen hat, sei dahingestellt. Jason behauptete zwar, dass er selbst schon mit einem Mädchen geschlafen hätte. Die Betonung liegt auf hätte. In seinen feuchten Träumen, beim Umschalten auf den Pornokanal oder beim Durchblättern des Playboys werden einige Damen aufgetaucht sein, die er dann zu seinen Errungenschaften gezählt hat. Ich bin jedoch der festen Überzeugung, dass ich die Erste in seinem Leben war. Dementsprechend kurz fiel das Scharmützel aus. Um genau zu sein, bin ich mir nicht einmal sicher, ob da tatsächlich etwas „gesteckt“ ist. Grauenvoll, dass