Heartbreaker - Chartbreaker
»und haben mich gefragt: ›Warst das wirklich du in dem Video?‹ Lauter Mädchen, die vorher kein einziges Wort mit mir geredet haben, und dann so was!«
»Willkommen in meiner Welt«, meinte ich achselzuckend.
»Eine wollte sich mir gleich auf den Schoß setzen!«
»Hör mal zu, ich muss dir was Wichtiges sagen.«
»Und alle ihre Freundinnen kicherten dazu dieses blöde Girlie-Kichern.«
»Evan hat mich gestern angerufen.«
James sah mich an, als hätte ich einen Pistolenschuss auf ihn abgefeuert. »Evan? Der Evan? Ex-Freund-Evan?« Ich glaube, er fühlte sich so ähnlich wie ich mich an dem Tag, an dem sich Sharon Eggleston vor dem Schließfach an ihn rangeschmissen hatte.
»Ja. Der Evan.« Ich holte tief Luft. »MTV hat da am Wochenende ein großes Ding in New York, und sie wollen, dass ich auch hinkomme. Dass ich live im Studio ein Interview mit ihm zusammen gebe.«
James stöhnte auf und schaute aus dem Fenster. »Du hast ihm hoffentlich gesagt, dass er sich verpissen soll.« Als ich darauf nichts antwortete, sah James mich an. Und es fühlte sich so an wie der Augenblick, kurz bevor eine hohe Welle im Ozean bricht, die Art von Stille, die ankündigt, dass gleich ein Höllenlärm lostosen wird.
»Ich hab ihm gesagt, dass ich komme und das Interview gebe«, antwortete ich schließlich.
Ich hatte gedacht, dass James knallrot anlaufen und losbrüllen würde, aber das Gegenteil war der Fall. Alles Blut wich ihm aus dem Gesicht. »Du gehst da hin?«
»Ja. Mom und ich fliegen am Freitagvormittag.«
»Du triffst dich mit dem Typen, der gerade ein Video herausgebracht hat, das uns beiden eine reinwürgt?«
»Ich tu das nicht, weil ich mich mit ihm treffen will. Ich tu das, damit das alles endlich aufhört! Und das Video ist wahrscheinlich auf dem Mist des Regisseurs gewachsen und war nicht unbedingt Evans Idee. Aber das nur nebenbei.«
»Jetzt verteidigst du ihn auch noch«, erwiderte James. »Und glaubst du wirklich, dass ein Auftritt bei MTV dem ganzen Hype um dich ein Ende macht?« Er lachte kurz und bitter auf. »Das geht doch dann erst richtig los. Hervorragender Plan!«
»Ja, ich finde das wirklich einen hervorragenden Plan!«, sagte ich. »Wenn die Leute sehen, dass Evan und ich normal miteinander reden und nicht versuchen, uns gegenseitig die Augen auszustechen, dann kapieren sie vielleicht endlich was! Vielleicht glauben sie danach nicht mehr, dass ich ein fieses, mieses Flittchen bin, das seinen Freund herzlos behandelt und gleich mit dem nächstbesten anderen, nämlich dir , davonfährt.«
»Du hast sie ja nicht mehr alle«, murmelte James. »Das wird dich in die Stratosphäre katapultieren. Gar nichts wird vorbei sein. Hör auf, dir was vorzulügen!«
»James, ich tu das für uns! Kapier das doch!«
Er drehte sich zur Seite und sah mich an. »Nein, du tust das nur für dich. Aber wenn es dir hilft, nachts besser zu schlafen, bitte. Mach ruhig!«
»Ach ja! Und wenn ich es für mich tue?«, gab ich zurück. »Ist das so schlimm? Ist es so schlimm, dass endlich ich darüber bestimmen will, was mit meinem Leben geschieht?«
Aber James begriff es nicht. »Weißt du, wie lang ich gewartet habe, bis wir das erste Mal miteinander ausgegangen sind? Oder bis ich mich überhaupt nur getraut habe, mit dir zu reden? Monate, Audrey! Monate. Und jetzt taucht dieses Arschloch wieder in deinem Leben auf und du schmeißt dich ihm in die Arme, als wäre nichts geschehen. Als hätte er dir nicht das alles angetan! Und ich stehe wie der totale Idiot im ScooperDooper hinter der Theke, alles wie vorher, nur dass mich jetzt alle kennen und wissen, wer ich bin. Nämlich der Dämlack, der von dir sitzen gelassen wurde.«
Ich raste vor Wut. »Wie bitte? Hab ich irgendwas davon gesagt, dass ich mit dir Schluss machen will? Es handelt sich nur um ein Interview!«
»Ja! Um ein Interview zusammen mit deinem Ex-Freund!«
»Kleiner Hinweis! Du bist nicht mein Boss! Du kannst mir nicht vorschreiben, was ich zu tun habe!«
»Ja! Nein! Scheiße!«
Es war fürchterlich. Es war hundertmal schlimmer als unser Streit wegen Sharon Eggleston. Wir brüllten beide so laut, dass die Leute, die zufällig am Auto vorbeikamen, nachguckten, was bei uns los war. »In Ordnung! Schluss jetzt!«, rief ich schließlich und versuchte, tief Luft zu holen. »Die Leute starren uns schon an.«
»Die Leute starren uns immer an«, brummte er.
Ich seufzte. »Wenn das in die Presse kommt, sterbe ich.«
James griff nach seiner Tasche.
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