Heartbreaker - Chartbreaker
größte, bulligste Security-Typ, den ich je gesehen hatte. Der Typ Kerl, der so riesig ist, dass er von seinen Freunden im Fitnessclub »Winzling« genannt wird, ihr wisst schon. Er gehörte offenbar zum festen Sicherheitspersonal des Clubs und war nicht einer von diesen Aushilfstypen in ihren gelben Jacken, die niemandem das Leben retten können, wenn in der Menge mal Panik ausbricht. Er stand neben der Treppe, die zum VIP-Bereich hochführte, dem vermutlich einzigen Ort hier, der nicht mit Menschen vollgestopft war. Noch nicht.
»Bist du Audrey?«, fragte er noch mal.
»Äh, ja?«, antwortete ich, als könnte ich auf die Frage auch die falsche Antwort geben. Bitte zerquetsch mich jetzt nicht wie eine Kakerlake , fügte ich innerlich hinzu.
Winzling deutete mit seinem Sprechfunkgerät nach oben. »Die vom Management haben mir gerade mitgeteilt, dass du hier warten sollst.«
Victoria neben mir gab ein komisches Geräusch von sich, und ich spürte, wie das Adrenalin und der Zucker durch meine Adern rasten. »Und … warum?«, fragte ich.
»Die haben nur gesagt, dass du hier warten sollst«, meinte er achselzuckend.
Ich kapierte es immer noch nicht, was nur zeigt, wie dämlich ich manchmal sein kann. »Ähm, werden wir jetzt rausgeschmissen?«
Meine Frage entlockte Winzling ein kleines Lächeln. Vermutlich war so jemand wie ich mal eine nette Abwechslung zwischen all den betrunkenen Typen, mit denen er es sonst zu tun hatte. Oder er hielt mich für eine komplette Idiotin. »Nein, du wirst nicht rausgeschmissen. Sie wollen, dass du zu ihnen raufkommst.« Und wieder zeigte er mit seinem Sprechfunkgerät die Treppe hoch.
Victoria packte mich am Arm. »Da oben!«, wiederholte sie. »Im VIP-Bereich! Sie müssen dich gesehen haben, als du
gekommen bist. Die Security-Leute an der Tür müssen es weitergegeben haben!« Sie war nahe dran, wie ein Stern zu implodieren, das spürte ich. Sogar Jonah schien mächtig beeindruckt zu sein. Bestimmt sah er schon eine Bar mit echten Drinks vor sich und Barmännern, die keinen Ausweis sehen wollten.
»Aber warum wollen die denn, dass ich nach oben komme?«, fragte ich Victoria flüsternd. Dem Blick von Winzling wich ich aus.
»Weil du Audrey bist!«, antwortete sie flüsternd. »Du bist die Audrey von ›Audrey, wait!‹. Du bist berühmt!«
Ich starrte sie an. »Glaubst du, wir können dann auch backstage gehen?«
Victoria kreischte und hüpfte umher und wir nahmen uns an den Händen und kreischten zusammen.
»Ach, die Audrey bist du?«, fragte Winzling. »Das ist ja cool. Meine kleine Schwester mag das Lied total. Sie hat sich in den Sänger der Band verknallt.«
»Das ist ihr Ex-Freund!«, verkündete Victoria. »Evan!«
»Na, wie auch immer. Jedenfalls ein cooler Song.«
Ich beschloss, die Zen-Haltung, die Winzling gegenüber allen Dingen an den Tag legte, sympathisch zu finden. Als dann ein Mann im Anzug die Treppe heruntergestürmt kam und sich als Eric, der Veranstalter des Konzerts, vorstellte, begriff ich, dass das alles kein Traum war. Meine Hände zitterten ein wenig. Ich wusste nicht, warum, aber ich blickte hilfesuchend zu Winzling.
Und was für ein Glück, der Hüne verstand mich. »Hey, Mädchen«, sagte er leise zu mir, als er die Kordel hochhob, damit wir Eric die Treppe hoch in den VIP-Bereich folgen konnten. »Pass auf dich auf! Und viel Spaß!«
»Keine Sorge, mein Freund«, sagte ich und lächelte ihn an.
Wenigstens hatte ich also meine Privatsphäre nicht umsonst geopfert. Ich saß heute Abend nicht im Schlafanzug zu Hause, guckte endlos hintereinander »Laguna Beach«-Folgen an und
fragte mich zum tausendsten Mal, warum ich dieser Schlange Isabella nicht gleich gesagt hatte, sie solle sich zum Teufel scheren. Ich war hier. Ich sah umwerfend aus. Niemand hatte so tolle Stiefel an wie ich. Ich hatte meine beste Freundin rechts neben mir und den Jungen, der die große Liebe ihres Lebens war, links neben mir, und als Eric mit den »All access«-Aufklebern zurückkam, klebte ich mir meinen an der Hüfte auf meinen Minirock, grinste Victoria an und dachte: Let’s dance .
10
Amazed to stumble where gods get lost...
Patti Smith, »Beneath the Southern Cross«
Egal, was alles in den Zeitschriften darüber geschrieben wird oder was in Filmen oder im Fernsehen darüber zu sehen ist, man bekommt dadurch nicht den Hauch einer Ahnung, wie es sich wirklich anfühlt, im VIP-Bereich zu sein.
Es ging dort so ruhig zu, dass ich es zuerst gar nicht
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