Heavy Metal (German Edition)
Kollegen, bevor er sein Büro erreichte. Darin saß Manni am Besuchertisch und schlug gerade die Zähne in ein sehr großzügig belegtes Sandwich, aus dem Mayonaise auf den „Express“ tropfte, der vor ihm lag.
„Typisch, kaum kommt man ein bisschen später und schon ist hier ein gemütlicher Brunch mit Zeitunglesen angesagt.“
Manni hob die Hand, und deutete auf seinen übervollen Mund.
„Du musst dich doch nicht rechtfertigen, Kollege. Ist sowieso gut, dass du gerade den Mund voll hast. Ich machs kurz: Gerade eben war ich spontan Hans Gerle in der JVA besuchen. Nicht wegen dem Video und seinem Geständnis, dass erledigen wir beide wie besprochen hübsch am Nachmittag nach Voranmeldung. Nein, ich habe ihn auf Serrig und Anna angesprochen, einfach so“.
Manni hatte den Riesenbissen viel zu schnell hinunter gewürgt, so dass er ein schmerzverzerrtes Gesicht zog und sich auf die Brust klopfte. Nachdem der Klumpen offensichtlich die Speiseröhre passiert hatte, hielt er im Klopfen inne. Sein Gesichtsausdruck veränderte sich indes nur wenig.
„Was hast du? Sag mal, gehts noch? Du bist ja … besessen bist du ja langsam! Warum hast du mir denn nicht Bescheid ...“
„Kamphaus unterbrach ihn grinsend. „Genau deswegen, Manni, genau deswegen! Und jetzt wisch dir erst mal die Majo aus dem Gesicht und hör zu: Hans kannte Serrig. Klar, das wird dich nicht umhauen. Allerdings war die Kleine ihm auch nicht unbekannt.“
Kamphaus berichtete in allen Einzelheiten von seinem Besuch in der Justizvollzugsanstalt, während sich sein Kollege dabei wie in Zeitlupe mit einer Serviette die Mundwinkel abtupfte. Mit „Kann sein, dass ich nicht mehr alle auf der Reihe habe, was diesen Fall angeht, aber du musst zugeben, dass die Sache doch nochmal interessant geworden ist“ schloss er seine Erzählung.
„Du kannst machen was du willst, bist ja erwachsen“. Manni lies von seinem Sandwich ab und drehte sich in Kamphaus Richtung. „Was mich angeht – OK. Ich bin wieder dabei. Ein, zwei Tage. Jetzt, wo sich die Wege kreuzen, kann ich das als fleißiges Arbeitsbienchen auch wieder mit meinem Gewissen vereinbaren.“
Er lächelte.
24. Kapitel
Nach einer Viertelstunde hatten die beiden sich auf einen Fahrplan für den Tag geeinigt. Ein kurzer Anruf im Marienhospital brachte kein Ergebnis. Gernold Serrigs Hirn lag nach wie vor im Dunkeln, sein Zustand aber war weiterhin stabil und er atmete nach wie vor selbstständig. Zuerst hatten sich die beiden Polizisten vorgenommen, Annas Eltern einen weiteren Besuch abzustatten. Manni, der ihr Kommen telefonisch ankündigte, erfuhr dabei, dass die Beerdigung des Mädchens am Vortag stattgefunden hatte.
Auch wenn es ihm nicht unbedingt schmeckte, die Familie so kurz nach der Beisetzung wieder in ihrer Trauer zu stören, so musste doch einfach irgendetwas in Bezug auf Hans bei den Wenischs herauszufinden sein! Da war sich Kamphaus, angestachelt durch das kleine Erfolgserlebnis vom frühen Morgen, sicher. Er wollte Manni gerade zum Aufbruch mahnen, als ihn ein Gedankenblitz durchzuckte. Schnell warf er sich auf seinen Schreibtischstuhl und schaltete den soeben heruntergefahrenen Computer wieder ein.
„Was ist denn jetzt noch, wollen wir nicht mal los? Ich hab doch schon angerufen!“ Kamphaus antwortete etwas Unverständliches. Sein Kopf war für Manni unsichtbar hinter dem Flachbildschirm seines PCs verschwunden. Von dort war nur emsiges Tippen und Klicken zu vernehmen. Nach einer kurzen Weile unterbrach Kamphaus die Stille fast euphorisch frohlockend:
„Na klar! Natürlich! Meine Herren, sind wir bescheuert!“
„Bernd? Erstens: Wieso wir? Und Zweitens: Was machst du da?“
„Wikipedia. Kann mir bitte mal jemand erklären, warum da niemand drauf gekommen ist? Inklusive mir selbst? Ich darf zitieren?“
Er lies die Antwort auf seine Frage offen und begann, von seinem Bildschirm abzulesen.
„Dying Sad ist eine 2003 gegründete Rockband aus Malmö/Schweden. Ihr Stil ist dem sogenannten Rechtsrock zuzuordnen. Seit ihrem ersten Album mit dem Titel »Thor's Hammer« wurde die Band in den schwedischen Medien kontrovers diskutiert.“
Kamphaus las eine Weile leise weiter, bevor er fortsetzte.
„Hier steht es: Ihre Texte behandeln zumeist Themen der Skinheadkultur, des Rechtsextremismus und rufen zum Widerstand auf. Die Band gestaltet ihr äußeres Erscheinungsbild genre-untypisch eher nach dem Vorbild von Heavy-Metal-Bands der 1970er und 1980er Jahre“.
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