Heidenmauer
zuvor haben wir noch einige Fragen. Erinnern Sie sich nicht?«
»Nein, daran erinnere ich mich wirklich nicht. Ich möchte mich außerdem gar nicht daran erinnern.«
»Das verstehe ich, und es ist mir nicht angenehm, Ihnen diese Fragen hier stellen zu müssen. Alles, was wir von Badagli-Smerof wissen, lässt es uns sonderbar erscheinen, wie ausgerechnet er es geschafft hat, in einen Kreis von Menschen zu kommen, mit denen Sie geschäftliche Verbindungen unterhalten. Wie wir inzwischen wissen, ist er nicht vermögend, hat keine Unterstützung durch seine Familie und ging keiner geregelten Beschäftigung nach. Er hauste in einer kleinen Mietwohnung in Winterthur. Haben Sie eine Vorstellung davon, wie er überhaupt in Ihre Nähe kommen konnte?«
Sie sah Schielin eindringlich an. Es war zu sehen, dass ihre Gedanken in Aufruhr waren, denn diese Frage hatte sie sich bisher noch nicht gestellt oder nicht zu stellen getraut. »Ich weiß es nicht«, sagte sie.
Schielin sah zu Hildegard Borgghes und fragte: »Haben Sie eine Erklärung dafür?«
Sie holte tief Luft. »Nun ja. Solche Leute finden immer Mittel und Wege, zu ihrem Ziel zu gelangen.«
Lydia Naber richtete sich an Thomas Borgghes. »Und Sie?«
Er stöhnte. »Pohh. Dieser Badagli-Smerof war schon ein dreister Kerl, zudem sehr eloquent. Fest steht, dass es ihm irgendwie gelungen ist, den Kontakt herzustellen. Es ist aber Gott sei Dank so, dass wir in der Regel nicht mit solchen Leuten zu schaffen haben. Und es war auch richtig von uns, sofort die Polizei einzuschalten.«
Lydia Naber stimmte zu. »Das war sehr richtig und darüber hinaus auch sehr mutig von Ihnen. Nicht viele hätten so reagiert.«
Eine Pause trat ein.
Schielin brach die Stille. »Wenngleich er ja nichts erreicht hat, dieser Badagli-Smerof.«
Hildegard Borgghes brauste auf. »Ich bitte Sie! Es war schlimm genug, was …«
Schielin hob die Hand und unterbrach sie. Sie sollte keine Sicherheit mehr gewinnen.
»Also Ihre Tochter macht einen sehr gefestigten Eindruck auf uns. Sie führt weiterhin die Firmengeschäfte, vielleicht sogar noch engagierter als bisher, und sie scheint an dieser Unterhaltung immer mehr Interesse zu finden, wenn ich es richtig einschätze.«
Schielin holte den Zeitungsausschnitt hervor und hielt ihn hoch. »Dieser Zeitungsausschnitt lag im Notizbuch von Günther Bamm.« Er las die Anzeige des St. Gallener Auktionshauses vor, dann drehte er das Stück Papier um und las laut: »Maximilian Schreiber, David Kruhl, Sebastian Zinn, Thomas Borgghes, Heinrich von Klitzenberg, Peter Schmeidmann, Ernest Badagli-Smerof, Robert Freinberg …« Er sah Thomas Borgghes an. »Sie kannten sich, nicht war. Sie waren schließlich zusammen im Internat, sieben Jahre lang, haben zusammen Sport betrieben – Kricket. Genau der richtige Sport für jemanden, der lernen will, zuzuschlagen, oder. Und so, wie es sich auf diesem Bild hier darstellt, waren Sie richtige Kumpels, Freunde. Ich will gar nicht von Ihnen wissen, wie sich das erklären könnte. Ich will von Ihnen wissen, wo Sie am Sonntag zwischen zweiundzwanzig und zwei Uhr früh waren?«
Christiane Borgghes ließ einen jammernden Laut hören. Sie saß zusammengesunken auf dem Stuhl und biss auf den rechten Zeigefinger. Lydia Naber behielt alle anderen im Blick, während Schielin sich ausschließlich auf Thomas Borgghes konzentrierte. Der saß bleich und bewegungslos auf seinem Stuhl.
Lydia Naber holte ein Diktiergerät aus der Tasche während sie sprach. »Wir haben auf den Bonbonpapierchen sowohl Fingerabdrücke und DNS sichern können. Sie sind an diesem Mittwochabend zu spät gekommen, bei Ihrer Nachsuche. Ich denke, wir werden eine Übereinstimmung feststellen. Draußen stehen unsere Leute, die das Haus hier durchsuchen werden. Sie könnten nach allem, was passiert ist, Ihrer Mutter und Ihrer Schwester das alles ersparen, wenn Sie uns die Tatwaffe aushändigen und ein Geständnis ablegen.«
»Wir gehen davon aus, dass Günther Bamm, als er hier im Hause war, um sich mit Ihrer Mutter zu treffen, etwas erfahren hat, was ihn veranlasste, der Sache nachzugehen. Vielleicht hat er ein Telefonat belauscht oder eine Notiz gelesen, die versehentlich herumlag … wissen Sie, wie es passieren konnte, dass er Ihnen auf die Schliche gekommen ist, Herr Borgghes?«
Doktor Schiffner stand auf und ging auf den Tisch zu. »Herr Borgghes wird sich derzeit nicht zur Sache äußern, meine Herren.«
»Damen und Herren«, giftete Lydia Naber und
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