Heidi Klum - Chamäleongesicht. Biographie (German Edition)

versorgt zu Hause in Bergisch-Gladbach nach der Show drei weitere Kinder und hat gleichzeitig beruflich mehr denn je zu tun. Dass ihr Vater in dieser Zeit einen Schlaganfall erleidet, ist kein Zufall, eher Ausdruck dafür, dass die Heidi Klum GmbH durch Arbeitsüberlastung auseinander zu fallen droht. Eine Erkrankung kann sich Heidi in der Situation auch nicht leisten. Es ist schon erstaunlich und anerkennenswert, dass es ihr in dieser Situation weiterhin gelingt, ihre Pflichten anstandslos zu erfüllen. Ihr Gesicht wirkt etwas härter, erste Falten haben sich eingegraben. An ihrer Disziplin hat sich nichts geändert, doch das fröhliche, ansteckende Lachen ist seltener geworden. In der Sendung zeigt sie immer häufiger Härte. Heidi wirkt in manchen Einstellungen unbeweglich, tritt fordernd auf, wirkt in emotionalen Momenten gefühllos. Die etwas unbedarfte Blondine spielt sie schon längst nicht mehr. Sie ist der Profi, der alles gesehen hat. Mit ihrer Persönlichkeit drückt sie auch den Rest der Jury mittlerweile längst an die Wand. Sie weiß, wie erfolgreich und berühmt sie ist, und man hat den Eindruck, dass sie das Bewusstsein, ein arrivierter Star zu sein, auch andere fühlen lässt. In dieser Zeit ergibt eine Umfrage, dass nun nur mehr 65 % aller Befragten Heidi sympathisch finden. In Internetforen mehren sich ironische Kommentare wie: „Damals ist Heidi noch mit ohne Schuhe 30 Kilometer durch den 5 Meter hohen Schnee gestampft, um ihr Bikini-Shooting zu machen. 36 Stunden am TAG!“ oder ist heißt weit kürzer und grober: „Schnauze, Heidi!“
    Was verbirgt sich hinter dem fröhlichen Gleichmut, den sie öffentlich zu Tage trägt? Als Heidi während einer Frauenkonferenz in Los Angeles auf dem Podium sitzt, hält Maria Shriver eine ergreifende Rede über Frauen, die in der Familie immer die Starke spielen zu müssen. Eine Modereporterin fragt danach Heidi, warum sie während der Ansprache geweint hat und Heidi meint, es sei für Frauen eine „deutsche Sache“, der Fels in der Brandung zu sein, und auch sie habe diese Rolle übernommen. Für Gefühlsergüsse sei da kein Platz. Das Interview geht über die Wortmeldungen hinaus, die Heidi zur gleichen Zeit in Deutschland absondert und bietet einen Einblick in ihren Alltag.
    „ Hat Ihnen denn Ihr gutes Aussehen dabei geholfen, Karriere zu machen?“ fragt die Reporterin ganz allgemein.
    „ Ich würde nicht sagen, dass es dadurch leichter geworden ist“, gibt Heidi zur Antwort. „Gut auszusehen führt oft dazu, dass einen die Leute für dumm halten. Aber andererseits hätte es mich nicht zu Victoria's Secret gebracht, zu Sports Illustrated , oder dazu, Fernsehhows zu moderieren, wenn ich nicht auch gut ausgesehen hätte. Aber das ändert nichts daran, dass Frauen im Leben so viele verschiedene Rollen spielen müssen. Wir sind gut darin, vieles zugleich zu tun. Wir sind es, die Termine ausmachen, die sich daran erinnern, wann die Kinder Impfungen brauchen. Wir sind es, die sie zum Fußballtraining fahren. An einem Tag wie heute gehe ich nach Hause, wasche mir das Gesicht und gehe dann zum Elternsprechtag. Das sind alles Dinge, die ich tun muss.“
    Unerwähnt lässt Heidi in diesem Satz ihre fünf verschiedenen Berufe, und auch nicht, wie sie ihre Beziehung mit Seal gestaltet, aber die Vermutung ist zulässig, dass für alles ein bisschen zu wenig bleibt.
    „ Wie ist das dann mit der Liebe?“ wird Heidi gefragt, „halten Sie sich mit Seal einen Abend frei?“
    „ Es gibt keinen typischen Abend, wo wir ausgehen oder so“, ist da leicht abwehrend die Antwort. „Wir sind da eher spontan. Manchmal taucht er einfach bei der Arbeit auf und holt mich ab. Oder wenn ich mit dem Flugzeug ankomme und nach dem Autoservice Ausschau halte, sehe ich seines, und er sagt: Gehen wir noch was essen, bevor wir nach Hause fahren. In diesem Sommer haben wir eine Bootsfahrt gemacht. Meine Mutter hat sich um die Kinder gekümmert und wir konnten für uns los. Also fuhren wir nach Venedig und Paris für einige Tage.“
    Die Hälfte der vierten Staffel von Germany's Next Topmodel wird in Los Angeles gedreht, da Heidi dort lebt und es für sie einfacher ist, von dort aus ihre Familie und die Shootings zu managen. Dass sie ihren Lebensmittelpunkt nun endgültig in die Vereinigten Staaten verlegt hat, merkt man daran, dass sie Anfang 2009 amerikanische Staatsbürgerin wird. Vielleicht ist die zunehmende Entfremdung zur Heimat auch eine Erklärung dafür, dass im Frühjahr