Heiliger Bimbam – DuMonts Digitale Kriminal-Bibliothek: Gervase-Fen-Serie (German Edition)
sein Gesicht im Spiegel, bevor er sich umdrehte, um die Tür zu verriegeln, doch da sah er, daß der junge Mann hinter ihm eingetreten war und das für ihn erledigte.
Der junge Mann lächelte. »Jetzt sind wir zusammen eingeschlossen«, sagte er.
»Zum dritten Mal Glück gehabt«, sagte Fielding munter.
Geoffrey stöhnte und kämpfte sich erneut aus einem Alptraum. Er war wieder in dem Abteil, wo die anderen ihn mit einiger Besorgnis betrachteten; sogar das Kind glotzte ihn fragend an, als erwartete es eine Erklärung.
»Was ist passiert?« fragte Geoffrey nicht sehr originell.
»Ich hatte ein ungutes Gefühl, als Sie nicht wiederkamen«, sagte Fielding, »und bin Sie suchen gegangen. Zum Glück war es nicht sehr schwierig, und wir konnten Sie bis hierher zurück schleppen. Wie fühlen Sie sich?«
»Furchtbar.«
»Das wird schon wieder«, sagte Peace. »Der Schlag muß Sie ja ganz schön mitgenommen haben.«
»Das ist ja wohl kaum verwunderlich«, sagte Geoffrey ungehalten. »Wo sind wir?«
»Wir sind gleich in Tolnbridge.«
Geoffrey stöhnte erneut. »An Exeter vorbei? Dann muß er dort ausgestiegen sein.«
»Mein Guter, alles in Ordnung mit Ihnen? Der Mann ist doch in Taunton ausgestiegen.«
Geoffrey blickte sich verwirrt um. »Nein, nein – der andere. Oh Gott!« Ihm war zu schwindelig, um klar denken zu können. Er rieb sich kläglich den Kopf, befühlte ihn. »Wo ist die Beule?« fragte er. »Ich muß doch eine Beule haben.«
Peace, der gerade seine Sachen aus dem Gepäcknetz hievte, wandte sich verblüfft um.
»Wo er mich geschlagen hat«, erklärte Geoffrey gereizt.
»Aber, aber, niemand hat Sie geschlagen«, sagte Peace freundlich. »Sie müssen geträumt haben. Sie sind ohnmächtig geworden, mehr nicht. Ohnmächtig.«
Kapitel 3
Faselnder Leichnam
And then the furiously gibbering corse
Shakes, panglessly convulsed, and sightless stares.
Coventry Patmore
Mit wüt’gem Stammeln
zitterte die Leiche
Schmerzlos gekrümmt, und starrt’ mit blinden Augen.
Tolnbridge liegt an dem Fluß, nach dem es benannt ist, etwa vier Meilen oberhalb der sandigen, tückischen Mündung in den Ärmelkanal. Bis in die hannoveranische Zeit hinein war es eine nicht unbedeutende Hafenstadt, doch als die Schiffe immer größer wurden und die Flußmündung zunehmend versandete – inzwischen besteht sie nur noch aus einem recht schmalen Kanal –, schwand die Bedeutung rapide, so daß der Ort in seinen ursprünglichen Status eines kleinen, an Vorzügen armen Marktfleckens zurückgefallen ist, wo landwirtschaftliche Produkte aus der Gegend von South Devon feilgeboten werden. Noch immer wird Fischfang betrieben, und es gibt (zumindest bis vor dem Krieg) einigen Tourismus, doch das große Geschäft ist nach Tolnmouth, ein Stück östlich der Flußmündung, abgewandert, einem Badeort, der in seiner Bedeutung nur von Torquay an der Küste von Devon übertroffen wird. Zudem ist Tolnbridge weder in militärischer Hinsicht noch als Kriegshafen von großem Wert; es war zwar dann und wann Ziel böser Luftangriffe, doch überwiegend fielen die Bomben weiter die Küste hoch, so daß das Städtchen nur geringfügigen Schaden erlitt.
Die Kathedrale wurde unter Edward II. errichtet, zu einer Zeit, als Tolnbridge der Hauptumschlaghafen für Weine aus Bordeaux und Spanien war und einen beispiellosen Wohlstand erlebte; in architektonischer Hinsicht fällt das Gotteshaus irgendwo in die Zeit des Übergangs von der Früh- zur Hochgotik, wenngleich es nur wenige Elemente der Hochgotik aufweist. Es zählt jedenfalls zu den letzten und zugleich schönsten Beispielen für die wundervolle künstlerische Meisterschaft, die nicht nur die Kathedrale von Salisbury hervorgebracht hat, sondern auch viele hübsche Pfarrkirchen. Es ist ein vergleichsweise kleiner Bau, doch steht es mitten in der Stadt an einer so hervorragenden Stelle, daß es größer erscheint, als es in Wirklichkeit ist. Das Flußufer erhebt sich etwa eine Viertelmeile vom Fluß entfernt zu einem natürlichen Plateau, auf dem der ältere Teil der Stadt erbaut ist. Dahinter wiederum befindet sich ein langgestreckter Hügel mit steilen Hängen, auf dessen Gipfel die Kathedrale steht – ansonsten sind bis auf das Gästehaus an der Südwestseite keine weiteren Gebäude auf dem Hügel selbst. Somit hat man von der Stadt aus einen herrlichen Blick, wenn man den langen, mit Zypressen, Ebereschen und Lärchen bestandenen Hang hinauf zur Kathedrale schaut, die mit ihren grauen
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