Heiliger Zorn
warten. Die Leute, die einen bezahlen, haben dafür Verständnis, oder man kann es ihnen vermitteln. Man wartet und schaut sich nach Hinweisen um. Ein täglicher Ausflug nach Sonne & Spaß wäre eine gute Möglichkeit, außerdem die gründliche Beobachtung des Verkehrs, vor allem außergewöhnlicher Bewegungen. Zum Beispiel von grauen, unauffälligen Piratenskimmern zwischen den grellen und aufgemotzten Touristenfahrzeugen, die sich gewöhnlich an den Anlegestellen drängeln. Das Einzige, was nicht zum Profil eines Killerprofis passte, war, dass er den Piloten offen angesprochen hatte, und das führte ich auf glaubensbedingte Arroganz zurück.
Schwacher, hartnäckiger Gestank nach verrottendem Belatang, vernachlässigte Fassaden und mürrisches Personal. Schmale Straßen, von Winkeln aus heißem Sonnenlicht zerschnitten. Feuchter Müll in Ecken, die nur in den Stunden um die Mittagszeit trockneten. Ein sporadisches Kommen und Gehen von Touristen, die bereits enttäuscht und erschöpft von ihren preisgünstigen Versuchen waren, Spaß in der Sonne zu haben. Ich spazierte durch all das hindurch und überließ meinen Envoy-Sinnen die Arbeit, während ich meine Kopfschmerzen und den pochenden Hass zu unterdrücken versuchte, der darunter nach Erlösung drängte.
Ich fand ihn noch vor dem Abend.
Seine Spur war leicht zu verfolgen. Kossuth war von der Neuen Offenbarung größtenteils verschont worden, und für die Leute waren ihre Vertreter genauso auffällig wie ein Millsport-Akzent im Watanabe. Ich stellte überall die gleichen einfachen Fragen. Durch vorgetäuschten Surfer-Jargon, gewonnen aus gespeicherten Gesprächsfetzen, die ich in den letzten paar Wochen mitbekommen hatte, gewann ich das Vertrauen schlecht bezahlter Arbeiter und konnte so die Spur des Priesters verfolgen. Eine gelegentliche Würzung mit Kreditchips von geringerem Wert und kaltäugige Einschüchterung sorgten für den Rest. Als der Nachmittag die größte Hitze verdunstet hatte, stand ich in der überfüllten Lobby einer Pension mit angegliedertem Brett- und Bootsverleih, die den Namen Palast der Wellen trug. Das Haus war recht unpassend über dem trüben Wasser der Lagune auf uralten Spiegelholzpfählen erbaut worden, und der Gestank des Belatangs, der darunter verweste, stieg durch den Fußboden auf.
»Klar, er hat vor etwa einer Woche eingecheckt«, teilte das Mädchen an der Rezeption mir bereitwillig mit, während sie einen Haufen stark abgenutzter Surfbretter in einem Regal an der Wand verstaute. »Ich hatte schon mit allem möglichen Ärger gerechnet, weil ich eine Frau bin und so angezogen bin, wissen Sie. Aber es schien ihm überhaupt nichts auszumachen.«
»Tatsächlich?«
»Ja. Er war irgendwie total im Gleichgewicht, falls Sie verstehen, was ich meine. Ich dachte mir, er könnte sogar ein Wellenreiter sein.« Sie lachte sorgenfrei und jugendlich. »Verrückt, was? Aber ich habe mir gedacht, dass es ja auch da oben Surfer geben muss, oder?«
»Surfer sind überall«, stimmte ich ihr zu.
»Wollen Sie mit dem Typ reden? Ihm eine Nachricht hinterlassen?«
»Hmm.« Ich musterte die Postfächer hinter dem Rezeptionstresen. »Ich würde ihm wirklich gerne etwas hinterlassen, wenn das in Ordnung geht. Eine Überraschung.«
Das gefiel ihr. Sie grinste und stand auf. »Klar, das können wir machen.«
Sie ließ die restlichen Surfbretter liegen und ging hinter den Tresen. Ich kramte in meiner Tasche, stieß auf eine überzählige Ladebatterie für die Rapsodia und zog sie hervor.
»Hier.«
Sie nahm das kleine schwarze Ding neugierig entgegen. »Das? Wollen Sie ihm dazu eine kleine Nachricht oder so was schreiben?«
»Nein, schon gut. Er wird es auch so verstehen. Sagen Sie ihm einfach nur, dass ich heute Abend zurückkomme.«
»Okay, wenn Sie das so möchten.« Ein fröhliches Achselzucken, dann wandte sie sich den Postfächern zu. Ich beobachtete, wie sie die Ladebatterie in den Staub von Fach 74 legte.
»Ach ja«, sagte ich mit gespielter Plötzlichkeit. »Könnte ich vielleicht ein Zimmer haben?«
Sie drehte sich überrascht um. »Also… äh… klar…«
»Nur für heute Nacht. Wäre für mich einfacher als mir woanders was zu suchen und dann zurückzukommen, wissen Sie.«
»Klar, kein Problem.« Sie schubste den Bildschirm auf dem Tresen an, starrte eine Weile darauf und sah mich dann wieder mit ihrem fröhlichen Grinsen an. »Wissen Sie, wenn Sie möchten, kann ich Sie auf demselben Gang wie ihn unterbringen. Nicht im
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