Heiliger Zorn
Strandparty. Und weißt du was? Es hat funktioniert. Niemand hat mich angesprochen. Außerdem.« Sie befreite sich mit eingeübtem Geschick von den übrigen Kleidungsstücken und zeigte mit dem Daumen auf die Monomolwaffe, die sie sich unter den Arm geschnallt hatte. »Ist eine gute Tarnung für den Mimint-Killer hier.«
Ich schüttelte fassungslos den Kopf.
»Du hast diese verdammte Kanone bis hierher mitgeschleppt? Was hattest du damit vor? Wolltest du meine Einzelteile mit einem Schuss über die gesamte Lagune verteilen?«
Sie warf mir einen ernsten Blick zu. Unter den Riemen des Holsters trug sie ihr DeCom-T-Shirt mit der Aufschrift Achtung: Intelligentes Biologisches Waffensystem.
»Vielleicht«, sagte sie, drehte sich um und verstaute ihr Kostüm im hinteren Teil der winzigen Kabine.
Bei Nacht auf der Tang-Lagune zu navigieren machte nicht viel Spaß, wenn man mit einem Mietgefährt unterwegs war, das die Radarkapazität eines Kinderspielzeugs besaß. Jad und ich stammten beide aus Newpest, und wir hatten genug überwucherte Skimmer-Wracks gesehen, um die Maschinen zu drosseln und langsam zu fahren. Es war auch keine Hilfe, dass Hotei noch nicht aufgegangen war und Daikoku am Horizont von heranziehenden Wolken verdeckt wurde. Es gab eine kommerzielle Fahrspur für die Touristenbusse, mit Illuminium markierte Bojen, die sich durch die tangduftende Nacht zogen, aber auch das war keine besondere Hilfe. Segesvars Stützpunkt lag weitab von den Standardrouten. Nach einer halben Stunde waren die Bojen außer Sichtweite, und wir waren ganz allein mit dem dürftigen kupferfarbenen Licht eines schnell hochgeschleuderten Marikanon.
»Friedlich hier draußen«, sagte Jad, als würde sie diese Feststellung zum ersten Mal treffen.
Ich brummte nur und steuerte uns nach links, als im Scheinwerferlicht des Skimmers eine Fläche mit Tepes-Wurzeln auftauchte. Die äußersten Ranken kratzten hörbar am Metall der Schürze, als wir vorbeifuhren. Jad zuckte zusammen.
»Vielleicht hätten wir bis morgen Früh warten sollen.«
»Geh zurück, wenn du möchtest.«
»Nein, ich glaube…«
Der Radar piepte.
Wir beide starrten auf die Konsole und sahen uns dann gegenseitig an. Das geortete Objekt piepte erneut, diesmal lauter.
»Vielleicht ein Tang-Frachter«, sagte ich.
»Vielleicht.« Aber in ihrem Gesicht stand knallharter DeCom-Widerwille, als sie beobachtete, wie das Signal stärker wurde.
Ich schaltete den Antrieb aus und wartete, während der Skimmer allmählich langsamer wurde, getragen von den murmelnden Auftriebsstabilisatoren. Der Tanggeruch trieb herein. Ich stand auf und beugte mich über den Rand des offenen Schiebedachs. Zusammen mit den Gerüchen der Lagune trieb die Brise das schwache Geräusch eines sich nähernden Motors heran.
Ich ließ mich wieder ins Cockpit fallen.
»Jad, ich glaube, du solltest die Artillerie übernehmen und dich am Heck positionieren. Nur für alle Fälle.«
Sie nickte knapp und bedeutete mir, ihr etwas Platz zu machen. Ich wich zurück; sie zog sich mühelos aufs Dach und holte den Monomolblaster aus dem Holster. Sie blickte zu mir herunter.
»Feuersignal?«
Ich dachte einen Moment lang nach, dann fuhr ich kurz die Stabilisatoren hoch. Das Murmeln des Systems wurde zu einem anhaltenden Grollen, das wieder erstarb.
»Wenn du das hörst, schießt du auf alles, was sich in Sichtweite befindet.«
»Okay.«
Ihre Füße schlurften über die Aufbauten in Richtung Heck. Ich stand wieder auf und beobachtete, wie sie zwischen den Flossen des Heckleitwerks in Deckung ging, dann wandte ich meine Aufmerksamkeit wieder dem Signal zu. Das Radarsystem erfüllte nicht mehr als das von der Versicherung vorgeschriebene Minimum und ließ außer dem stetig größer werdenden Punkt auf dem Schirm keine Einzelheiten erkennen. Aber ein paar Minuten später brauchte ich es gar nicht mehr. Die dürre Silhouette mit den Geschütztürmen zeichnete sich am Horizont ab, pflügte beharrlich auf uns zu und hätte genauso gut mit einem Illuminiumschild am Bug herumfahren können.
Piraten.
Ähnlich einem kompakten meerestauglichen Hoverlader fuhr es völlig ohne Navigationslichter. Es lag lang und tief auf der Oberfläche der Lagune, war jedoch mit klobigen Panzerplatten und Waffenkanzeln ausgestattet worden, die man einfach an die originalen Aufbauten geschweißt hatte. Mithilfe des Neurachems erhielt ich den vagen visuellen Hinweis auf Gestalten, die sich in düsterroter Beleuchtung hinter den
Weitere Kostenlose Bücher