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Heimkehr

Heimkehr

Titel: Heimkehr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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über dem Boden, aber dennoch gewährte er m ir einen Überblick über unser Elend. Der spärliche Raum wird durch Tra m pelpfade und eine willkürliche Anhäufung von Hütt e n mehr schlecht als recht genutzt. Einer der Seeleute kam zu uns her ü ber und insp i zierte unsere Anstrengungen. Er s t and da, wippte auf den Ballen hin und her und kaute auf einem Zweig herum. Dann besaß er tatsächlich die Unverfrorenheit, mehr als die Hälfte unsere Knoten neu zu knüpfen. »Jetzt wird es halten, Mada m « , sagte er danach zu mir. »Aber nicht sehr lange und schwerlich bei s t arker Beanspruchung. Wir brauchen eine bessere Takelage, um den Steg zu befestigen. Seht nach oben. Dort m ü ssen wir hin und uns an all diese Äste takeln.«
    Ich schaute e m por in die schwindelnden Höhen, wo der Astwuchs der Bäume begann. Ohne Flügel, erklärte ich dem Seemann, kom m t keiner von uns so hoch h i nauf. Er grinste. »Ich kenne einen Mann, der es wohl schaffen könnte. Falls je ma nd der Meinung ist, dass sich die Mühe lohnt.« Dann verabschiedete er sich m it einer dieser lächerlichen Verbeugungen, die bei Seemännern üb l ich zu sein scheint, und schl e nderte hüftwiegend davon.
    Wir m üssen bald etwas unternehmen, weil diese bebende Insel jeden Tag kleiner wird. Der Boden ist von den vielen Füßen aufgeweicht, und überall steht Wasser. Ich m uss verrückt sein, dass i c h es überhaupt i n Angriff nehme. Ich bin Künstlerin, k e ine Ingenieurin und schon gar keine Baumeisterin. Aber da niemand anderes vortritt, bleibt es an mir hä n g en, es zu wagen. Wenn ich scheitere, habe ich es wenigstens versucht.
     
     
Tag fünf oder sechs des Früchtemondes
    Im vierzehnten Jahr der Regentschaft des Hochherrschaftlichen und Erhabenen Satrapen Esclepius
     
     
    Heute ist eine me in er Brü c ken zusammengestürzt. Drei Männer sind in den Su m p f gef a llen, und einer hat sich ein Bein gebrochen. Natürlich h a t er die Schuld an seinem Missgeschick m ir zugeschoben und erklärt, so etwas käme
     davon, wenn eine Frau versuchte, sich m it ihren Strickkünsten an Bauwerken zu vergehen. Seine Frau stim m t e in seine Beschuld i gungen ein. Ich gab jedoch nicht klein bei. Stattdessen entgegnete ich ihnen, dass ich niemanden aufgeford e rt hätte, meine Hängewege zu betreten, und dass jeder, der nichts zu ihrer Konstruktion beigetragen habe und dennoch seinen Fuß darauf setze, das Schicksal wohl verdiente, m it dem Sa ihn für seine Faulheit und Undankbarkeit hei m s u che.
    »Ketzerin!«, keifte j e mand, aber ein anderer schrie ihn nieder. »Die Wahrheit ist Sas Schwert!« Ich fühlte m ich genügend gerechtfertigt. Die Zahl meiner Mitarbeiter ist so groß, dass ich sie i n zwei Gruppen teilen kann. Sewet übertrage ic h die Leitung der einen. Wehe dem Mann, der es wagt, meine Entscheidung infr a ge zu stellen! Ihre Fähigkeiten als Flechterin sprechen für sich.
    Morgen hoffen wir da m it beg i nnen zu können, die ersten Träger für meine G r oße Plattform in die Bä u me zu hieven. Es ist gut m öglich, dass ich höchst spektakulär scheitere. Diese Stämme sind sehr schwer, und wir haben keine echten Seile, um sie zu heben, sondern nur Taue aus geflochtenen Klet t erpflanzen. Dieser Seemann hat einige grob gezimmer t e Flaschenz ü ge für uns gebaut. Er und mein Petrus haben den glatten Stamm eines Ba u mes bezwungen, bis dort hinauf, wo sich die gewaltigen Äste über uns wölben. Sie haben Schritt um Schritt Pflöcke in den Stamm geschlagen, doch m e in Herz bebt, wenn ich sie in dieser schwindelnden Höhe sehe. Retyo, der Seemann, behauptet, dass seine Flaschenzüge unsere Kraft so verstärken würden, dass wir alle Lasten bewältigen können. Dies m öchte ich denn doch erst noch s e hen. Ich fürchte, dass unsere geflochte n en Seile durch die groben Flaschenzüge nur um so sc h neller ausfransen. Ich sollte längst sch l afen und l iege d e nnoch wach und überlege, ob wir genügend Seile haben, um unsere Bau m stämme hinaufzuziehen. Und we r d en unsere selbst gemachten Strickleitern der täglichen Beanspruchung durch die Arbeiter standhalten? Was habe ich da nur angefangen? Falls je m a nd aus einer solchen Höhe abstürzt, ist ihm d e r Tod gewiss. Dennoch, der Sommer wird ba l d enden, und wenn die Winterregen einsetzen, brauchen wir einen trockenen Zufluchtsort.
     
     
Tag zwölf oder dreizehn des Früchtemondes
    Im vierzehnten Jahr des Satrapen Esclepius
     
     
    Fehlschlag über Feh l schlag. I c h

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