Heimkehr
wird, sowie die Best i mmung der Stelle, an der sie befestigt wurde, all das war mein Werk. Ich fühlte m i ch sehr stolz.
Allerdings hielt mein Hochg e fühl nicht lange an. Eine Strickleiter hinaufzusteigen, die bei jedem Schritt nachgibt und im m e r stärker schwank t , je höher ma n kommt, ist nichts für verzagte Herzen und für eine schwache Frau. Auf halber Höhe versagten m i r die Kräfte. Ich klammerte m i ch an der schwankenden Leiter fest, und Retyo m usste zu meiner Rettung kommen. Es beschä m t m i ch, dass ich, eine verheiratete Frau, ihm d i e Ar m e um den Hals schlang, als wäre ich ein kleines Kind. Und zu meiner Bestürzung hat er mich nicht etwa nach unten gebracht, sondern darauf bestanden, m ich nach oben zu tragen, da m it ich den Ausblick von unserer Plattform genießen könne.
Es war erregend und gleichzeitig enttäuschend. Wir standen hoch über dem su m p f i gen Land, das so lange an unseren Füßen gesaugt hatt e , dennoch weit unterhalb des dichten Baldachins aus Blättern, der nur das stärkste Sonnenlicht hindurchlässt. I c h betrachtete den täuschend solide wirkenden Boden aus B l ättern, Zweigen und Lianen.
Obwohl andere gewaltige Stämme und Äste unsere Sicht beeinträchtigten, konnte ich plötzlich in einige Richtungen weit in den Wald hineinsehen. Er schien nirgendwo zu enden. T r otzdem stachel t e es meinen Ehrgeiz an, als ich die Äste der angrenzenden B ä ume s ah, d i e unsere b einahe berührten. Unsere nächste Plattform wird von drei dicht nebeneinander stehenden Bä u men gestützt werden. Und eine Hängebrücke wird von P l attform eins zu Plattform zwei führen. Chellia und S e wet sind bereits dabei, die Sicherheitsnetze zu flechten, die unsere jüngeren Kinder davor schützen sol l en, von P l attform eins in die Tiefe zu stürzen. Wenn sie da m it fertig sind, werde ich sie da m it beauftragen, neue Hängebrücken und dazu Netze zu flechten, welc h e die Brücken seitlich einhegen.
Die älteren Kinder erklettern unsere Baumhäuser am schnellsten und gewöhnen si c h a u ch am raschesten daran. Sie laufen bereits schrecklich leichtsinnig von der Plattform hinaus auf die großen Äste, die sie stützen. Nachdem ich sie immer wie d er zur Vor s icht ermahnt habe, belehrte m i ch Ret y o freundlich eines Be s seren. »Das ist i h re neue Welt«, erklärte er. »Sie dü r fen sie nicht fürchten. Sie werden genauso tr i ttsicher darauf heru m l aufen wie Seeleute in die Wanten klettern. Diese Äste hier sind breiter als die Bürgersteige so ma n cher Stadt, deren Hafen ich angelaufen habe. Das Einzige, was dich davon abhält, auf diesen Ast zu tr e ten, ist das Wissen, wie tief du fallen könntest. Denk statt dessen an d a s feste Holz unter deinen Füßen.«
Unter seiner Führung und von seinem sicheren Arm gestützt, wagte ich m ich t a tsächlich auf einen der Äste hinaus. Als wir eine Strecke zurückgelegt hatten und der Ast unter unseren Schritten zu schwanken begann, verlor ich jedoch rasch meinen M u t und f l oh zurück auf die Plattfor m . Als ich hinabschaute, konn t e ich die Hütten unserer sch m utzigen kleinen Sieldung t ief unter m ir kaum erkennen. So s i nd w i r in eine andere Welt h i naufgestiegen. Hier oben ist es heller, auch wenn das Licht diffus ist, und wir befinden uns viel dichter an den Früchten und den Bl u m en.
Bunte Vögel kreischen, als wollten sie uns das Recht streitig machen, hier zu verweilen. Ihre Nester ba u m eln wie Körbe von den Zweigen herunter. Ich betrachte ihre hängenden Heime und überlege, ob ich ihr Beispiel nicht nutzen kann, um m i r selbst e i n sicheres »Nest« zu bauen. Ich habe schon das Gefühl, d a ss dieses neue Territorium rech t m äß i g mir zusteht, bed i ngt durch meinen Ehrgeiz und meine K u nst, als würde ich eines meiner schwebenden Kunstwerke bewohnen. Kann ich m ir denn eine Stadt aus hängenden Hütten vorstellen? S e lbst diese kahle Plattform besitzt bereits Balance und Grazie.
Morgen werde ich m i ch m it Retyo dem Seemann und Sewet der Flechterin zusammen s etzen. Ich erinnere m ich an die Lastnetze, m it denen man schwere Fracht vom Pier an Deck der Schiffe hievt. K önnte ma n nicht eine Plattform in ein solches Netz platzieren, es dann mit ei n e m Dach versehen, da m it es vor Bl ic ken geschützt ist, das ganze an einen starken Ast hängen und so hier oben eine ebenso luftige wie inti m e Kammer gewinnen? Doch wie sollen wir von solchen Wohnnestern aus Zugang zu den
Weitere Kostenlose Bücher