Heimkehr
habe kaum den Mut, davon zu berichten. Retyo, der S e emann, behauptet allerdings, wir m ü ssten es schon als Erfolg bewerten, dass nie m and verletzt wurde. Und als unsere erste Plattform a b stürzte, sank sie nur i n den weichen Boden, brach jedoch nicht auseinander. Retyo meinte unve r zagt, dies beweise nur die Stabilität der Plattfor m . Er i s t ein sehr findiger junger Mann und höchst g e witzt und klug, trotz seines Mangels an Bildung. Ich habe ihn heu t e gefragt, ob er verbittert darüber wäre, dass er vom Schicksal gezwungen worden sei, eine Kolonie in der Regenwildnis zu gründ e n, statt über die Meere zu segeln. Er zuckte m it den Schultern und grinste. Er meinte, er wäre schon Kesselflicker gewesen und habe einen Bauernhof gepachtet, bevor er zur See gefahren sei. Also wisse er nicht, welches sein rechtmäßiges Schicksal sei. Von dah e r fühle er sich berechtigt, jedes anzunehmen und es zu s e inem Vorteil zu nutzen. Ich wünschte, ich hätte seinen Mut.
Die Müßiggänger in unserer Co m p anie gaffen nur und verspotten uns. Ihr Misstrauen zersetzt meine Kraft genauso, wie das trübe Wasser meine Haut verätzt. Und gerade die, welche am lautesten über unsere Lage klagen, tun am wenigsten dafür, s i e zu verbessern. »Wartet«, wiede r holen sie nur. »Wartet auf die Rüc k kehr unserer Kundscha f ter. Sie werden u n s zu einem bes s eren Platz führen.« Dabei wird unse r e Lage von Tag zu Tag schlechter. Wir laufen in Lu m pen um h e r, auch wenn Sewet täglich Versuche anstellt, welche Fasern sie aus den Kletterpflanzen herauszie h en oder aus dem Mark des Schilfrohrs reiben kann. Wir finden kaum noch genug Nahrung, um uns täglich am Leben zu halten, und haben keinerlei Reserven für den W i nter. Die Faulpelze essen genauso viel wie diejenigen, die schwer arbeiten. Meine Jungen plagen sich jeden Tag an unserer Seite und erhalten dennoch dieselben kleinen Rationen wie die, welche faul heru m liegen und nur lamenti e ren. Petrus hat einen Ausschlag an seinem Hals, d e r sich rasch ausbreitet. Der wurde gewiss durch die unzureichende Ernährung und die ständige Feuchtigkeit verursacht.
Chellia empfindet b e stim m t e b enso. Ihre kleinen Töchter Piet und Likea sind kaum mehr als Haut und Knochen. Denn im Gegensatz zu den Jung e n, die essen, während sie sammeln, m ü ssen sie sich m it dem bescheiden, was m an ihnen am Ende eines Tages rei c ht. Olpey hat sich in letzter Zeit merkwürdig v e rändert. So sehr, dass selbst Petrus Angst vor ihm bekommt. Mein Sohn geht zwar noch jeden Tag m it ihm in den Wald hinaus, aber er kom m t häufig lange vor Olpey nach Hau s e. Als ich gestern Nacht aufwachte, hörte ich Olpey lei s e im Schlaf singen. Es war eine Melodie und eine Sprache, die ich noch nie gehört habe, das schwöre ich, und es war unhei m lich, wie vertraut sie m ir dennoch war.
Heute regnet es stark. Unsere Hütten halten das meiste ab. Ich b e m itleide all diejenigen, welche sich nicht die Mühe gemacht haben, sich Schutz zu verschaffen, und wundere m i ch gleichzeitig über ihren Mangel an Voraussicht. Zwei Frauen kamen m it ihren drei kleinen Kindern zu unserer Hütte. Marthi und Chellia wollten sie zunächst nicht hine i nlassen, weil es zu v o ll bei uns würde, aber w i r konnten das erbär m liche Zittern ihrer Babys nicht ertragen. Also ließen wir sie ein, aber ich er m ahnte sie streng, dass sie uns dafür m o rgen beim Bau der Plattform helfen m üssten. Wenn sie das tun, zeigen wir ihnen, wie sie sich selbst eine Hütte bauen kö n nen. Lassen sie sich nicht darauf ein, mü s sen sie wie d er gehen. Viell e icht m ü ssen wir die Leute zwingen, für ihr eigenes Wohl zu handeln.
Tag siebzehn oder achtzehn des Früchtemondes
Im vierzehnten Jahr des Satrapen Esclepius
Wir haben die ers t e Große Plattform hinaufgezogen und gesichert. Sewet und Retyo hab e n Strickleitern geflochten, die von dort bis zum Boden hinabbaumeln. Es war ein Augenblick großen Triu m phes für m ich, hier unten zu stehen und zu der Pl a ttform hinaufzuschauen, die s i cher an den Ästen der Bä u me b e festigt ist. Das Gewirr der Äste und Zweige verbirgt sie beinahe vor unseren Blicken. Das ist me in Werk, dachte ich. Retyo, Crorin, F i nsk und Tremartin sind die Männer, die den größten Teil des Hebens und Sicherns erledigt haben, doch der Entwurf der Plattfor m , die Art, wie sie leicht auf den Ästen balanciert und nur dort aufliegt, wo ihr Gewicht gestützt
Weitere Kostenlose Bücher