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Heinichen, Veit - Proteo Laurenti 01 - Gib jedem seinen eigenen Tod

Titel: Heinichen, Veit - Proteo Laurenti 01 - Gib jedem seinen eigenen Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veit Heinichen
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sich von unterwegs gemeldet?« Laurenti blieb beharrlich.
    »Nein.«
    »Hat Sie das nicht gewundert?«
    »Nein. Warum sollte er?«
    »Na ja, ich meine, Sie hätten gesagt, sie lebten zusammen.«
    »Ja.«
    »Und es ist Ihnen offensichtlich ziemlich gleichgültig, was mit Ihrem Lebensgefährten, wenn ich so sagen darf, los ist?«
    »Das habe ich nicht gesagt. Es wird doch wohl jemand einige Tage wegfahren dürfen, ohne daß man ständig voneinander hört.«
    »Da haben Sie recht. Wir haben Grund zu der Annahme, daß es sich um ein Gewaltverbrechen handelt. Er hat seine Yacht allem Anschein nach auf hoher See verlassen.« Laurenti erklärte ihr ganz ruhig die Wirkung eines Autopiloten. »War, äh, ist Ihr Mann ein guter Schwimmer?«
    Jetzt zuckte die Dame zusammen und sah ihn erstaunt an. »Normal, würde ich sagen. Weshalb?«
    »Die Adria ist sehr warm, sie hat einen hohen Salzgehalt. Ein guter Schwimmer kann sich da sehr lange halten, zu dieser Jahreszeit. Aber sagen Sie«, Laurenti wollte die kleine Irritation nutzen, die er geschaffen hatte, »es leben viele Menschen in diesem Haus. Ich würde gerne mit den anderen sprechen. Vielleicht ist denen etwas aufgefallen.«
    Die Drakic fuhr etwas zu schnell herum, als daß es ihm nicht hätte auffallen müssen. »Das Personal weiß nichts. Sie werden Ihnen nichts sagen können. Ich hielte es übrigens für besser, wenn Sie nach Bruno suchen würden, anstatt mir Fragen zu stellen, die ich nicht beantworten kann.«
    Jetzt fiel ihm ein, daß er diese Frau schon einmal gesehen hatte. Gestern Abend, an der Costiera, als er schwimmen ging.
    »Es ist die Geschichte mit der Nadel und dem Heuhaufen, Signora«, Laurenti bemühte sich, sie in sein Netz zurückzubekommen. »Wenn wir nicht wissen, wo wir suchen sollen, dann wird es uns auch kaum gelingen, ihn zu finden. Ich hoffte darauf, daß Sie mit uns zusammenarbeiten wollen, aber das scheint nicht der Fall zu sein. Ich dachte, Sie würden alles Erdenkliche unternehmen, damit Ihr Lebensgefährte, von dem ich annehme, daß es der Mann ist, den Sie lieben, gefunden wird. Statt dessen wären Sie mich am liebsten los.«
    Die Drakic schwieg ziemlich lange, und auch Laurenti sagte nichts.
    »Sie haben recht«, kam es zögernd, fast widerwillig von ihr. »Bruno fuhr, wenn er sich abgespannt fühlte, manchmal mit seiner Yacht für ein paar Tage weg. Die See, so sagte er, gebe ihm das Gefühl von Weite und Ruhe. Er sagte, daß in der nächsten Zeit sehr viel Arbeit auf ihn zukommen würde. Er wollte Kraft schöpfen. Bedenken Sie, er ist achtundfünfzig Jahre alt. Wohin kann man von Triest mit der Yacht schon fahren? Nach Süden, so viele Möglichkeiten gibt es nun wirklich nicht. Bruno ist ein umgänglicher Mensch, niemand würde ihm etwas antun wollen.«
    Laurenti war gespannt, was sie noch erzählen würde. Jetzt hatte sie ihm schon Informationen gegeben, nach denen er nicht gefragt hatte und von denen er noch nicht wußte, wie er sie bewerten sollte. »Er hat, soweit ich weiß, einen Sohn?«
    »Spartaco. Er lebt in Wien.«
    »Haben Sie mit ihm gesprochen?«
    »Er ist nicht da. Sommerferien. Ich weiß nicht, wo er ist. Er soll aber am Montag zurück sein.«
    »Wie ist das Verhältnis zwischen Vater und Sohn?«
    »Normal«, die Drakic schien allmählich zu ihrer alten Unfreundlichkeit zurückzufinden. »So wie es zwischen Vater und Sohn eben ist.«
    »Und wie ist Ihr Verhältnis zu ihm?«
    »Was hat das …«, doch die Drakic bremste sich noch einmal. »Ich meine«, sagte sie, »ich bin nicht seine Mutter, bin nur wenig älter als er. Wir lieben uns nicht, aber wir respektieren uns.«
    »Was wissen Sie vom Tod Elisas?«
    »Nichts. Aber hören Sie, Commissario«, sie beherrschte sich noch immer, »ich weiß wirklich nicht, was dies mit Brunos Ausbleiben zu tun hat.«
    »Zeigen Sie mir sein Arbeitszimmer? Alle seine Räume?« Laurenti rechnete mit dem Schlimmsten, und natürlich traf es ein.
    »Nein!« Tatjana Drakic schaute ihn nicht an. Ihr Blick verlor sich im Garten.
    »Warum nicht?«
    »Dazu müßte ich selbst erst einmal hineingehen und dafür sorgen, daß es nicht zu unordentlich ist.«
    Laurenti konnte sich bei der akkurat gepflegten Villa nicht vorstellen, daß ausgerechnet in den Gemächern des Hausherrn größere Unordnung herrschte. »Warum gehen Sie nicht und schauen nach, ob Sie mich hineinlassen können? Schon eine kleine Bemerkung im Terminkalender wäre hilfreich. Manchmal sieht ein Dritter einfach mehr, Frau

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