Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Heinichen, Veit - Proteo Laurenti 01 - Gib jedem seinen eigenen Tod

Titel: Heinichen, Veit - Proteo Laurenti 01 - Gib jedem seinen eigenen Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veit Heinichen
Vom Netzwerk:
harte Auseinandersetzungen mit seinem Vater, daß es nicht zu überhören war. Auch mit mir stritt er und warf mir vor, den Tod seiner Mutter mit verursacht zu haben, weil ich die Geliebte seines Vaters war. Als Komplizin hat er mich beschimpft und wollte nicht hören, daß es ein Unfall war. Bruno sagte, daß Spartaco seit neuestem davon überzeugt sei, daß er Elisa ermordet habe.«
    »Und Sie? Sind Sie sich sicher, daß es ein Unfall war?« Laurenti schaute sie nicht an.
    »Ja, ich bin mir ganz sicher«, Eva Zurbanos Stimme war belegt. »Ich weiß, daß er sie nicht umgebracht hat.«
    »Sie hatten ihn gern, nicht wahr? Sehr gern!«
    »Ja.« Eva Zurbano fuhr sich mit dem linken Mittelfinger erneut über die Wange, strich eine Strähne ihres schwarzen Haares zurück übers Ohr und räusperte sich nochmals. »Ich liebte ihn sehr. Aber das ist, wie ich schon sagte, lange her. Wir waren über zwanzig Jahre zusammen.«
    »Wann haben Sie sich getrennt?«
    »Vor etwas mehr als drei Jahren. Bruno hatte eine Neue.« Die Zurbano hatte nach ihrer Handtasche gegriffen, sie nahm Zigaretten und Feuerzeug, steckte sie nervös hinein, zog einen Zehntausendlireschein aus dem Portemonnaie und schob ihn unter das Tablett mit den Getränken.
    »Tatjana Drakic?«
    »Ja.«
    »Und ihr Bruder?«
    »Der kam etwas später in die Firma.«
    »Wie oft kommt Spartaco nach Triest?«
    »Ein- bis zweimal im Monat. Je nachdem, was es zu besprechen gibt.« Eva Zurbano schaute auf ihre Uhr. Sie stand auf und strich mit der rechten Hand den Rock glatt. »Ich muß jetzt gehen. Entschuldigen Sie.«
    Laurenti hielt sie nicht auf. Er sagte lediglich: »Buonasera, Signora!«
    Eva Zurbano entfernte sich und verschwand am Ende der Casa Stratti auf die Piazza della Borsa. In einem Sichtfenster ihres Portemonnaies hatte Laurenti die Fotografie eines Mannes gesehen, den er kannte. Benedetto Rallo war der Direktor der Banca Nordeste und saß in einigen Gremien von Verbänden und Firmen in der Stadt. Eva Zurbano hatte ganz offensichtlich eine enge Beziehung zu ihm. Aber die anderen Informationen aus ihrem Gespräch beschäftigten Laurenti mehr. Er ließ einzelne Szenen noch einmal an sich vorbeiziehen und trank in Ruhe sein Glas aus. Dann schob auch er einen Schein unter das Tablett und ging.

Borgo Teresiano
    Laurenti hatte sich vor Mitternacht für eine halbe Stunde von der Party davongeschlichen. Er hatte das Gefühl, daß ein wenig frische Luft ihm guttun würde. Er hatte zu rasch zu viel getrunken, und der Weißwein, der ausgeschenkt wurde, hatte es in sich gehabt. Vielleicht war es auch die Hitze gewesen, die ihm, der ansonsten ziemlich trinkfest war, zugesetzt hatte. Außerdem hatte eine füllige Sechzigjährige mit gefärbten Haaren, sonnenverbranntem Gesicht und Dekolleté ihn so mit ihrem Redefluß überschwemmt, daß er regelrecht die Flucht vor ihr ergreifen mußte. Er war zur Via Trento gegangen, ins Borgo Teresiano, und war schließlich dort gelandet, wo seine Beamten nachts verstärkt Kontrollen durchführen sollten: auf der Sündenmeile, wie Journalist Decantro sich auszudrücken beliebte. Laurenti wollte selbst sehen, was los war. Die meisten der Prostituierten, die die Polizisten in der letzten Zeit kontrolliert hatten, kamen aus Kolumbien und aus Nigeria. Mehr als sieben hatte er aber bisher nicht entdecken können. Sie standen meist zu zweit in der Nähe einer der Kreuzungen, wo Freier mit ihren Wagen anhalten konnten. Es war nicht viel los. Er wurde ein paarmal von den Mädchen angesprochen, die außerordentlich wenig anhatten. Aber er hatte lächelnd abgewinkt und war weitergegangen, bis er plötzlich seinen Namen rufen hörte.
    »Commissario Laurenti.« Es war eine sehr tiefe Frauenstimme.
    Er drehte sich um und sah auf der anderen Seite der Kreuzung in der Tat eine Frau, die er kannte. Er ging zu ihr hinüber.
    »Lange nicht gesehen, Lilli. Bist du immer noch im Geschäft?«
    Lilli hieß in Wahrheit Annamaria Berluzzi, war etwas älter als er, über fünfzig, und war kräftig geschminkt. Ein breiter Gürtel über dem weißen, transparenten Kleid, unter dem sie nicht viel trug, schnürte ihren Bauch ein. Sie war in Triest geboren und schon im Geschäft, als er damals seinen Dienst antrat.
    »Für dich die Hälfte!« Lilli hob mit beiden Händen ihre Brüste hoch, die nun gar nicht mehr verhüllt waren.
    »Laß mal, Lilli«, sagte Laurenti lächelnd, »du weißt doch, wie die Dinge stehen.«
    »Schade, Commissario.« Lilli ließ ihre Pracht

Weitere Kostenlose Bücher