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Heinichen, Veit - Proteo Laurenti 01 - Gib jedem seinen eigenen Tod

Titel: Heinichen, Veit - Proteo Laurenti 01 - Gib jedem seinen eigenen Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veit Heinichen
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verstanden. Sie wußten lediglich, daß sie nicht weiterkämen, daß kein Weg an den Pistolen vorbeiführte. Der Anführer bedeutete ihnen, daß sie zurückgehen müßten. Sie gehorchten. Jeder von ihnen hatte das auf seiner bisherigen Reise schon erlebt. Sie mußten Tage warten, bis ein neuer Weg gefunden wurde. Sie waren noch nicht weit gegangen, als sie das Brummen der startenden Außenbordmotoren hörten. Der erste blieb einen Augenblick stehen, zögerte, ging dann aber weiter.
     
    Das Wetter war günstig. Die Dunkelheit hatte sich über den Golf gelegt, und die Fischkutter mit ihren hellen Scheinwerfern, die die Makrelen und Sardinenschwärme in die Netze lockten, standen weit draußen. Die Schiffsdiesel surrten monoton. Nach Stürmen, nach Gewittern und bei günstiger Witterung standen die Fischer oft direkt vor der Küste, und das Licht der Halogenlampen spiegelte sich weit über das Wasser bis zu den steil ins Meer abfallenden Felswänden. Dann war eine unbemerkte Landung unmöglich. Die Küste des Triestiner Golfs wurde immer wieder für illegale Transporte genutzt. Die italienischen Behörden hatten ihre ganze Aufmerksamkeit auf die Verbindung zwischen Albanien und Apulien gelegt, eine Strecke, die mit schnellen Booten in höchstens zwei Stunden zu machen war und vor allem von der Mafia zum Schmuggel von Zigaretten und Menschen genutzt wurde. Nach Norden schleuste man erst seit kurzem auf dem Seeweg. Hier rechneten die Behörden kaum damit. Die Strecke schien zu abgelegen, war keine klassische Balkanverbindung, und der Golf von Triest war überdies mit einem undurchlässigen Radarnetz überzogen. Die dunkelblauen Schlauchboote brauchten für Hin- und Rückweg gerade mal eine Stunde. Vom Radar wurden die Kunststoffboote nicht erfaßt. Sie hatten sich parallel zur kroatischen Küste gehalten, waren ohne Scheinwerfer, nur mit den Navigiationsinstrumenten, eine knappe Meile vor der Küste gefahren, ohne in Gefahr zu geraten, anderen Schiffen zu begegnen. Kurs Nord-Nordwest vorbei an Parenzo, Cittanova d’Istria, Umago – bis zur Punta Salvore hatten sie ohnehin nicht viel zu befürchten. Erst dann, an der slowenischen Grenze, wenn sie auf Kurs Nordost zu wechseln hatten, mußten sie wachsam sein. Auf dem letzten Drittel der Strecke waren viele private Schiffe unterwegs, aber sie mußten vor allem auf die großen Schiffahrtswege in die Häfen von Capodistria und Triest achten. Viele Frachter lagen zwischen diesen Punkten vor Anker. Außerdem arbeiteten die Behörden Sloweniens und Italiens eng zusammen, um den Schiffsverkehr in diesem Teil des Meeres zu regeln. Aber es gab eine große Erleichterung: Das Leuchtfeuer des »Faro della Vittoria« von Triest ist das hellste in der nördlichen Adria. Noch auf eine Entfernung von zweiunddreißig Meilen konnte man es erkennen. Sie hatten sich nur zweieinhalb Meilen westlich von ihm zu halten, um an die Costa dei Barbari zu gelangen. Unterhalb der senkrecht abfallenden Felswände der Steilküste und nicht weit von dem Punkt entfernt, an dem die Yacht des Österreichers gefunden worden war, suchten sich die beiden dunkelblauen Boote den Weg durch die Felder der Muschelzuchten. Die neun Mädchen stiegen als erste aus und machten sich daran, den schmalen Pfad zur Küste hinaufzusteigen. Sie hatten Mühe, in ihren Stöckelschuhen, aber es waren Seile gespannt, die ihnen Halt gaben. Oben auf dem Parkplatz wurden sie von zwei schwarzen Mercedeslimousinen erwartet. Die anderen einunddreißig Illegalen sollten auf der Strada Costiera von zwei Lieferwagen übernommen werden, die sie weiter auf ein Gehöft zwischen Palmanova und San Giorgio di Nogaro bringen sollten.
    Die beiden Motorboote drehten kurz vor zwei Uhr ab, Richtung Süden, dahin zurück, woher sie gekommen waren. Die Rückfahrt ohne Last ging natürlich sehr viel schneller. Die vier Männer waren gut gelaunt. Sie hatten in kurzer Zeit sehr viel Geld verdient.
    Um 2.30 Uhr fuhren die beiden Autos in die Einfahrt der Villa in der Via dei Porta. Man hatte den Mädchen die Zimmer mit den vergitterten Fenstern im Halbparterre zugewiesen und hinter ihnen abgeschlossen. Man würde sich am anderen Tag um sie kümmern. Es gab viel zu tun. Sie mußten eingekleidet werden. Man mußte ihnen sagen, was sie zu tun hatten. Das war bisher Olga Chartows Aufgabe gewesen. Tatjana Drakic mußte diese Tätigkeit jetzt selbst übernehmen, bis sie einen Ersatz gefunden hatte. Und die Mädchen brauchten neue Pässe, gültige Papiere mit

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