Heirate mich, Prinzessin!
nun sagte: „Ich gehe. Da dieser Empfang Sie genauso zu langweilen scheint wie mich, sollten Sie mit mir kommen.“
Sie sah ihn an. Kein Mensch konnte über all diese Vorzüge verfügen. Nicht über alle auf ein Mal. Er war mindestens einen Kopf größer als sie, sein Körper der eines Athleten, seine Züge schön wie die eines Racheengels. Atemlos schaute sie zu ihm auf und spürte die Macht, die er über sie besaß. Sein Blick war so besitzergreifend, dass sie erschauerte.
Ja, diese Intensität war es, die sie schon zuvor empfunden hatte. Doch sie erinnerte sich auch an den zweiten Blick, den er ihr zugeworfen hatte und der voller Kälte gewesen war. Ebenso wenig, wie sie vergaß, wie rasch er sich den beiden attraktiven Frauen zugewandt hatte, die in seiner Nähe standen.
Was für ein Spiel spielte er? Wollte er beweisen, dass in seiner Gegenwart jede Frau dahinschmolz? Erst Luci, dann Stella. Kam jetzt sie, Clarissa, an die Reihe? Aber weshalb?
Er trat einen Schritt näher auf sie zu, wie ein Raubtier, das sich seiner Beute sicher ist. Clarissa konnte sich nicht rühren. Sie stand einfach nur da und wartete, was als Nächstes geschehen würde.
Plötzlich zog er eine Augenbraue hoch und fragte: „Sie wissen nicht, ob Sie mir trauen können?“
Er sprach, als würden sie sich bereits kennen. Wenn diese Begegnung direkt nach ihrem ersten Blickkontakt stattgefunden hätte, dann wäre es Clarissa ganz natürlich vorgekommen, denn vorhin hatte sie tatsächlich eine unglaubliche Nähe empfunden. Doch jetzt schaute sie nur stumm zu ihm auf.
„Ich dachte, zwischen uns wären keine Förmlichkeiten nötig“, fuhr er fort. „Ich dachte, das, was unsere Herzen verbindet, reicht, um offen miteinander zu sprechen. Aber vielleicht erwarte ich zu viel.“ Er atmete tief durch. „Lassen Sie uns reingehen. Irgendwo treffen wir bestimmt Ihren Vater. Er wird für mich bürgen.“
Offenbar wusste dieser Mann, wer sie war. Und das war auch der Grund, weshalb er sich mit ihr abgab und nicht mit den schönen Frauen im Saal. Er hatte es auf sie abgesehen, weil sie die Tochter des Königs war, Prinzessin Clarissa D’Agostino. Und darin unterschied er sich nicht von anderen Männern, die sich für sie nur deshalb interessierten, weil sie königlichen Geblüts war.
Hatte Stella nicht erwähnt, dass er auf der Suche nach einer blaublütigen Frau war, die seine uneheliche Geburt wettmachen konnte? Vielleicht lag Stella falsch. Aber Clarissa wusste eines ganz genau: Es ging ihm nicht um sie, Clarissa. Weshalb auch?
Niemand hatte sie je gewollt.
Verletzt und gedemütigt antwortete sie endlich: „Das wird nicht nötig sein, Signor Selvaggio.“
Einen Moment lang wirkte er nicht mehr ganz so selbstsicher. „Sie kennen mich?“
„Ich weiß zumindest, wer Sie sind. Ferruccio Selvaggio. Der berühmte Reeder und vielleicht der neue Investor in Castaldinien.“
Ernst sah er sie an. „Im Augenblick bin ich nur ein Mann, der für den Rest des Abends Ihre Begleitung sucht. Essen Sie mit mir.“
Das war keine Bitte, sondern ein Befehl. Unter anderen Umständen wäre sie sofort darauf eingegangen, doch sie dachte daran, wie er sich zuerst um Luci und Stella bemüht hatte, ehe er die lukrativere Beute zu verfolgen begann.
Arrogant reckte sie das Kinn in die Höhe, wie man es Prinzessinnen beibrachte, die lernen mussten, unangenehmen Situationen aus dem Weg zu gehen, und bemühte sich, so kühl und bestimmt zu wirken, wie es ihr die zwei Dutzend höfischen Lehrmeister mühsam eingetrichtert hatten. „Danke für Ihre Einladung, Signor Selvaggio. Aber meine Situation erlaubt es mir nicht, mich an Ihrer Seite zu zeigen. Ich bin sicher, Sie finden eine andere Begleiterin, die erfreut über die Einladung sein wird.“
Sie sah, wie er unmerklich zusammenzuckte. Dann straffte er die imposanten Schultern. Er hatte verstanden, und sein Zorn über die Zurückweisung war deutlich spürbar.
Doch dann zuckte er die Achseln. „Zu schade. Aber irgendwann kommt die Zeit, in der Ihre … Situation Ihnen keine andere Wahl lässt, als mit mir zusammen zu sein.“ Damit nickte er kurz, drehte sich auf dem Absatz um und ging ein paar Schritte, ehe er sich noch einmal zu Clarissa umwandte. Bedrohlich sanft murmelte er: „Bis dann.“
1. KAPITEL
In der Gegenwart
Endlich.
Das Wort klang wieder und wieder in Ferruccio Selvaggios Kopf, und es erfüllte ihn mit bitterer Genugtuung.
Endlich hatte er Clarissa D’Agostino da, wo er sie haben
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