Heirate mich, Prinzessin!
viele Lagen Stoff wie möglich hüllen, hatte sie allerdings leider nicht befolgen können.
Aber er konnte ihr ja auch nicht das lange Haar bieten, das sie ersehnte. Fünf Tage waren einfach zu kurz, um es wachsen zu lassen.
Als die beiden jungen Frauen ihre Aufgabe erledigt hatten, traten sie zurück und begutachteten zufrieden das Ergebnis. Phoebe hatte das Ganze von einem Sofa aus beobachtet und applaudierte jetzt begeistert. Zuletzt kam Antonia und vollendete das Werk, indem sie der Braut die castaldinische Tiara aufsetzte und den üppigen Schleier aus durchsichtigem weißen Tüll an Clarissas Chignon befestigte.
Antonia wirkte gleichermaßen stolz und melancholisch. Clarissa wusste, dass sie an die verstorbene Königin dachte, die diese Tiara ebenfalls getragen hatte und ein so unglücklicher Mensch geworden war. Nach ihrem Tod hatte Durante darauf bestanden, dass Clarissa die Tiara zusammen mit dem übrigen Schmuck ihrer Mutter bekam. Er wollte eine Kopie der Krone anfertigen lassen, für den Fall, dass irgendwann eine neue Königin gekrönt werden würde.
Eigentlich wollte Clarissa diese Andenken gar nicht haben, doch Durante gab nicht nach, weil er der Meinung war, dass der Schmuck sie an die schönen Zeiten erinnern würde, als ihre Mutter die Tiara stolz und voller Anmut getragen hatte.
Allerdings hatte Clarissa die Schatullen, in denen der Schmuck aufbewahrt wurde, niemals geöffnet, und sie fragte auch nicht, wer es nun getan hatte, um die Tiara aus Anlass der Krönung herauszuholen.
Ab heute besaß sie jedes Recht, die Tiara zu tragen. Aber sie fragte sich, ob sie damit auch das Unglück ihrer Mutter erben würde.
Antonia legte ihr beide Hände auf die Schultern. Sie hatte feuchte Augen, als sie sagte: „ Cara mia , du bist wunderschön.“
Clarissa steckte ihrem Spiegelbild die Zunge raus und zog eine Grimasse. „Kleider machen Leute, nicht wahr? Du musst erleichtert sein, dass ich wenigstens ein Mal in meinem Leben dem Anlass angemessen gekleidet bin.“
„Unsinn“, widersprach das ehemalige Kindermädchen. „Du warst immer die schönste und eleganteste Prinzessin der Welt.“
„Ja, sag ihr das endlich mal, Antonia“, mischte sich Luci ein, die ein blassgoldenes Kleid mit eng anliegendem Mieder und ausladendem Rock trug. Den Brautjungfern war es gestattet, Zirkuszelte zu tragen. „Ich habe immer versucht, ihr klarzumachen, dass sie eine wirkliche Prinzessin ist. Nicht so wie die anderen affektierten, schrillen Exemplare ihrer Art. Aber sie wollte mir nie glauben. Anscheinend hat sie einen kleinen Minderwertigkeitskomplex, unsere Schöne. Woher der stammt, kann ich mir einfach nicht erklären.“
Gabrielle seufzte. „Man wird selten herausfinden, woher die Selbstzweifel eines Menschen kommen. Jede von uns besitzt Schwächen und kleine Geheimnisse, die sie niemandem offenbart.“
Stimmt, dachte Clarissa. Sie hatte Luci nie von den Misshandlungen erzählt, denen sie in ihrer Kindheit ausgesetzt gewesen war. Daher war Luci immer erstaunt gewesen, wenn sie bemerkt hatte, dass Clarissa manchmal unsicher oder schüchtern war. Vieles davon war Clarissa selbst unerklärlich.
Doch wenigstens eine Sache hatte sie heute begriffen: Immer hatte sie geglaubt, reines, strahlendes Weiß sei eine Farbe, die sie nicht kleidete, weil sie sie blass machte. Daher hatte sie bisher niemals Weiß getragen, abgesehen davon, dass sie sich um ihr Äußeres sowieso wenig Gedanken gemacht hatte, weil sie fand, es gebe nicht allzu viel, was daran bemerkenswert sei. Heute wurde ihr endlich klar, dass ihre Unfähigkeit, sich selbst zu lieben und schön zu finden, aus ihrer Kindheit herrührte.
Und als sie erneut einen Blick in den Spiegel warf, bemerkte sie plötzlich den Unterschied. Ihre Haut hatte einen goldenen Schimmer, ihr blondes Haar strahlte, und das weiße Kleid unterstrich ihre Vitalität und Lebensfreude.
Diese Lebensfreude war der Schlüssel zu ihrem neuen Selbstbewusstsein, ihrer neuen Schönheit. Und der Grund, weshalb sie sich nun viel selbstsicherer und weiblicher fühlte, war Ferruccio. Seine Blicke, seine Küsse, seine Art, ihre Sinne zu wecken, hatten Wunder gewirkt. Sie sah sich nun mit seinen Augen, fühlte sich begehrt und geschätzt.
Plötzlich zerriss laute Musik die Stille. Die königliche Blaskapelle spielte die Nationalhymne, was den Auftakt für die folgenden Zeremonien darstellte. Zuerst sollte Ferruccios Krönung stattfinden, danach sofort die Hochzeit.
Hastig wandte Clarissa
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