Heiß wie der Steppenwind
wollte. Ihm gegenüber stand, gebeugt über die Operationswunde, die junge Ärztin Dr. Pladunewja. Ein häßliches Mädchen mit stumpfen, braunen Haaren und einem viel zu großen Mund. Aber sie hatte eine Seele und sah Pjetkin oft stumm und dankbar an, wenn er wieder einen Menschen gerettet hatte.
»Machen Sie weiter, Wanda Nikolajewna«, sagte er. »Sie können es, ich weiß es. Nur Mut. Achten Sie auf den Stiel. Nur nicht so sehr an der Niere reißen. Ein Stielbluten ist immer kompliziert. Und sehen Sie den Harnleiter nach, ob sich dort ein kleinerer Stein festgesetzt hat. Keine Panik, Wanda Nikolajewna – Sie schaffen es …«
Er trat vom Tisch zurück, riß die Gummischürze ab, wischte sich den Schweiß von der Stirn, warf die Gummihandschuhe in einen Eimer und ging dann an der finster blickenden Dussowa vorbei aus dem OP. Sie folgte ihm und knirschte mit den Zähnen, als er sich zu ihrem Zimmer wandte und nicht zu seinem Wohnraum.
»Ich bin bereit, Genossin Chefärztin«, sagte er steif, als sie allein im Raum waren. »Sie haben hier zu befehlen, auch wenn ein Mensch dabei in Lebensgefahr kommt. Reden Sie mit mir.«
»Ich bin in Lebensgefahr!« schrie die Dussowa. Ihr Körper bebte. »Ich habe Marko gesehen!«
Pjetkin spürte eisige Ruhe in sein Herz fallen. »Ja, er ist hier«, sagte er gleichgültig.
»Du hast ihn nie erwähnt.«
»Warum? Ist er so wichtig?«
»Er bringt dir Nachrichten von Dunja –«
»Wie könnte er das? Dunja ist doch versetzt nach Omsk.«
»Ist sie das?«
»Du hast es selbst gesagt.« Pjetkin lächelte böse. »Oder hast du gelogen, Marianka?«
»Sie ist weg! Weg! In der Hölle! Igorenka –« Sie stürzte auf ihn und umklammerte seinen Nacken. Ihr Mund war aufgebrochen wie ein Vulkan. »Ich töte uns beide, wenn du dich weiter um Dunja kümmerst. Ich erfahre es … glaub nicht, daß du ein Geheimnis behalten kannst. Ich lese es an deinen Augen ab, ich höre es in deinem Atem, ich spüre es am Streicheln deiner Hände …« Sie stieß sich von ihm ab. »Ich werde die Gefahr abschneiden, ganz einfach abschneiden wie einen morschen Faden«, sagte sie leise und dunkel. »Ich werde Marko Borissowitsch vernichten … und du kannst es nicht verhindern, mein niederträchtiger Liebling –«
Sie rannte aus dem Zimmer, ehe Pjetkin antworten konnte. Mit einem dumpfen Laut stürzte er ihr nach und lief hinter ihr über den Gang. Die Angst um Marko schnürte ihm die Luft ab.
*
Nicht Godunow war es, der ins Gras beißen mußte, sondern der große, hakennasige und weiberjagende Dr. Wyntok. Er lag eines morgens tot in einer Schneelache, seine Hirnschale war eingedrückt, und er sah nicht mehr begehrenswert aus, sondern blutverschmiert, dreckig und hatte ein Gesicht, das im Schmerz verzerrt war. Ausgerechnet Skopeljeff fand ihn … Schon zwei Stunden später nahm eine Sonderkommission die Arbeit auf. Der politische Kommissar des Frauenlagers hatte sofort nach Besichtigung der unschönen Leiche seine vorgesetzten Kollegen in Workuta-Stadt angerufen, und die wiederum, schon im voraus sicher, überfordert zu sein, telefonierten mit der KGB-Zentrale in Perm.
Dobronin übernahm es, die Todesursache Wyntoks festzustellen. Nachdem man den Toten von allen Seiten fotografiert hatte, wurde der Platz abgesperrt und der lange Leichnam ins Lazarett transportiert. Dort scharten sich sämtliche Ärzte um Wyntok, schauten ihm in das verzerrte Gesicht und empfanden keinerlei Mitleid.
»Fangen wir an«, sagte Dobronin und warf Dunja eine Gummischürze zu. Sie fing sie auf und hing sie sich mit starrer Miene um. Kutjukow band sie hinten zu und half ihr, die Gummihandschuhe überstreifen. »Dunja Dimitrowna, Sie haben die besten Nerven. Sie haben dem lebenden Nikolai Michailowitsch widerstanden … da werden Sie vor dem toten keine Angst haben.«
Dobronin wusch den blutverkrusteten Schädel, und das Bild wurde klar. Die Hirnschale war eingeschlagen, als sei ein Felsblock mitten auf Wyntoks Kopf gefallen.
»Welch ein Schlag!« sagte Dobronin entsetzt. »Der Mörder muß eine Eisenstange benutzt haben …«
»Eine einfache Holzlatte.« Dunja zog aus den Haaren einige Splitter und hielt sie hoch. »Beim Zuschlagen muß die Latte zersplittert sein.«
»Kann man mit einer Latte einen Menschen wie Wyntok erschlagen?« Dobronin starrte die Holzteilchen an. »Er hatte doch eine ganz normale Schädeldecke. Er war doch kein Ei, das man einfach mit einem Löffelchen aufklopfen kann.«
»Wenn man die Latte dreht
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