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Heiß wie der Steppenwind

Heiß wie der Steppenwind

Titel: Heiß wie der Steppenwind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Ärztin, und der Lebensrhythmus einer Klinikärztin ist eintönig, von den Kranken vorgeschrieben. Das Leid überspült einen, bis man die Schreie und das Stöhnen nicht mehr hört, bis man selbst den armen Menschen nicht mehr sieht, sondern nur noch die Krankheit, bis alles zusammenschrumpft auf den Teil des Körpers, den man behandelt. Eine Armquetschung, eine Handamputation, ein Oberschenkelbruch, ein offener Schädel, ein eingedrückter Brustkorb, eine geknickte Wirbelsäule, ein Gesicht voller Glassplitter, ein weggerissenes Bein. Tag um Tag, und oft auch in der Nacht, nur blutende, verstümmelte Leiber … Unfälle in den Werken, Unfälle auf den Straßen … es war erstaunlich, wie gründlich sich die Menschen durch eigene Schuld dezimierten.
    Dreimal rief Dunja in Issakowa an und sprach mit Vater Sadowjew. Dimitri Ferapontowitsch saß dann immer im Parteihaus zitternd hinter seinem Tisch und brüllte in die Sprechmuschel: »Täubchen, wie geht es dir? Bist du gesund? Sind sie alle nett zu dir? Lüge mich nicht an! Ich komme sofort! Das ganze Dorf wird sammeln, daß ich zu dir fliegen kann! Und ich werde jeden, der dich beleidigt, an die Wand nageln! Mein liebes Schwänchen, meine kleine, blonde Nachtigall …« An dieser Stelle versagte ihm meistens die Stimme, und Dunja konnte endlich fragen:
    »Was hast du von Igor gehört, Väterchen?«
    »Nichts. Gar nichts! Er schweigt sich aus. Kein Brief, kein Telefonanruf. Zweimal habe ich ihm geschrieben, und zweimal habe ich in Chelinograd angerufen. Weißt du, was sie mir sagen: ›Der Herr Doktor hat keine Zeit!‹ Zu mir sagen sie das. Keine Zeit! ›Ha!‹, habe ich da gebrüllt, ›ich bin der Schwiegervater! Holt ihn her, mein Schwiegersöhnchen! Für mich hat er immer Zeit. Ich bin Sadowjew, seit dreißig Jahren Parteigenosse …‹ Und was tun sie? Sie hängen einfach ein. Leben in Chelinograd nur kastrierte Esel? Das kommt mir sehr merkwürdig vor, mein Täubchen … er macht sich aus dem Staub, dein Igorenka. Wie kann man nur so einen Menschen lieben, Dunjuscha?«
    »Sie werden uns überwachen«, sagte Dunja, und es gehörte Mut dazu, so etwas in ein Telefon zu sagen. Und siehe da … es machte knack in der Leitung, und die Verbindung nach Issakowa war unterbrochen.
    Im Krankenhaus Irkutsk aber legte der geheimnisvolle Mann in dem kleinen Büro eine neue Seite in die Akte Sadowjewa/Pjetkin und verschloß dann die Papiere in seinem Schreibtisch. Und wie Sinaida in Chelinograd wurde eines Abends auch der Arzt Dr. Tschepka angerufen:
    »Genosse Juri Dimitriwitsch, wie steht's? Wie weit sind Ihre Bemühungen um Dunja?«
    »Ich werde es mit schönen Worten nicht schaffen«, antwortete Dr. Tschepka und blies den Rauch seiner Zigarette in das Telefon. Er saß in seinem Zimmer auf dem Sofa und trank Grusinischen Kognak. »Sie ist ein wildes Tierchen, das man einfangen muß mit Netzen und Stricken.«
    »Dann stellen Sie die Fallen, Genosse. Enttäuschen Sie nicht die Zentrale. Sie haben etwas zu verlieren …«
    Tschepka nickte schweigend und legte auf. Man kommt nicht aus seiner Vergangenheit heraus, dachte er. Einmal ist man gestolpert, vor sieben Jahren, und man denkt, nun ist alles vergessen, sieben Jahre, das ist eine lange Zeit, da wächst soviel Gras, daß man eine ganze Kolchose damit ernähren kann. Aber nein, sie wissen alles beim KGB, sie vergessen nichts, sie haben immer die Rechnung bereit und legen sie vor, wenn es ihnen paßt.
    Tschepka trank noch vier Gläser Kognak, badete sich dann, zog über den nackten, mit einem herben Parfüm besprengten Körper nur seinen weißen Bademantel, schlüpfte in bestickte jakutische Pantoffeln und schlürfte den Gang hinunter zu dem Zimmer Dunjas. Die Tür war unverschlossen, als er die Klinke drückte, das Zimmer war leer, eine Flasche mit Limonade stand auf dem Tisch, ein halbleer getrunkenes Glas daneben. Der Duft von schweren, süßen chinesischen Zigaretten schwebte noch in der Luft.
    Ein Notfall, dachte Tschepka. Unfallstation. Ein miserabler Dienst. Nicht einmal diese schreckliche Limonade konnte sie austrinken.
    Er sah sich um, entschloß sich, Dunja einen kleinen Schock zu versetzen, zog den Bademantel aus und legte sich nackt in ihr Bett.
    Er wartete eine Stunde, rauchte sechs Zigaretten, trank sogar die süße Limonade aus, was ihm ein störendes Sodbrennen einbrachte, und löschte dann das Licht, als er auf dem Gang schnelle, trippelnde Schritte hörte.
    Zunächst war es der fremde Tabakgeruch, der Dunja

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