Heiße Hüpfer
sehr nachdenklich. »Wenn man einen Apfel ißt…«,
sagte er langsam. »Willst du etwa behaupten, daß man dann… Mit den
Bäumen war es schon schlimm genug.« Er unterbrach sich und schniefte.
»Ich glaube, ich bleibe besser bei Fisch. Ich meine, Fische regeln ihre
Angelegenheiten auf diskrete Weise. Wobei sie taktvolle Distanz wahren,
wenn ich mich nicht irre. Und weißt du, was ich von der Evolution halte,
Stibbons? Wenn sie wirklich existiert – und ehrlich gesagt, ich habe sie
immer für eine Art Märchen gehalten –, so muß sie schnell passieren.
Denk nur an die Lemminge.«
»Lemminge, Herr?«
»Ja. Die kleinen Biester, die dauernd von hohen Klippen springen und
so? Und wie viele von ihnen verwandeln sich unterwegs in Vögel? Nun?«
»Äh, natürlich kein ein…«
»Genau das ist es ja«, sagte Ridcully triumphierend. »Es dürfte wohl
kaum etwas nützen, wenn jemand von ihnen auf dem Weg nach unten
denkt: ›He, viel eicht sol te ich jetzt ein bißchen mit den Pfoten wackeln.‹
Nein, ein fallender Lemming sollte ernsthaft in Erwägung ziehen, sich
Flügel wachsen zu lassen.«
»Was, in ein paar Sekunden? Während er den Felsen entgegenstürzt?«
»Ein besonders guter Zeitpunkt.«
»Aber Lemminge verwandeln sich nicht einfach in Vögel, Herr!«
»Aber sie wären für eine solche Möglichkeit bestimmt sehr dankbar.«
Es grol te weit entfernt im kleinen Dschungel. Fast klang es wie nach
einem Nebelhorn.
»Bist du sicher, daß es auf dieser Insel keine gefährlichen Geschöpfe gibt?« fragte der Dekan.
»Ich glaube, ich habe einige Garnelen gesehen«, sagte der Oberste
Hirte nervös.
»Nein, der Erzkanzler hat recht, die Insel ist viel zu klein«, meinte
Ponder und versuchte, die Vorstel ung fliegender Lemminge zu
verdrängen. »Hier gibt es nicht genug Nahrung für ein Tier, das eine
Gefahr für uns darstellen könnte. Was sollte es fressen?«
Etwas stapfte durch den Wald. Baumstämme knirschten und knackten.
»Uns?« fragte der Dekan zögernd.
Ein Wesen kam aus dem Dschungel und erreichte den Strand. Es
schien hauptsächlich aus einem Kopf zu bestehen – aus einem riesigen
Reptilienkopf, der fast ebenso groß wirkte wie der Körper darunter. Das
Geschöpf ging auf zwei langen Hinterbeinen. Es hatte auch einen
Schwanz, aber angesichts der vielen Zähne am vorderen Ende waren die
Zauberer nicht geneigt, anderen Details mehr als nur flüchtige
Aufmerksamkeit zu schenken.
Das Wesen schnüffelte kurz und brül te.
»Ah«, sagte Ridcully. »Da haben wir des Rätsels Lösung – jetzt wissen
wir, auf welche Weise der Geograph verschwunden ist. Bravo, Oberster
Hirte.«
»Ich glaube, ich muß mal kurz…«, begann der Dekan.
»Rühr dich nicht von der Stel e!« preßte Ponder hervor. »Viele
Reptilien schenken Dingen, die sich nicht bewegen, keine Beachtung.«
»Ich habe vor, so schnell zu sein, daß mir überhaupt nichts Beachtung
schenken kann…«
Das Ungeheuer neigte den Kopf von einer Seite zur anderen und
stapfte los.
»Es beachtet keine reglosen Dinge?« fragte der Erzkanzler. »Wir
brauchen also nur zu warten, bis er gegen einen Baum pral t.«
»Frau Allesweiß sitzt noch immer da!« sagte der Oberste Hirte.
Sie war gerade damit beschäftigt, sich mit sehr damenhafter Würde
weichen Käse auf einen Keks zu streichen.
»Ich glaube, sie hat das Monstrum noch gar nicht bemerkt!«
Ridcully schob sich die Ärmel hoch. »Meine Herren, ich schätze, einige
Feuerkugeln sol ten genügen.«
»Wartet«, sagte Ponder. »Viel eicht handelt es sich um eine vom
Aussterben bedrohte Spezies.«
»Das gilt auch für Frau Allesweiß.«
»Aber sind wir berechtigt, etwas zu töten, das…«
»Natürlich sind wir das«, meinte Ridcully. »Wenn es die Absicht des
Schöpfers gewesen wäre, daß solche Wesen magische Feuerkugeln
überleben, so hätte er sie mit einer feuerfesten Haut ausgestattet. Na, wo bleibt da deine Evolution, Stibbons?«
»Aber vielleicht sollten wir es untersuchen und…«
Das Geschöpf beschleunigte. Es war erstaunlich, wie schnel eine so
schwere Kreatur werden konnte.
»Äh…«, sagte Ponder nervös.
Ridcully hob den Arm.
Das Ungeheuer verharrte, zuckte und wurde flach wie ein Gummibal ,
auf den jemand getreten ist. Als es seine Form zurückgewann, erklang
jenes Geräusch, das man manchmal hört, wenn ein unbegabter
Zauberkünstler Schwierigkeiten hat, sein Bal ontier mit Hinterbeinen
auszustatten. Wenn das Monstrum überhaupt so
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