Heiße Küsse unter kühlen Tannen (SANDRINE) (German Edition)
nicht«, versetzte sie. »Aber Carla hätte es auch anders sagen können. Der Ton macht die Musik, ver stehst du.«
»Ich verstehe nur, dass du neuerdings etwas überempfind lich bist, Jody«, erwiderte Nicholas nun ebenfalls ärgerlich. Er wollte an diesem bedeutenden Tag nicht mit irgendwelchen unwichtigen Problemen konfrontiert werden.
»Das ist ja wohl kein Wunder«, gab Jody ungewollt heftig zurück. »So wie Carla sich aufspielt ... «
»Das ist eben so ihre Art, Jody«, meinte Nicholas beschwichtigend. »Glaubst du, mit mir springt sie anders um? Hast du eine Ahnung, was ich mir von ihr in der letzten Zeit alles anhören musste. Und wie sie mich herumkommandiert hat!«
Da musste Jody ihm allerdings im Stillen recht geben. Carla hatte Nicholas ganz schön hart herangenommen, damit für die heutige Eröffnung seiner Ausstellung auch alles fertig wurde. Möglicherweise hätte es ohne Carlas energische Anordnun gen gar nicht geklappt.
Nicholas ließ sich von Carla davonziehen, um mit Althea Homberg, der Galeriebesitzerin, noch verschiedene Einzel heiten zu besprechen. Jody schlenderte unterdessen herum und sah sich Nicholas' Bilder an, die sie nur zum Teil kannte.
Es waren Aquarelle mit Tiermotiven aus den Rocky Moun tains. Sie waren bezaubernd, und Jody zweifelte nicht daran, dass sich Käufer dafür fanden. Vielleicht war diese Vernissage tatsächlich der Auftakt zu Nicholas' Erfolg.
Doch laut Doris Belvedere wollte Carla ihm ja nicht nur zum großen Durchbruch verhelfen, sondern auch noch einen verantwortungsbewussten Ehemann und Familienvater aus ihm machen, fiel es Jody ein. Und plötzlich hatte sie keine Zweifel daran, dass Carla auch das noch schaffte. Wenn Jody im näch sten Sommer tatsächlich wieder im Hotel Belvedere in Jasper arbeiten sollte, würden Nicholas und Carla vielleicht schon verheiratet sein.
Bei dieser Vorstellung stieg Jody ein Klumpen in die Kehle, den sie nur mühsam hinunterschlucken konnte. Nein, das würde sie nicht aushalten! Lieber arbeitete sie an irgendeiner Imbiss bude, bevor sie mit ansah, wie die beiden herumturtelten und vielleicht sogar schon Nachwuchs erwarteten!
»Wollen Sie sich nicht allmählich umziehen, Jody?«, fragte Althea in ihre Gedanken hinein. »In zwanzig Minuten werden die ersten Gäste eintreffen.«
»Oh, tatsächlich?« Jody lächelte die Galeriebesitzerin an. »Ich habe gar nicht bemerkt, wie die Zeit vergangen ist.«
Althea ging Jody voran in die angrenzenden Privaträume, wo sie ihre Reisetasche abgestellt hatte. Ihr rotes trägerloses Seidenkleid hatte sie gleich ausgepackt und aufgehängt.
»Brauchen Sie ein Bügeleisen?«, fragte Althea, während sie ein Tablett mit Hors d'Oeuvres aus dem Kühlschrank nahm.
»Nein, danke. Ich habe das Kleid gleich aufgehängt. Es hat so gut wie keine Knitter. Wo sind Nicholas und Carla eigentlich?«
»Sie holen gerade die Getränke ab«, antwortete Althea.
»Und wo sollen wir heute Nacht schlafen?«, wollte Jody weiter wissen. »Nachdem Sie so freundlich waren, uns einzu laden ...«
»Gleich hier drüben«, erklärte die Galeristin und deutete mit dem Kopf über den Flur. »Carla und Nicholas schlafen im Gästezimmer, und Sie können die Couch im Wohnzimmer nehmen. Sie ist bequemer, als sie aussieht.«
»Vielen Dank«, sagte Jody gepresst. Dann nahm sie ihr Kleid und verschwand im Bad.
Carla und Nicholas sollen sich also das Gästezimmer teilen, dachte sie bitter. Wie kam Althea zu einem derartigen Arrangement? Doch sicher nicht von ungefähr! Bestimmt hatten die beiden bei ihrem letzten Besuch in Edmonton auch schon dort zusammen geschlafen.
Das ertrage ich nicht, dachte Jody und fühlte sich hunde elend. Ich fahre sofort nach Hause! Doch dann fand sie es albern, einfach davonzulaufen. Sie wollte erst mit Nicholas sprechen.
Jody verdrängte ihren Ärger und konzentrierte sich darauf, sich sorgfältig zurechtzumachen. Das rote Kleid war das Neueste, was sie erstanden hatte, und war todschick mit dem raffinierten Rückenausschnitt. Ihr blondes Haar kämmte Jody zu einer verwegenen Frisur, dann trug sie Makeup auf und steckte sich große goldene Ohrringe an.
Als sie in die Galerieräume zurückkam, waren bereits die ersten Gäste eingetroffen. Jody war maßlos enttäuscht und unangenehm berührt beim Anblick der vergammelten Typen, die mit gelangweilten Gesichtern die Bilder betrachteten und sich dann dafür umso eifriger den alkoholischen Getränken zuwandten. Von diesen Leuten kaufte sicher keiner
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