Heißer Trip ins Glueck
eigentlich schon mal überlegt”, wollte sie nun spontan wissen, „wie Ihr Leben verlaufen wäre, wenn Ihre Mutter nicht weggegangen wäre?”
Darüber hatte Jacob sogar schon häufiger nachgedacht. Er ahnte aber, dass hinter Clairs Frage etwas anderes steckte. Vermutlich fragte sie sich, wie der Verlauf ihres eigenen Lebens gewesen wäre, wenn sie ihre leiblichen Eltern nicht verloren hätte.
Jacob zuckte die Achseln. „Dann und wann”, erwiderte er ausweichend. „Aber was hilft’s?
Man muss das Leben nehmen, wie es kommt.”
„Da haben Sie Recht. Man sollte sein Leben nicht gegen ein anderes eintauschen wollen.
Man sollte versuchen, das Beste aus seinem Leben zu machen.”
„Damit haben Sie ja schon angefangen, indem Sie gestern aus der Kirche gelaufen sind.
Dazu gehörte schon was.”
„Andererseits habe ich aber auch einer Menge Leute damit wehgetan.”
„Und was wäre gewesen, wenn Sie Oliver geheiratet hätten?” Jacob schaltete einen Gang herunter, um einen Lastwagen zu überholen.
„Damit hätte ich mir selbst wehgetan.”
„Ja, das denke ich auch.” Er lächelte Clair zu.
An der Straße stand ein Hinweisschild auf einen Ort namens Ambiance. Gleich dahinter erhob sich eine riesige Reklametafel für ein Drive-in, das seine Hot Dogs anpries.
„Wie wär’s denn jetzt mit einem schmackhaften Hot Dog, Miss Beauchamp?”
Clair lächelte zurück und antwortete in dem gleichen Tonfall: „Oh, ich wäre entzückt, Mr.
Carver. Aber nur, wenn es Ihnen keine Umstände macht.”
Da Clair und Jacob sich in stillem Einverständnis auf Ortschaften mit komischen Namen verlegt hatten, machten sie am Abend gegen halb sieben in Plug Nickel Halt und fanden dort Unterkunft im „Night Owl Motel”. Clair stieg aus und streckte sich nach der langen Fahrt. Sie war so weite Touren im Auto nicht gewöhnt. Auch wenn es im Flugzeug selten bequemer war, hatte ihre Mutter Reisen im Auto immer kategorisch abgelehnt.
Dagegen hatte Clair die heutige Fahrt, trotz ihrer Länge, richtig genossen: das Gefühl der Geschwindigkeit auf dem offenen Highway, die unterschiedlichen Landschaften, die links und rechts vorbeiflogen. Sie strich mit den Fingerspitzen über den makellosen, glänzend schwarzen Lack des Oldtimers. Ein Oldtimer könnte mir auch gefallen, dachte sie. Natürlich nicht so ein Straßenkreuzer wie dieser hier. Aber ein Mustang vielleicht oder eine spritzige Corvette.
Clair blickte auf, als sie plötzlich Countrymusic hörte. Sie kam aus einem Restaurant neben dem Motel, über dessen Eingang Neonröhren verkündeten, dass es sich um „Weber’s Bar and Grill” handelte. Die Tür war aufgegangen, und Arm in Arm kam ein junges Pärchen heraus, und eine Wolke von Barbecuedüften und Zigarettenrauch wehte zu Clair herüber.
Jacob war eine Tür weiter in das Motel gegangen. Durch die große Glasfront konnte Clair ihn an der Rezeption warten sehen. Er musste schon eine ganze Weile dort stehen, ohne dass sich ein Angestellter des Hauses hatte blicken lassen. Selbst auf die Entfernung glaubte Clair seine wachsende Ungeduld zu spüren.
Sie schlenderte über den mit Grasbüscheln bewachsenen Parkplatz, als ein staubbedeckter schwarzer Pick-up an ihr vorbeirumpelte und jemand einen lang gezogenen Pfiff ausstieß. Sie reagierte nicht darauf. Die beste Methode, mit Rüpeln umzugehen, war die, sie einfach zu ignorieren. Gleich darauf stellte sie allerdings fest, dass der Pfiff gar nicht ihr, sondern einer Blondine in einem kurzen schwarzen Lederrock und gefährlich aussehenden superspitzen Stilettos gegolten hatte. Sie mochte etwa ihr Alter haben, was bei ihrem dicken Make-up aber schwer aus zumachen war. Die platinblonde Frau hatte bei dem Pfiff nur einmal verächtlich den Mundwinkel verzogen. Jetzt rückte sie den Ausschnitt ihres knappen Tops zurecht und betrat das Restaurant.
Clair war fasziniert - ebenso von der Frau wie von dem Lokal, in dem sie verschwunden war. Nie zuvor war sie einem Ort wie diesem auch nur nah gekommen. Zu gern würde sie wissen, wie es drinnen aussah. Sie blickte an sich herunter. Ihre rosafarbene Bluse, die Shorts und die Sandaletten konnten mit der Garderobe der Blondine natürlich nicht mithalten. Aber was soll’s? sagte sich Clair. Ich will ja nur einmal einen Blick riskieren. Rasch sah sie noch einmal zum Motel hinüber. Jacob ging mittlerweile wie ein Tiger vor dem immer noch leeren Empfangsschalter auf und ab. Nur eine Minute, dachte sie.
Drinnen in dem Lokal gab es
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