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Heißer Winter in Texas

Heißer Winter in Texas

Titel: Heißer Winter in Texas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Powell
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Richtung
    Speisekammer, als ich bemerkte, daß irgend etwas ganz
    und gar nicht stimmte. Ich hatte Licht im Wohnzimmer
    brennen lassen, und jetzt war es aus, und ich konnte
    Zigarrenrauch riechen. Meine Pumpe schlug wie die
    Trommeln einer afrikanischen Fruchtbarkeitszeremonie.
    Ich versuchte mich zu beruhigen, meinen Herzschlag zu
    verlangsamen, und atmete vorsichtig durch den Mund
    ein. Ich kniff meine Augen zusammen, um sie schneller
    an die Dunkelheit zu gewöhnen.
    In diesem Moment berührte etwas mein Bein. Für
    einen
    Augenblick
    durchzuckte
    mich
    die
    Horrorvorstellung, daß sich ein verstümmeltes
    Höllenmonster mit blutigen Klauen über meine Wade
    hermachen würde, und ich konnte nicht nach unten
    schauen. Doch es war nur Anice, die froh war mich zu
    sehen und auf den Hinterbeinen tanzte, damit ich sie
    hochnahm. Ich griff sie mir und legte die Hand über
    ihre Schnauze, damit sie nicht plapperte. Es war zu
    erwarten, daß sie zwar den Eindringling nicht einmal
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    angebellt hatte, bei meinem Anblick aber ein großes
    Gejaule anstimmen würde. Sie warf den Kopf zurück,
    und die Anhänger an ihrem Halsband klapperten. In
    meinen Ohren klang es wie die Fabriksirene zur
    Mittagspause. Mir wurde so schwindlig, daß ich dachte,
    ich könne mich nur noch hinlegen und darauf warten,
    von den Engeln gen Himmel getragen zu werden.
    Direkt gegenüber, in meinem Arbeitszimmer,
    flüsterte eine Stimme: »Was war das für ein Geräusch?«
    »Das war sicher die Töle. Mach dir keine Sorgen.
    Wenn die Dame nach Hause kommt, haste ja deinen
    Schießprügel, oder nich‹? Mußt‹n halt benutzen.« Die
    Stimme, die antwortete, war so heiser, daß sie fast wie
    Froschquaken klang.
    »Laß uns Leine ziehen, Tully«, sagte die erste Stimme
    nervös. »Das sollte doch nur‹n gewöhnlicher Bruch sein.
    Von Killen hat mir niemand was gesagt – und schon gar
    keine Dame.«
    »Heilige Scheiße, was‹n feiges Huhn. Okay, wenn
    du‹s hast, machen wir halt die Fliege«, krächzte die
    zweite Stimme. Sie klang wie eine stumpfe Säge, die
    eine Eichenplanke zerteilen sollte.
    Ich war schweißnaß vor Angst. Lieber Gott, bitte laß
    sie durch die Vordertür rausgehen. Ich sah mich schnell
    nach einer Waffe oder einem Versteck um. Ich fühlte
    mich wie ein in Gips gelegter Tausendfüßler. Da war
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    nichts – das hatte ich bereits gewußt, bevor ich mich
    umgesehen hatte. Lieber Gott, bring mich hier lebend
    raus, und ich versprech‹ dir, ich tu‹ irgend etwas für
    dich. Ich weiß im Moment noch nicht, was es sein wird,
    aber bestimmt etwas Großartiges. Ich warf einen
    sehnsüchtigen Blick zur Hintertür, aber ich wagte mich
    nicht zu rühren. Ich drückte Anice fest an mich. Diese
    verdammte Hündin brauchte eine Diät, sie wog
    mindestens eine Tonne.
    »Sehn wir uns nochmal um – vielleicht gibt‹s noch
    was, was wir brauchen können«, raspelte Tully.
    Stromstöße schossen durch meinen Körper. Ich
    konnte mich nicht entscheiden, ob ich einen
    verzweifelten Sprung quer durch die Küche nach dem
    Fleischmesser
    machen
    oder
    bewegungslos
    stehenbleiben sollte.
    Ich hörte Schritte auf die Küche zukommen.
    »Verdammt, Tully, ich piß‹ mich gleich voll. Wir
    ha‹m, was wir wollten. Nix wie weg hier.« Die erste
    Stimme wurde schrill. Ich hoffte, sie verschwanden
    endlich – der Gedanke an Einbrecherpisse auf meinem
    Arbeitszimmerteppich beglückte mich auch nicht
    sonderlich.
    »Ja, in Ordnung, verdammt!« knurrte Tully.
    Ihre Schritte entfernten sich Richtung Wohnzimmer,
    und dann fiel die Vordertür ins Schloß.
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    Ich wartete so lange, bis alle Feuer der Hölle zu
    Eiszapfen gefroren waren. Dann atmete ich aus.
    Schließlich kriegte ich meine Beine dazu, sich in
    Bewegung zu setzen, und ging durch den Flur ins
    Schlafzimmer, um meinen Revolver aus der Kommode
    zu holen. Es war ein kleiner 38er Colt. Selten hatte ich
    etwas so Tröstliches in der Hand gehabt wie jetzt diese
    Waffe. Ich setzte Anice wieder auf den Boden und
    begann, das Haus vom Badezimmer bis zur
    Abstellkammer zu durchsuchen. Ich sah auch unter dem
    Bett nach sowie an allen anderen Orten, an denen sich
    jemand verstecken konnte. Als ich mich versichert hatte,
    daß wirklich niemand mehr da war, schloß ich die
    Vordertür ab und knipste das Licht an. Mein Herz raste
    immer noch.
    Dann stand ich mitten im Wohnzimmer, den
    Revolver drohend auf mögliche Einbrecher gerichtet,
    und knurrte: »Okay, ihr Schmeißfliegen, jetzt kommt.
    Ich bin

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