Heißer Winter in Texas
den Verkehr mußte ich zwei Runden
um den Block drehen, schimpfte wie ein Rohrspatz und
verfluchte all die Widerlinge, die sich hier nur
herumtrieben, um mir einen Parkplatz vor der Nase
wegzuschnappen. Ich war schon drauf und dran, mein
Brecheisen schwingend aus dem Wagen zu springen,
um ein Ford T-Modell zu demolieren, das vor mir
entlangkroch und mehr Rauch ausstieß als eine
Ölraffinerie in Baytown, doch da erspähte ich einen
Parkplatz und hechtete hinein. Ich ging die anderthalb
Block zum Pfandleihhaus zu Fuß und mußte den Mantel
ausziehen. Die Temperaturen waren auf 25 Grad plus
geklettert, und bei der Luftfeuchtigkeit fühlte ich mich
wie am Äquator. Keine Ahnung, warum bei diesem
verdrehten Wetter noch nicht die gesamte Bevölkerung
von Houston an epidemischer Lungenentzündung
gestorben war.
Zwei Frauen, die nach Sekretärinnen aussahen,
kicherten die Drei-Dollar-Hochzeitsringe in der
Schmuckauslage von Krön an. Ich strich an den Ringen,
Armreifen und Manschettenknöpfen vorbei und zu den
Schaukästen mit Revolvern. Hinter der Theke stand ein
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teiggesichtiger Angestellter mit glänzenden schwarzen
Haaren und telefonierte. Er bedachte mich mit einer
spöttischen Grimasse.
»Ich ruf später zurück«, sagte er, »hab‹ gerade einen
Kunden.« Er wandte den Kopf zur Seite und flüsterte
laut: »Es ist eine …«, hier senkte er die Stimme, damit
ich nicht hörte, wofür er mich hielt, aber ich konnte es
mir denken. Er prustete höhnisch, legte den Hörer auf
und musterte mich langsam von oben bis unten. Dann
fragte er: »Was kann ich für Sie tun, kleine Dame?«
Ich holte tief Luft. »Ich würde mir gern einen
kleinkalibrigen Revolver ansehen.«
Er quatschte in hochnäsigem Tonfall über die
Vorzüge des einen und die Möglichkeiten des anderen,
während er sie aus dem Schaukasten holte. Sein
viertelstündiger
Pflichtvortrag
wimmelte
vor
überflüssigen Fremdwörtern, die er fast durchweg
falsch aussprach, aber schließlich war ich nicht
hergekommen, um ihm Nachhilfe in Englisch zu geben.
»Darf man fragen, wozu in aller Welt Sie überhaupt
einen Revolver zu brauchen glauben, kleine Dame?« Er
lächelte verächtlich.
»Man darf. Ich glaube einem Kerl auf zwanzig Schritt
Entfernung den Schwanz abschießen zu müssen, und
dazu brauche ich eine zielsichere Waffe. Ich schieße
ungern daneben.« Da war sie wieder, die kleine, bissige,
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lesbische, angriffslustige bulldyke auf meiner Schulter.
Eigentlich hatte ich sie zu Hause lassen wollen.
Der Verkäufer wurde ein bißchen blaß um den Mund,
seine zusammengekniffenen Lippen so weiß wie die
Kapuzenmäntel des Ku-Klux-Klan. »Nun, da bin ich
etwas überfragt. Hier kommen nicht viele Leute her, die
eine Waffe für exakt diesen Zweck brauchen. In der Tat
bin ich überzeugt, daß ich noch nie einen Kunden hatte,
der mir mitgeteilt hätte, daß er für etwas Derartiges
einen Revolver benötige.«
»Nun ja, vielleicht haben Sie die anderen nicht so
angeödet. Ich kann Ihnen versichern, selbst wenn ich
vor Betreten dieses Ladens niemandem den Schwanz
hätte abschießen wollen, würde mir dieser Wunsch
gekommen sein, nachdem ich Ihrem pompösen,
eingebildeten Geschwafel zuhören mußte. So. Ich
nehme diesen 25er Dreyse Taschenrevolver und eine
Schachtel Munition. Bitte.«
Sein Mund hing in seinem Gesicht wie ein schief
eingenähter Reißverschluß in einer billigen Stoffhose,
und er hielt ihn bis zum Abschluß unseres Handels
geschlossen. Ich hatte mehr Energie auf ihn
verschwendet, als er verdient hatte, aber wenn ich
dadurch einem anderen Kunden die Qual des Zuhörens
erspart hatte, war es der Mühe wert gewesen. Auf einer
Wolke der Selbstzufriedenheit schwebte ich aus dem
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Laden, überzeugt, daß ich einmal mehr das Meine getan
hatte, um die Welt zu einem angenehmeren Ort zu
machen. Während ich zum Wagen zurückging, lud ich
den Revolver und schob ihn in die Hosentasche. Ich
hoffte, daß ich ihn nicht brauchen würde, aber nach
dem, was Joe passiert war, wollte ich kein Risiko
eingehen.
Ich fuhr zum Haus der Republik. Laut Wegweiser
befand
sich
der
Club
der
amerikanischen
Gewerkschaften im siebten Stock. Ich nahm den
Fahrstuhl. Zur Beruhigung tastete ich nach der Waffe in
meiner Tasche.
Hinter der Bar bediente ein kleiner, drahtiger Mann.
Sein Haar war in der Mitte gescheitelt und mit Pomade
an den Schädel geklebt. Er starrte mich an und neigte
den Kopf im
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