Heißer Winter in Texas
war. Als
John nicht hinsah, trat sie mir gegen das Schienbein und
zwinkerte heftig.
John stemmte die Hände in die Seiten. »Warum hast
du das nicht gleich gesagt?« Damit tänzelte er einen
Schalter weiter und begann, das Abflugjournal zu
überprüfen.
»Heiliger Strohsack!« knirschte ich durch die Zähne.
»Warum schnappst du dir nicht gleich einen
Lautsprecher und posaunst es im ganzen Flughafen aus?
Und was soll der Blödsinn mit der Scheidung?« Ich
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stampfte ihr auf die Zehen, um mich für den Tritt ans
Schienbein zu revanchieren. Tony betrachtete uns mit
Argwohn. Ich wandte mich ihm zu. »Hallo, Tony. Es
dauert höchstens noch zwei Minuten.«
John kam zurückgeschlichen, hielt die Lippen
unbeweglich und quetschte aus einem Mundwinkel:
»Bolivien.«
»Bolivien?« fragte ich verwirrt. »Bolivien.« Ich
wiederholte es langsam, in der Hoffnung, daß mir
dadurch ein Gedanke käme.
»Hab‹ ich doch gesagt«, murmelte er, immer noch
aus dem Mundwinkel. »Ich wünsch‹ dir, daß es die
Scheidung leichter macht.«
Gael zuckte die Achseln. »Sie ist sehr reich, und er
will den Daumen auf dem Geld behalten. Er hat
angekündigt, daß er nur in die Scheidung einwilligt,
wenn sie ihm die Hälfte von ihrem ganzen Besitz
überschreibt. Einschließlich des Hundes.«
»Einen halben Hund?« John hob empört die Stimme.
»Wenn ich an ihrer Stelle wäre, würde ich dem Kerl
einen Klumpen Dreck in die Hand drücken und sagen:
›Das ist alles, was du jemals von Tara bekommen
wirst!‹«
Mir war schleierhaft, wovon er sprach, aber ich
dankte ihm. Es goß wieder in Strömen, als wir mit Tony
zum Wagen rannten und hineinsprangen. Anice wedelte
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erfreut mit ihrem Schwanzstummel und biß mich in die
Nase. Ich saß da und hielt den Blick auf den Eingang
gerichtet.
»Was ist? Worauf wartest du – aufs Christkind?«
fragte Gael irritiert.
»Ich will wissen, was er macht, wenn er rauskommt.«
»Wahrscheinlich nichts anderes als andere Leute –
zwischen der Sonne und uns stehen und in allen
Regenbogenfarben leuchten. Was immer er vorhat –
welchen verdammten Unterschied macht das schon?«
Sie wurde wie üblich ungehalten, wenn sie länger als
eine halbe Stunde ohne eine Tasse Kaffee und eine
Zigarette auskommen mußte.
»Warum rauchst du nicht eine Zigarette und hältst
die Klappe?« knurrte ich und rutschte auf dem Sitz
tiefer, so daß ich gerade noch übers Armaturenbrett
schauen konnte.
»Was hast du denn jetzt vor? Du siehst aus wie ein
Zwerg, der versucht Auto zu fahren. Wenn du dich
unverdächtig verhalten willst, solltest du dir etwas
anderes einfallen lassen.«
Ich wedelte mit der Hand, sie solle still sein. Sie holte
eine Camel heraus und zündete sie an.
Eine schwarze Limousine näherte sich dem Gehsteig,
und Andrew Delacroix schritt darauf zu. Er war nicht
einfach nur reich, er sah auch danach aus – reich und
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privilegiert. Er war hochgewachsen und hielt sich
uniform gerade, obwohl er meines Wissens nie beim
Militär gewesen war. Der Wagen glitt wichtig davon,
geräuschlos bis auf das Wischen von Reifen auf nassem
Beton.
»Regierungsfahrzeug«, beobachtete Gael durch die
Wolke blauen Dunstes, die ihren Kopf einhüllte.
Ich schaute dem Wagen nach und erkannte am
Nummernschild, daß sie recht hatte. Ich haßte es, wenn
anderen auffiel, was mir entgangen war. Einen Moment
lang erwog ich, so zu tun, als sei das ohne Belang, damit
sie nicht die nächsten fünftausend Ewigkeiten darauf
herumritt.
»Du hast recht. Das war mir ganz entgangen. Wie
gut, daß ich dich bei mir habe«, sagte ich fröhlich, um
wenigstens den Ruf einer guten Verliererin zu
bekommen. Gael beäugte mich skeptisch.
Auf dem Weg zur Stadt befragte mich Tony zu Joes
Ableben. Ich ersparte ihm die Details und verschwieg
auch Colette Chateau, die Wohnung im Plaza und die
Möglichkeit, daß Joe in unsaubere Geschäfte verwickelt
gewesen war.
Bei Earthmans Bestattungsinstitut angelangt, nahmen
Gael und ich auf den unbequemen Stühlen im schlecht
beleuchteten Warteraum Platz und ließen Tony allein
mit dem geschlossenen Sarg, der mit weißen
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Blumenarrangements bedeckt und von brennenden
Kerzen umgeben war. Der Eigentümer des
Bestattungsinstituts war ein blasser Mensch. Er
erinnerte mich ungemein an jene Fischspezies, die so
lange in Unterwasserhöhlen lebt, daß sie zu blinden
Albinos mutiert. Sein ganzes Wesen drückte
würdevollen Ernst aus. Ich hätte
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