Heißer Zauber einer Nacht
nur zu schützen versucht.«
»Nun, darüber wird ein Gericht urteilen«, sagte Colin, bevor er die Kabinentür schloss. Er befahl einem der Männer, draußen Wache zu halten, und dann hörte Georgie, wie sich seine Schritte zu seiner eigenen Kabine hin entfernten.
Ein paar Minuten später wurde die Tür von Georgies Kabine geöffnet, und für einen wilden Moment dachte sie, Colin wäre zurückgekehrt, um mit ihr über die Sache zu sprechen, doch es war nur Mr Livett, der Chloes Wiege hereinbrachte.
Schweren Herzens legte Georgie ihre Tochter in die Wiege, in das Geschenk, das ihre Zweifel über den Mann, den sie li ebte, beseitigt hatte.
Für den Rest der Nacht ging Georgie unruhig zwischen den beiden Kojen auf und ab.
Wenn Colin ihr doch nur glauben, ihr vertrauen würde!
Bei jedem Schritt wurde ihr klarer, dass sie nur das Offenkundige ignorierte.
Sie hätte ihm glauben, ihm vertrauen müssen.
Erschöpft legte sie sich schließlich hin. Die Hand auf Chloes Wiege, eine ständige Erinnerung daran, was sie verloren hatte.
Was sollte sie nur tun? Wie konnte sie ihn jemals davon überzeugen, dass sie keine Spionin war?
Sie schloss die Augen und weinte stumme Tränen. Und in ihrem Kummer fiel sie in tiefen Schlaf, diesmal nicht von Träumen gequält.
Wenn ihre Lage in der Dunkelheit der Nacht schon schlimm gewirkt hatte, dann brachte die Morgendämmerung eine Katastrophe.
Georgie fing sich, kurz bevor sie von ihrer Koje gefallen wäre, denn die Sybaris legte sich hart nach Backbord. Das Schiff ächzte und knarrte, als es mit Höchstgeschwindigkeit durch die Wellen pflügte. Auf Deck und in den Gängen hörte sie die Crew durcheinander laufen, als flüchte sie vor dem Teufel.
Sie stand auf und lief zum Bullauge.
Eine Schaluppe näherte sich ihrer Position. Kaum ein so großes Problem, dass eine so drastische Kursänderung nötig gewesen wäre, doch dann erkannte sie, dass das kleine Schiff nicht allein war. Als sie vorausspähte, entdeckte sie ein anderes Schiff, das auf die Sybaris zuhielt.
Georgie schluckte. Eine Schaluppe mit nur vierundzwanzig Geschützen war das eine, doch ein zweites Schiff stellte selbst für die größere und besser bewaffnete Sybaris ein Problem dar. Wenn Colin als Kapitän nur halb so gut war, wie sie annahm, dann würde er keine Schwierigkeiten haben, beide Schiffe abzuhängen, bevor sie zu viel Schaden anrichten konnten.
Doch da war etwas an dem hektischen Durcheinander an Deck, an den hämmernden Schritten und aufgeregten Rufen, das in ihr den Verdacht weckte, dass noch mehr Gefahr drohte.
Sie blickte zur gegenüberliegenden Koje, auf der Kit leise schnarchte. In der Wiege schlief Chloe, eingehüllt in ihre Decken.
Georgie kleidete sich schnell und leise an. »Vorsichtig öffnete sie die Kabinentür. Der Wachtposten hatte seinen Platz verlassen, und so konnte sie ungehindert an Deck gehen.
Als sie die Leiter zum Achterdeck hochstieg, entdeckte sie Colin . Er stand neben dem Steuer, die Beine gespreizt, die Arme vor der Brust verschränkt. Er trug eine dunkle Hose und ein weißes Hemd, und sein dunkles Haar war zu einem Pferdeschwanz zurückgebunden. In seinem Hosenbund steckten zwei Pistolen, zusätzlich hatte er einen Säbel umgeschnallt.
Sein Anblick raubte ihr den Atem.
Neben Colin lamentierte Mr Pymm. »Ihr müsst fliehen. Wir dürfen uns nicht gefangen nehmen lassen.«
»Meint Ihr nicht, dass ich das seit der Morgendämmerung versucht habe? Aber wir haben vielleicht keine Wahl. Wie schon gesagt, bereitet Euch auf das vor, was wir besprochen haben. Wenn sie die Sybaris entern, bleibt Euch nichts anders übrig, als die Dokumente zu vernichten.«
»Uns entern?«, kreischte Mr Pymm. »Ich hoffe, Ihr habt nicht vor, sie so nahe herankommen zu lassen.«
»Ich würde es ebenso vorziehen, zu entkommen«, erwiderte Colin und blickte zu den Segeln hoch. »Aber der Wind flaut ab, und sie sind noch im Vorteil.«
Entern? Gefangen nehmen? Warum erwog Colin auch nur, die Sybaris gegenüber zwei Schaluppen aufzugeben?
Georgie kletterte aufs Achterdeck und erkannte den Grund für Colins düstere Prophezeiung.
Sie waren fast abgeschnitten.
Durch das Bullauge hatte sie die beiden kleineren Schiffe gesehen, nicht jedoch das Großschiff aus dem Flottenverband, das auf sie zuhielt. Seine Geschützluken standen auf, die Geschütze waren feuerbereit, alle Segel waren gehisst und nutzten die Reste der Morgenbrise. Mit dem Vorteil des Windes zogen die französischen Schiffe ihr
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