Heißes Geld
Mord wie für den Kassensturz – aber durchbummelte Nächte gehörten wohl zu den Tributen, die der beträchtliche Altersunterschied zu seiner Blondine forderte. Im übrigen wäre der Katzenjammer Nareikes sein Nutzen, nicht sein Problem.
Saumweber-Seligmann saß zur Stunde sicher noch in seiner Villa ›Favorita‹, um – wie eine Giftspinne mit der Gefährlichkeit einer Viper – das Netz zu vervollständigen, in dem er seinen Gegenspieler fangen wollte, an verbalen Garantien bastelnd, da er tatsächliche nicht geben könnte. Sicherheiten gäbe es keine, aber mit einer Offerte könnte die Giftspinne versuchen, sich Linsenbusch nützlich zu erweisen, ihn zum Beispiel wissen zu lassen, daß der Testamentsvollstrecker der Greenstone-Family hinter ihm her sei, um ihm das heiße Geld abzujagen. Henry traute dem Waffenhändler ohne weiteres zu, daß er mit dem Menschenhändler hinter seinem Rücken halbpart machte, aber er wußte auch, daß Saumweber wenig Chancen hätte, den Montagmorgen noch zu erleben, so er sich nicht besondere Schutzmaßnahmen einfallen ließe. Linsenbusch war nicht der Mann, der ohne weiteres vor einem Erpresser kapitulierte, und das wüsste sein früherer Handlanger wohl am besten und arbeitete als gelernter Doppelagent sicherlich auch mit Doppelsicherung.
Henry mußte verhindern, daß die beiden Skorpione ihr Todesduell im Glas verschieben und entkommen würden, er konnte nur Misstrauen und Wachsamkeit dagegensetzen. Der Jurist wich vom Thema ab und wandte sich dem erfreulicheren Aspekt zu, daß Babs gleich in Mailand landen und in das Lufttaxi nach Ascona umsteigen würde. Obwohl sie zu den Akteuren dieses Falls gehörte, schaffte Sigis Schwester, was dem Tag, der Sonne und dem Lago misslungen war: Henry von seinen Überlegungen um die Affäre Linsenbusch kurzfristig abzulenken.
Die ›La Palma‹-Telefonistin meldete sich. Das polyglotte Mädchen teilte Henry auf Englisch mit, daß er aus Washington verlangt würde: »Just a moment, please«, bat sie; es dauerte nur ein paar Sekunden, dann sagte eine befehlsgewohnte Stimme mit gewinnender Freundlichkeit: »Congratulations, Henry – blendende Arbeit, und das in Rekordzeit.« Der CIA-General Rings stellte fest: »Du hast also den Mann gefunden.«
»Richtig, Lionel«, bestätigte Henry. »Aber du rufst sicher nicht an, um mir vorzuführen, wie allgegenwärtig dein Verein ist.«
»Ich bin gerade beim Morgenrapport«, entgegnete der CIA-Gewaltige. »Einer unserer V-Männer hatte sich mit der dringenden Bitte an die ›Minnesota Equipment Company‹ gewandt, dich unverzüglich zu checken.«
»Wohnt dieser Mann zufällig in Locarno-Muralto?«
»Wir reden von der gleichen Person«, erwiderte der zivile General, ohne Saumwebers Namen zu nennen.
»Ganz schön hinterhältig, der Bursche, was?«
»Damit mußt du rechnen, Henry«, antwortete Lionel M. Rings. »Und das tust du ja auch. Wir haben dich natürlich empfohlen wie das Lockangebot im Supermarkt«, fuhr er fort: »Der Mann weiß jetzt, wie beliebt du bei uns bist und wird es nicht wagen, sich an dir zu vergreifen.«
»Richtig beruhigend«, spottete Henry.
»Aber es wird ihn nicht daran hindern, dich nach Strich und Faden zu hintergehen, wenn du ihm trauen solltest.« Nach einer kurzen Pause fragte er: »Nervös?«
»Die Ruhe vor dem Sturm.«
»Und wann bricht er los?«
»Spätestens morgen«, antwortete der Anwalt. »Entweder komme ich morgen zum Ende, oder nie.«
»Sei nicht so pessimistisch, mein Junge«, entgegnete der hohe Gönner: »Wie du weißt, halten wir uns aus der Sache heraus, aber wir sind eine unsichtbare und wohlwollende Claque, Henry.« Unvermittelt fragte der Mann aus Washington: »Aber wenn du Hilfe brauchst?«
»Hilfe nicht«, erwiderte Feller. »Aber eine Absicherung für den Case of emergency. Es würde mich beruhigen, wenn morgen auf den Airports von Mailand, Zürich und Lissabon sicherheitshalber wachsame Augen nach einem 60jährigen Passagier suchen würden, der eventuell in blonder Damenbegleitung nach Rio abfliegen will.«
»Wird erledigt«, erwiderte der CIA-Gewaltige. »Aber wie ich dich kenne, ist für den Mann Brasilien weiter entfernt als der Mond.« Er lachte und kam ins Plaudern: »Du hast verdammt viel bei uns gelernt und wenig vergessen. Wir sind richtig stolz, daß du bei uns angefangen hast.«
Er konnte seinen früheren First-Lieutenant nicht bluffen: Henry wußte, daß die Zeit eines stellvertretenden CIA-Vize und Verbindungs-Officers
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