Helden-Maus
mich vor geschlossenen, engen Räumen fürchte. Das einzige, was mich bisher dazu bewegt hat, diese ganzen unterirdischen Gänge zu durchlaufen, war das Wissen, dass dies ja nur die Kürbiswelt ist.«
»Ich kann aber Tunnelv graben«, meinte Volney. Er streifte seine Sonderkrallen über und tauchte förmlich in den Schnee, hinter ihm stoben die Schneemassen nur so davon. Kurz darauf war er in dem Loch verschwunden, das er gegraben hatte.
»Deine Platzangst hat sich aber nicht in deinem Alptraum geäußert«, bemerkte das Skelett.
»Das stimmt«, antwortete sie überrascht. »Ich hatte größere Angst vor dem Abgelehntwerden als davor, von Erdmassen begraben zu werden. Wenn ich meine schlimmste Angst meistern konnte, müsste ich ja wohl auch meine kleinere Angst besiegen können.« Sie warf sich in die Brust. »Jedenfalls werde ich es versuchen.«
»Aber es wird zu lange dauern, um ein Loch zu graben, das groß genug für uns alle ist«, wandte Esk ein.
»Wir können uns einen provisorischen Unterschlupf aus Schnee bauen, bis die Grabungsarbeiten fertig sind«, sagte Chex. Sie versuchte den Schnee mit den Händen aufzuschaufeln, doch der Schnee war zu kalt, und sie wurde langsamer; sie war im Begriff zu erfrieren. »Ach, wenn ich doch nur eine Schaufel hätte!« rief sie und schob die Hände unter die Flügel.
»Lass mich deine Schaufel sein«, sagte Mark. »Verpass mir einen Tritt.«
»Wie bitte?« fragte Esk.
»Verpass mir einen Tritt, dass ich auseinander fliege, und mach aus meinen Knochen eine Schaufel«, erläuterte das Skelett.
»Oh, ja!« meinte Chex. »Beug dich vor.«
Mark gehorchte, und sie drehte sich um, um ihm einen mächtigen Tritt ins knochige Hinterteil zu verpassen. Die Knochen flogen auseinander, verbanden sich aber wieder zu einer Kette.
Chex machte daraus eine grobe Schaufel, wobei die langen Beinknochen als Griff dienten und die Rippen als eigentliches Schaufelblatt. Mit den übrigen Knochen formte Esk eine andere Schaufel, deren Blatt aus dem grinsenden Totenkopf bestand. Zwischen beiden Schaufeln zog sich ein Verbindungsband aus winzigen Knochen; anscheinend brach Mark nie völlig auseinander.
So machten sie sich ans Graben und kamen dabei gut voran. Die Anstrengung wärmte sie auf, und diese sonderbaren Knochenschaufeln leisteten ihnen gute Arbeit. Anscheinend erleichterte die Magie des Skeletts die Arbeit mit jedem Werkzeug, zu dem man die Knochen zusammengesetzt hatte. Schon bald hatten sie ein großes Loch ausgehoben.
Volney hatte mittlerweile immer mehr in die Tiefe gegraben, und nun erschien sein Kopf plötzlich im Loch. »Ich habe eine Höhle gefunden«, berichtete er. »Aber möglicherweive wäre ev unklug vie vu betreten.«
»Wieso denn?« fragte Esk. »Wir können hier nicht sehr viel länger bleiben, sonst erfrieren wir noch.«
»Möglicherweive gibt ev da noch ein anderev Ungeheuer.«
Chex hörte auf zu graben. »Ist es eine warme Höhle?«
»Bequem. Aber…«
»Dann riskieren wir es einfach mit dem Ungeheuer!« rief sie.
»Aber was ist mit dem Pfad?« fragte Esk. »Wir müssen doch dem Pfad folgen!«
»Der Pfad ivt dort«, erwiderte Volney.
»Damit ist die Sache entschieden«, meinte Chex. »Wenn ich dein Loch hinunterklettern kann, werde ich es tun!«
»Gleich«, lautete Volneys Antwort. Er machte sich wieder ans Graben, und schnell wurde das Loch breiter. Schon bald war es breit genug für Chex, um sich hindurchzuquetschen – jedenfalls ihrer Schätzung nach.
»Schieb mich von hinten an, wenn es nötig sein sollte«, sagte sie zu Esk und reichte ihm ihre Schaufel. »Und ignorier mich einfach, falls ich schreien sollte. Es könnte sein, dass ich in törichte Panik verfalle.« Sie musste Kopf und Schultern weit vorbeugen, ihre Vorderläufe mit den Händen packen und die hinteren Hufe weit ausstrecken. Es wirkte äußerst unbequem, doch sie tat einfach, was sein musste.
Volney half nach, indem er von unten an ihr zog, während Esk von oben schob, doch an ihrer breitesten Körperstelle verkeilte sie sich und kam nicht mehr voran. Sie steckte fest.
»Was sollen wir jetzt tun?« fragte Esk.
»Wir müssen sie mit einem meiner Knochen heraushebeln«, entschied der Totenkopf.
Erschrocken hätte Esk ihn beinahe fallen lassen. Doch warum sollte Mark nicht sprechen können, nur weil er zu einer Schaufel geworden war? Er konnte ohnehin nur durch Magie sprechen. Er legte seine Schaufel, deren Griff aus Armknochen bestand, ans Ende von Chex' Schaufel, wodurch ein
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