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Heldenklingen

Heldenklingen

Titel: Heldenklingen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Abercrombie
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sie halbherzig versucht, ein wenig sauberzumachen, musste sich aber eingestehen, dass sie als Hausfrau eine Fehlbesetzung war. Sie fragte sich, was aus den Besitzern der Schänke geworden sein mochte. Und wie diese Taverne überhaupt hieß. Sie glaubte, über dem Tor eine Stange gesehen zu haben, aber das Schild war verschwunden. So war das im Krieg. Er nahm Menschen und Orten ihre Identität und verwandelte sie in Feinde innerhalb einer Linie, in Stellungen, die es einzunehmen galt, in Vorräte, die man beschlagnahmen musste. Dinge ohne Namen, die ohne Schuldgefühle zertrümmert, gestohlen oder verbrannt werden konnten. Der Krieg ist die Hölle, ja, ja. Aber voller Möglichkeiten.
    Sie ging zum Bett hinüber, oder vielmehr zu der mit Stroh ausgestopften Matratze, die sie sich teilten, beugte sich über Hal und studierte sein Gesicht. Er sah jung aus, mit geschlossenen Augen und offenem Mund, die Wange gegen das Laken gedrückt, während ihm pfeifend der Atem durch die Nase fuhr. Jung und unschuldig und ein ganz kleines bisschen dumm.
    »Hal«, flüsterte sie und saugte sanft an seiner Oberlippe. Seine Augenlider flatterten in die Höhe und er streckte sich, hob die Arme über den Kopf, reckte den Hals, um sie zu küssen und sah dann das Fenster und den Lichtschimmer draußen am Himmel.
    »Verdammt!« Hastig schlug er die Decken zurück und sprang aus dem Bett. »Du hättest mich früher wecken sollen.« Er spritzte sich Wasser aus der gesprungenen Schüssel ins Gesicht, trocknete sich mit einem Lappen ab und zog sich die Hosen vom Vortag an.
    »Du wirst noch immer früh genug zur Stelle sein«, sagte sie, rollte sich auf den Rücken, stützte die Ellenbogen auf und sah ihm beim Anziehen zu.
    »Ich muss doppelt so früh da sein. Das weißt du doch.«
    »Du hast so schön geschlafen. Ich hatte nicht das Herz, dich zu wecken.«
    »Ich soll dabei helfen, den Angriff zu koordinieren.«
    »Irgendjemand muss das wohl tun.«
    Er erstarrte kurz, das Hemd noch über dem Kopf, dann zog er sich das Kleidungsstück weiter hinunter. »Vielleicht … solltest du heute im Hauptquartier deines Vaters bleiben, oben am Berg. Die meisten anderen Frauen sind schon wieder nach Uffrith aufgebrochen.«
    »Wenn wir doch nur Meed zurückschicken könnten, zusammen mit den anderen alten Weibern, die nur über Mode reden können, dann hätten wir vielleicht auch eine Chance auf den Sieg.«
    Hal ließ sich nicht ablenken. »Du und Aliz Brint, ihr seid nun als Einzige noch hier, und ich mache mir Sorgen um dich.«
    Er war so schrecklich offensichtlich. »Du hast Angst, dass ich deinem unfähigen Vorgesetzten eine Szene mache, meinst du wohl.«
    »Das auch. Wo ist mein …«
    Sie streckte sich und versetzte seinem Degen einen Tritt, dass er über die Dielenbretter rutschte und Hal sich nach ihm bücken musste. »Es ist eine Schande, dass ein Mann wie du gezwungen ist, Befehle von einem Kerl wie Meed anzunehmen.«
    »Es gibt viel Schändliches auf der Welt. Das ist nun nicht einmal das Schlimmste.«
    »Wegen ihm sollte wirklich was unternommen werden.«
    Hal war immer noch mit seinem Degengehänge beschäftigt. »In dieser Hinsicht kann man nichts weiter tun, außer das Beste daraus zu machen.«
    »Na ja … es könnte ja jemand dem König gegenüber erwähnen, was Meed hier für ein Durcheinander verursacht.«
    »Es ist dir vielleicht nicht aufgefallen, aber mein Vater und der König hatten ein klitzekleines Zerwürfnis. Ich stehe nicht gerade besonders hoch in der Gunst Seiner Majestät.«
    »Dein guter Freund Oberst Brint aber schon.«
    Hal hob ruckartig den Kopf. »Fin. Das ist unterste Schublade.«
    »Wen interessiert es schon, ob es vielleicht auch die oberste wäre, solange man auf diese Weise bekommt, was man verdient?«
    » Mich «, versetzte er kurz angebunden und zog die Schnalle zu. »Man kommt im Leben weiter, wenn man das Rechte tut. Durch Fleiß, Loyalität, und indem man tut, was man gesagt bekommt. Man kommt nicht weiter mit … mit …«
    »Ja, womit?«
    »Mit dem, was du da machst.«
    Unvermittelt fühlte sie den starken Drang, ihm wehzutun. Sie hätte ihm gern gesagt, dass sie ohne weiteres einen Mann hätte heiraten können, dessen Vater nicht der berüchtigtste Verräter seiner Generation gewesen war. Sie hätte ihm gern gesagt, dass er seine jetzige Stellung nur ihrem Vater und ihrem eigenen unermüdlichen Einsatz zu verdanken hatte, und dass er ohne diese Protektion jetzt vermutlich unter Beweis stellen dürfte, wie weit

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