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Heldensabbat

Heldensabbat

Titel: Heldensabbat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Will Berthold
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Erpressung einlassen werde?«
    »Es ist keine Erpressung, Herr Bertram«, erwidert Dr. Fendrich, »es ist eine Alternative. Sie stellt zur Wahl: Verzicht auf unlauteren Gewinn oder schätzungsweise vier bis fünf Jahre Zuchthaus.«
    »Eine beispiellose Gemeinheit«, kontert der Mann in der Falle.
    »Und du machst bei einem so schmutzigen Spiel mit, Mathilde? Habe ich nicht jahrelang wie ein Wahnwitziger gearbeitet? Habe ich die Firma nicht saniert, den Umsatz nicht verzehnfacht und den Gewinn verdreifacht?«
    »Dafür sehen wir ja auch – unter Umständen – von einer Strafanzeige ab«, antwortet Mathilde Bertram. »Vielleicht lasse ich dich sogar als angestellten Geschäftsführer weiterhin an der Spitze des Unternehmens, vorausgesetzt, daß wir uns auch im persönlichen Bereich einigen.«
    »Scheidung?« fragt er.
    »In Mainbach läßt man sich nicht scheiden«, erwidert Mathilde Bertram. »Deshalb beabsichtige ich es, zumindest vorläufig, nicht. Du wirst Hans Faber als Schwiegersohn akzeptieren. Du wirst ihn künftig weder als Staatsfeind noch als Mitgiftjäger beschimpfen. Du wirst auch deine Parteibeziehungen nicht ausnutzen, um Faber hintenherum zu erledigen, im Gegenteil, du wirst zu ihm stehen.«
    Bertram erhebt sich, geht erregt auf und ab, drei Schritte vor, drei Schritte zurück, wie in einer Zelle; bläuliche Adern treten an seinen Schläfen hervor wie bizarr geformte Schnüre.
    »Falls wir uns auf dieser Basis einigen, und zwar sofort«, fährt die unerwartete Angreiferin fort, »kannst du von mir aus deine Mätresse behalten, vorausgesetzt, daß sie sich in Mainbach nicht blicken läßt.« Sie steht auf, um anzudeuten, daß sie die Unterredung für beendet hält und es nichts mehr zu diskutieren gebe.
    Vier Tage vor Schulbeginn sitzt Stefan Hartwig am Schreibtisch seines Zimmers im elterlichen Haus am Obstmarkt und repetiert unregelmäßige Verben. Zwar ist er seit Tarzans Verschwinden unumstrittener Primus der 8 c und wird das Reifezeugnis bestimmt mit einer Eins vor dem Komma im Notendurchschnitt ablegen, aber selbst das kann man noch verbessern, und so betrachtet ist es vielleicht gar nicht schlecht, daß er seit seiner Beurlaubung als Fähnleinführer mehr Zeit zur Vorbereitung seines Schulabgangs findet.
    »Entschuldige, Stefan«, sagt seine Mutter und wedelt mit einem Brief, »aber ich denke, er ist wichtig für dich.«
    Der Junge erkennt an der Briefmarke sofort, daß das Schreiben aus der Schweiz kommt. Absender: Peter Steinbeil. Im ersten Moment verspürt Stefan nur Erleichterung darüber, daß sich der problematische Schulfreund doch noch gemeldet hat. Von Tarzan nichts mehr zu hören hätte ihn gekränkt.
    »Lieber Stefan«, liest er, »es tut mir leid, daß ich Dir diesen Brief schreiben muß; ich hätte ihn Dir gerne erspart. Ich möchte Dich nicht gern in der Meinung lassen, daß ich Dich hintergangen hätte.
    Als wir mit kleinem Gepäck in Mainbach abreisten, deutete nichts darauf hin, daß meine Mutter entschlossen war, in ihrem Geburtsland zu bleiben und auch mich hier festzuhalten. Ich war überzeugt, daß wir nach Ablauf der Weihnachtsferien zurückkehren würden.
    Dann kam diese Diphtheriewelle, und ich war tatsächlich Bazillenträger und mußte wochenlang isoliert werden. Selbst in dieser Zeit nahm ich noch immer an, nach Mainbach zurückzukommen.
    Nunmehr weiß ich und muß es Dir leider mitteilen, daß meine Mutter nicht mehr nach Deutschland zurückkehren wird, und da ich nicht volljährig bin, auch mich in der Schweiz festhalten wird. Neuerdings spricht sie sogar davon, zu Verwandten in die USA zu übersiedeln.
    Ich muß dir sagen, lieber Stefan, daß ich niemals Deine Hilfe in dieser Paßgeschichte in Anspruch genommen hätte, wenn mir Mutters Verhalten bekannt gewesen wäre. Ich kann nur hoffen, daß Du keine Schwierigkeiten bekommst. Ich hätte nichts dagegen, wenn Du in einem solchen Fall diesen Brief, den ich ohne Wissen meiner Mutter absende, vorzeigst. Du bist ein feiner Kerl, Stefan, und selbst in Deiner Eigenschaft als Fähnleinführer hast Du mir imponiert. Vielleicht gibt es ein Wiedersehen. Irgendwann – irgendwo.
    Herzlich grüßt Dich
    Dein Tarzan.«
    Stefan liest den Brief ein zweites Mal durch und spürt eine gewisse Befriedigung; so traurig der Inhalt auch für ihn ist, er bestätigt nur, was er längst angenommen hat. Er war nicht von Tarzan, sondern dieser von der eigenen Mutter hereingelegt worden. Das ändert zwar nichts an den Tatsachen, aber er

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