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Heldenwinter

Heldenwinter

Titel: Heldenwinter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonas Wolf
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Kinder gestohlen, du neugieriges Stück?«
    Wieder erklang das kratzige Spinnenlachen. »Ich musste sie nicht stehlen. Sie ist mir zugelaufen. Sie hat nach mir gesucht, und sie hat mich gefunden.« Kongulwafa deutete auf Dalarr. »Aber genug von ihr. Lass uns über dich reden. Halt, sag nichts. Ich weiß, was du getan hast. Du hast einen Racheschwur abgelegt, ganz nach alter Sitte. Du willst ihn töten. Oder irre ich mich?«
    Dalarr schüttelte stumm den Kopf.
    »Nein, ich irre mich nie.« Ihr Vorderleib, der keine Schultern mehr hatte, ruckte in der fremdartigen Parodie eines Schulterzuckens. »Aber es könnte sein, dass dir eine Überraschung bevorsteht. Du hast mir damals erzählt, der Mann, den du jetzt töten willst, sei böse. Dass sein Herz schwarz und von eitler Liebe zu sich selbst verrottet sei. Wappne dich besser gegen die Erkenntnis, dass du dich getäuscht haben könntest.«
    »Was meinst du damit?«, knurrte Dalarr. »Arvid hat den Tod verdient. Das stimmt doch, oder, Junge?«
    »Ja.« Namakan war völlig überrumpelt davon, dass der Meister ihn als Zeugen berief. »Ja.«
    »Mag sein, dass er dir die Sippe genommen hat«, wandte Kongulwafa ein. »Doch da sind viele, die ihn schätzen. Die, die mir ihre Geheimnisse offenbaren, wissen eine Menge von der Welt. Sie wissen, dass er viel für sein Reich getan hat. Keine Intrigen mehr, keine Zwietracht nach innen, nur Stärke nach außen.«
    »Du gibst zu viel darauf, was dir deine Pilzfresser erzählen, meine Liebe.« Dalarr straffte die Schultern. »Und wenn alle Menschen in seinem verfluchten Reich sich heute den Hintern mit Seide abwischen und von goldenen Tellern fressen würden, der Preis dafür wäre zu hoch.« Er machte einen Schritt zur Seite, um seine Hand auf Namakans Schulter zu legen. »Meine neue Sippe hat fast all ihr Blut vergossen, damit Arvids einfältiges Heer an Untertanen weiter daran glaubt, es hätte einen guten König.«
    Namakan wollte nach der Hand seines Meisters fassen, doch der unerwartete Ausdruck von Zuneigung, den Dalarr gezeigt hatte, war bereits vorüber. Namakans Griff ging ins Leere.
    »Ich verstehe.« Kongulwafa kroch halb über den Rand des Podests, und die obersten Schädel auf dem Haufen davor purzelten mit hohlem Klappern zu Boden. »Du denkst, es ginge Arvid um deine Sippe, dabei geht es ihm doch nur um seine. Wie dem auch sei, Windmacher, was fangen wir jetzt miteinander an?«
    »Der König wird keinen König erschlagen«, rief die kleine Frau, die sich angeblich aus freien Stücken in die Gefangenschaft der Spinnen begeben hatte. »Er bringt die Toten zur Ruhe.«
    Dalarr begegnete Kongulwafas Einschüchterung, indem er die Hände auf die Griffe seiner Schwerter sinken ließ. »Mach dich nicht unglücklich, Teuerste. Wir zwei werden keinen guten Faden miteinander spinnen, falls du versuchen solltest, mich hierzubehalten. Das weißt du auch.«
    »Was ist mit ihm?« Kongulwafas Fangbeine wippten ein Stück in Namakans Richtung.
    »Du hast ihn damals nicht angerührt, und du wirst es auch heute nicht tun«, antwortete Dalarr. »Falls doch …« Dalarr drehte sich zu den kleineren Spinnen um, die sich hinter ihm und Namakan auf leisen Beinen in großer Zahl versammelt hatten.
    Sie sind alle gekommen, weil ihre Göttin spricht. Namakan tastete nach seinem Jagddolch. Sie spricht ein Urteil über uns.
    »Wenn mir auch noch mein letztes Kind genommen wird«, sagte Dalarr ruhig, »soll auch niemand anders mehr welche haben.«
    »Ich muss dich nicht töten, um dich zu töten, Windmacher.« Kongulwafa unterstrich ihre rätselhafte Drohung mit einem Spreizen der Beißscheren und einer Zurschaustellung der Giftzähne. »Ich kann selbst dann noch dein Untergang sein, wenn du mir schon den Garaus gemacht hast.«
    Dalarr tat noch etwas, das Namakan bislang noch nie an ihm beobachtet hatte: Er hob entschuldigend die Hände. »Einigen wir uns doch am besten darauf, dass wir beide keine Freude an einem Zwist hätten, ja?«
    Eine halbe Ewigkeit war es, bis auf das Flüstern und Wispern, das Knurren und Winseln, das Fiepen und Raunen der Gefangenen, totenstill in der großen Halle.
    »Gut«, machte Kongulwafa endlich. »Aber es ist nur gerecht und alte Gepflogenheit, dass ich einen Wegzoll erhalte. Was bietest du mir, Windmacher?«
    Dalarr zögerte keinen Augenblick. Er versetzte dem eingeschnürten Wikowar einen leichten Tritt. »Nimm ihn.«
    Der Händler riss die Augen noch weiter auf und wälzte sich hin und her. Der Knebel dämpfte

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