Heldenwinter
Gürtel mit den vielen Beutelchen und Säckchen lag. »Wenn du magst, könnte ich eine heilende Salbe anrühren.«
»Lass mal.« Dalarr nahm den Arm herunter und spritzte spielerisch ein wenig Wasser in ihre Richtung. »Das ist doch nicht mal eine richtige Wunde.« Womöglich lag es daran, dass der Bart seines Meisters klitschnass und daher wesentlich dunkler also sonst war, doch Namakan hätte schwören können, dass mindestens eine Handvoll Sommer von Dalarrs Zügen abgefallen waren, so gelassen wirkte er in diesem Moment. »Und es ist eine gute Erinnerung daran, dass ich niemandem auf der Welt weiter trauen sollte, als ich ihn werfen kann. Den Fettsack, der diese Schramme zu verantworten hat, hätte ich selbst an einem guten Tag keine zwei Schritte gewuchtet.«
Morritbi musterte Dalarr nur verständnislos, während Namakan eine Erkenntnis dämmerte. Skaldat ruft nach Skaldat. Das ist es. »Wikowars Amulett«, sagte er. »Sein Abdruck hat sich dir in den Rücken gebrannt, weil das eine Skaldat das andere finden wollte, nicht wahr, Meister?«
»Ja.« Unbeeindruckt begann Dalarr, sich in einem flacheren Teil des Beckens die Arme und unter den Achseln zu waschen. »Macht euch ordentlich sauber, ihr beiden.«
Namakan gesellte sich an Dalarrs Seite, schöpfte eine Handvoll Wasser und rieb sie sich über die Brust. »Warum kannst du deine Rüstung tragen, ohne dass sie dir die Haut verbrennt? Ihrem Stahl wurde doch auch Skaldat beigemengt, oder?«
»Du hast ein gutes Auge, aber ein schlechtes Gedächtnis.« Dalarr seufzte. »Was haben wir damals mit deinem Dolch gemacht, bevor er noch richtig erkaltet war?«
»Wir haben Tropfen von meinem Blut darauf verspritzt«, antwortete Namakan.
»Richtig.« Dalarr nickte. »Und mein Blut wurde auf meine Rüstung verspritzt, als sie fast fertig war. Deshalb kann ich sie tragen. Das Amulett allerdings hat mein Blut nie gesehen.«
»War es gut, das Amulett bei der Spinne zu lassen? Ich meine, sie ist doch so furchtbar neugierig. Was, wenn sie es auseinanderbricht? Dann fliegt doch die Hälfte des Lichtgeists, der in dem Amulett gebannt ist, zu seiner anderen Hälfte. Und dann weiß Arvid, dass wir über die Narbe gekommen sind.«
»Umso besser«, erwiderte Dalarr. »Dann weiß er nämlich auch, dass mich selbst eine Spinnenkönigin mit ihrem gesamten Wuselvolk im Rücken nicht davon abhalten konnte, dorthin zu gehen, wo ich hingehen will.«
»Wo geht ihr denn hin?«, erkundigte sich Morritbi und schlüpfte flink wie eine Forelle in die Lücke zwischen ihnen beiden.
»Nach Silvretsodra«, entgegnete Dalarr im Plauderton. »Einen König erschlagen.«
Eben erzählt er noch davon, dass er gelernt hat, niemandem mehr voreilig zu vertrauen, und jetzt gibt er ihr einfach so den Grund unserer Reise preis? Ausgerechnet ihr, die bis heute Morgen nur wirres Gerede von sich gegeben hat und womöglich ohnehin nicht alle Schindeln auf dem Dach hat? Ihr? O nein, schau nicht zu ihr hin! Dann versuchen deine Augen nur wieder, einen Blick auf ihre Brüste zu erhaschen. Zu spät … Namakan setzte sich und tat so, als würde er sich unter Wasser den Dreck zwischen den Zehen herauspulen.
»Ihr wollt König Arvid töten?«, fragte Morritbi, der entgangen zu sein schien, wohin Namakans Blicke gerade einen Streifzug unternommen hatten.
»Er hat es nicht anders verdient«, antwortete Dalarr so leichthin, als spräche er vom Wetter. »Ich hatte gehofft, er würde mich und die Meinen in Ruhe lassen. Es hat sich gezeigt, dass Hoffnungen wie Reisig sind. Leicht vom Wind des Schicksals zu zerstreuen und noch leichter in Brand zu stecken, damit nichts als Asche von ihnen bleibt. Der feine Herrscher von Tristborn hat in seiner unermesslichen Weisheit entschieden, meine gesamte Sippe bis auf diesen schamhaften Knilch da niedermetzeln zu lassen. Da ist es nur gerecht, wenn ich ihn schleunigst einen Kopf kürzer mache, findest du nicht auch?«
»O ja.« Morritbi lächelte versonnen und enthüllte dabei zwei Reihen kleiner Zähne, die Namakan sehr, sehr spitz vorkamen. »O ja. Ich bin dabei.«
»Du willst dich uns anschließen?« Dalarr zeigte sich eher amüsiert als verblüfft. »Was verschafft uns die Ehre? Was schert dich das Los zweier Fremder?«
»Es geht mir nicht um euer Los«, gestand Morritbi offen ein. »Es geht mir um meins. Es ist Arvid gewesen, der den Befehl gegeben hat, meinen Wald zu töten. Was dir deine Sippe ist, sind mir die Bäume. Ich will dir aber nicht deine Beute streitig
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