Hellas Channel
tschechischen Einreisestempel vom 25.11. auf, zudem einen weiteren tschechischen sowie einen deutschsprachigen Stempel. Am 2.12. wurde ein Ausreisestempel am Flughafen Wien-Schwechat hinzugefügt. Der elende Penner, sage ich zu mir selbst. Er hat den Mord an der Karajorgi in die Wege geleitet und sich für die Tatzeit ins Ausland abgesetzt. Danach erteilte er dem Mörder telefonisch die Anweisung, auch die Kostarakou um die Ecke zu bringen.
»Die Anschuldigung der Anstiftung zum Mord bleibt aufrecht«, sage ich zu Pylarinos. »Sovatzis ist der einzige, der uns zum Mörder führen kann.«
»Ich bin der festen Überzeugung, daß Herr Sovatzis mit dem ganzen Fall nichts zu tun hat, Herr Kommissar«, meint er und setzt dabei eine Miene auf, die keinen Widerspruch duldet. »Ich schäme mich heute dafür, daß ich ihn anfänglich im Verdacht hatte. Sie haben großartige Arbeit geleistet, Sie haben die Schuldigen festgenommen, und der Fall ist erledigt. Jedenfalls habe ich, um mich auf allen Seiten abzusichern, dafür gesorgt, daß Dimos auf einen anderen Posten ohne eigentlichen Einfluß versetzt wird.«
Gikas kann sich nicht zurückhalten. »Auf welchen Posten haben Sie ihn versetzt?« fragt er.
Pylarinos antwortet nicht sogleich. »Ich habe ihn zum stellvertretenden Aufsichtsratsvorsitzenden ernannt«, sagt er schwerfällig. Und er fügt rasch hinzu, als wolle er den unangenehmen Eindruck dieser Rochade wieder ausbügeln: »Es handelt sich um eine rein dekorative Position. Der stellvertretende Aufsichtsratsvorsitzende hat bezüglich der Funktion des Unternehmens nichts mitzureden. Er nimmt einzig und allein diejenigen Angelegenheiten wahr, die ihm der Aufsichtsratsvorsitzende überläßt. Und der bin ich. Ungefähr wie beim amerikanischen Vizepräsidenten, der zwar diesen pompösen Titel trägt, doch keinerlei eigentliche Machtbefugnisse hat.« Er meint, einen guten Witz gemacht zu haben, und lacht.
Uns bleibt die Spucke weg, und wir starren ihn sprachlos an. Er nutzt unser Schweigen für seinen Abgang. »Meine Herren, nochmals meine herzlichsten Glückwünsche.« Er wendet sich mir zu. »Sie können den Reisepaß für die Überprüfung der Daten behalten.«
Was sollte ich jetzt noch überprüfen? Er hat alle seine Schäfchen ausnahmslos ins trockene gebracht. »Nicht nötig«, sage ich und händige ihm das Dokument wieder aus.
Sobald Pylarinos den Raum verläßt, schnelle ich in die Höhe. »Wenn Sie oder ich auch nur ein Hundertstel von Sovatzis’ Dreck am Stecken hätten«, rufe ich außer mir, »dann hätte man uns bereits vom Dienst suspendiert, und wir wären vollauf mit der Organisation unserer Verteidigung beschäftigt. Der jedoch erhält eine Beförderung und eine Gehaltserhöhung obendrein.«
»Uns würde auch kein Haar gekrümmt werden, hätten wir den Minister in der Hand«, entgegnet er lachend.
»Was soll das heißen?«
»Ja, verstehen Sie denn nicht? Sovatzis weiß, welche Geldmengen Pylarinos verbraten hat, um sein Unternehmen aufzubauen. Nicht mal auszuschließen, daß er sogar über schriftliche Nachweise verfügt. Er hat ihm gedroht, damit an die Öffentlichkeit zu gehen, und Pylarinos hat klein beigegeben.«
Richtig. Darauf war ich in meinem Wutanfall gar nicht gekommen.
»Bloß«, fährt Gikas fort, »fällt damit die Hauptlast der Schuld auf die Dourou.«
Ich springe auf und eile zur Tür, als könnte mir die Dourou doch noch durch die Lappen gehen. Sie ist der Lichtspalt in der letzten Tür, die noch offengeblieben ist. Beim Hinausgehen ersuche ich Koula, im Häftlingstrakt anzurufen und mir die Dourou zum Verhör vorbeizuschicken.
Ich finde sie auf genau demselben Platz vor wie das letzte Mal, sie sitzt an der Ecke des Holztisches. Ich gehe auf sie zu und setze mich neben sie. »Na, Tantchen, keine guten Neuigkeiten«, sage ich freundschaftlich zu ihr.
»Wundert mich gar nicht. Wann hätten Sie mir denn schon einmal gute Neuigkeiten überbracht?« entgegnet sie ironisch.
»Ihr kleiner Bruder hat Sie verpfiffen, Tantchen. Er hat nachgewiesen, daß er sich im Ausland aufhielt, als die Morde geschahen. Er behauptet, alles wäre auf Ihrem Mist gewachsen. Und er hätte keine Ahnung davon gehabt.«
»Freilich hatte er keine Ahnung davon. Weder auf seinem noch auf meinem Mist ist irgend etwas gewachsen. Das ist von Ihnen alles frei erfunden.«
»Kommen Sie doch endlich zur Vernunft, Sie Zimtzicke! Sie haben sich ja schon von der Beschränktheit dieser Albaner, mit denen Sie tagtäglich
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