Helle Barden
Aufmerksamkeit. Korporal Karottes Präsenz drängte al es
andere in den Hintergrund.
»Rühren, Korporal«, sagte Mumm. »Was liegt an?« Gerade noch recht-
zeitig fiel ihm ein, daß Karotte mit Metaphern und gewissen umgangs-
sprachlichen Ausdrücken Probleme hatte. »Ich meine: Aus welchem
Grund bist du hier?«
»Ich möchte dir etwas zeigen, Hauptmann. Ich glaube, es stammt von
der Assass…«
»Wir besprechen die Angelegenheiten besser draußen«, warf Mumm
hastig ein. Professor Kreuz zuckte nicht einmal mit der Wimper.
Lord Eorle hob den Kopf. »Nun, ich bin beeindruckt. Bisher habe ich
euch Wächter nicht für besonders tüchtig gehalten, aber jetzt sehe ich,
daß ihr dauernd im Dienst seid. Ihr haltet ständig nach verbrecherischen
Seelen Ausschau, wie?«
»Ja«, erwiderte Mumm. »Und manchmal braucht man gar nicht lange
zu suchen.«
Die kühlere Luft im rustikalen Flur empfand er als große Erleichte-
rung. Er lehnte sich an die Wand und las, was auf dem Stück Pappe ge-
schrieben stand.
»›Gfähr‹?«
»Du hast doch etwas auf dem Hof gesehen…«, begann Karotte.
»Was soll das bedeuten?«
»Viel eicht gab es bei den Assassinen etwas Gefährliches«, spekulierte
Karotte. »Es würde mich nicht wundern. Ich meine, immerhin ist es die
Assassinengilde. Möglicherweise haben sie irgend etwas mit diesem Hinweis markiert: ›Nicht berühren – gefährlich‹. Solche Schilder hängen
manchmal in Museen.«
»Nein, das kann ich mir kaum vorst… Was weißt du von Museen?«
»Oh, gelegentlich besuche ich welche an meinem freien Tag«, sagte Ka-
rotte. »Die in der Universität. Und einmal hat mir Lord Vetinari erlaubt, mich im Palast umzusehen. Und die Ausstel ungsräume der Gilden darf
ich betreten, wenn ich freundlich darum bitte. Und dann das Zwergen-
museum in der Rauhreifstraße…«
»Ein Zwergenmuseum?« wiederholte Mumm erstaunt. Er war minde-
stens tausendmal durch die Rauhreifstraße gegangen, ohne so etwas zu
bemerken.
»Ja, Hauptmann. Unweit der Kreiselgasse.«
»Ach? Und was kann man dort bewundern?«
»Viele interessante Beispiele von Zwergenbrot, Hauptmann.«
Mumm dachte einige Sekunden darüber nach. »Das ist derzeit nicht
wichtig«, entschied er schließlich. »Ich glaube, dies hier ist falsch ge-
schrieben.«
»Ich weiß nicht…« Karotte warf einen Blick auf die Pappe. »Da steht
›Gfähr‹, und zwar genau richtig geschrieben.«
»Ich meine, normalerweise schreibt man das Wort anders.«
Mumm drehte die Pappe hin und her.
»Nur ein Narr käme auf den Gedanken, bei der Assassinengilde einzu-
brechen«, sagte er.
»Ja, Hauptmann.«
Der Zorn in Mumm löste sich immer mehr auf und wich… nein, nicht
Aufregung. Er suchte nach einem besseren Wort, und kurze Zeit später fiel es ihm ein: Sinn. Er erkannte jetzt wieder einen Sinn. Er wußte noch immer nicht, worum es ging, aber es war in Reichweite. Wenn er die Hand danach ausstreckte…
»Samuel Mumm, was geht hier vor?«
Lady Käsedick schloß die Tür des Speisesaals.
»Ich habe dich beobachtet«, sagte sie. »Du bist sehr unhöflich gewesen,
Sam.«
»Ich habe versucht, freundlich zu sein.«
»Lord Eorle ist ein alter Freund.«
»Tatsächlich?«
»Nun, ich kenne ihn schon seit langer Zeit. Und eigentlich kann ich ihn
nicht ausstehen. Aber du hast ihn ziemlich albern und dumm aussehen
lassen.«
»Er hat sich selbst lächerlich gemacht. Ich bin ihm nur dabei behilflich
gewesen.«
»Ich habe von dir unhöfliche Bemerkungen über Zwerge und Trolle
gehört.«
»Das ist etwas anderes. Dazu bin ich berechtigt. Aber dieser Idiot würde einen Troll nicht einmal dann erkennen, wenn er diesem unter die Füße
gerät.«
»Oh, er müßte eigentlich einen Troll erkennen, der über ihn hinweg-
marschiert«, meinte Karotte. »Einige Trolle wiegen bis zu…«
»Was ist überhaupt so wichtig?« fragte Lady Käsedick.
»Wir… suchen nach dem Mörder von Chubby«, antwortete Mumm.
Sofort hellte sich Lady Käsedicks Gesichtausdruck auf.
»Das ist natürlich etwas anderes. Diese Leute sol te man öffentlich
auspeitschen.«
Warum habe ich das gesagt? überlegte Mumm. Vielleicht deshalb, weil
es stimmt? Das… Gfähr… verschwindet, und kurz darauf stirbt ein
Zwerg an einem ziemlich großen Loch in der Brust. Das eine hängt mit
dem anderen zusammen. Man muß nur die Verbindung finden…
»Begleitest du mich zu Hammerhocks Werkstatt, Karotte?«
»Ja, Hauptmann. Warum?«
»Ich möchte mich
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