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Hendlmord: Ein Starnberger-See-Krimi (German Edition)

Hendlmord: Ein Starnberger-See-Krimi (German Edition)

Titel: Hendlmord: Ein Starnberger-See-Krimi (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ida Ding
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Brummeln der Fliegen, die am Kleisterpapier über der Kasse verenden. Merkwürdig. Ist das die Trauer um den Wickerl, oder ist noch wer gestorben? Ich frage den Vormiranstehenden, den Pulver Udo, dem ich letztes Jahr die Hecke im Stil von Schloss Nymphenburg geschnitten habe, wie es ihm geht.
    «Es muss», murmelt er nur, ohne sich umzudrehen. Na, dann nicht. Fast glaube ich, dass mir der Wolfi mit einem Plakatmaler «War im Gefängnis» auf die Stirn geschrieben hat. Aber das hätte mir doch die Sophie gesagt. Verstohlen mustere ich mich in der Gebäckschutzscheibe, mein Gesicht scheint wie immer zu sein. Endlich schlurft die Verkäuferin aus ihrer Nische, drückt ihre Zigarette an einer Tablettkante aus und bedient uns. Zack, zack, ohne weitere überflüssige Worte werden die Bestellungen abgewickelt, so schnell ist man noch nie in einem Laden drangekommen, wenn keiner sonst eine Neuigkeit zum Ausplaudern hat. Als ich vor der Tür in die erste Breze beiße, sitzt an einem Kaffeetischchen die Kramser Kimberley mit noch zwei Frauen aus ihrem Nagelstudioteam. Mit ihren aufgepeppten Struwwelpeterkrallen deutet sie auf mich und tuschelt dann mit den anderen. Ja, Herrschaft, hat sich das mit der Verhaftung so schnell herumgesprochen, oder sind die alle gestern Nacht zum Polizeiwagenspalier rausgerannt? Da fällt mir ein, dass mein Radl noch in der Sperrzone steht. Auf dem Weg ins Oberdorf schaut sonst jeder her, wenn ich vorbeitraktore, und winkt, mein Tiger ist immer eine Sensation. Aber heute wenden sie sich ab. Die Lechner Erika springt sogar samt Dackel in den kleinen Blumenladen neben der Bücherei, als würde ich ihre Dösy plattmachen wollen. Mir schnürt es das Herz ab.
    «Obacht, Vorsicht!» Unser Bürgermeister bremst auf seinem Fahrrad, wie ich meines auf den Anhänger lade.
    «Ist deine Klingel kaputt?» Ich will ihn vorbeilassen, aber er hält an und steigt ab.
    «Ich glaub, ich hab die Feder abgedreht, weil ich letztes Wochenende am Seeufer nach Tutzing die ganze Zeit klingeln musste, da war ganz München auf einem Ausflug. Grüß dich Gott, erst mal.» Wenigstens einer findet noch ein freundliches Wort für mich. «Bei der Gelegenheit, ich wollte dich was fragen.»
    In mir wurlt es vor Anspannung, verdächtigt er mich auch, dem Wickerl was zuleide getan zu haben? Will er mich als Dorfhäuptling ausquetschen, um es dann seinen Untertanen aus erster Quelle weitertratschen zu können? Das bisschen Gefängnis hat mich misstrauisch gemacht.
    «Was findest du besser, zu klingeln oder Obacht zu rufen? Da gehen die Meinungen weit auseinander, gestern hat mich eine Fußgängerin sogar richtig zur Sau gemacht, weil ich gesprochen hab und nicht geklingelt.»
    «Gehupft wie gesprungen, die Leute erschrecken so und so», sage ich. «Beim schrillen Klingeln wissen sie innerlich sofort, aha, da kommt ein Fahrrad, bei ‹Obacht› kann es alles Mögliche sein, ein Tanklaster, eine Mutter mit einem Zwillingswagen, eine Kehrmaschine.»
    «Die Feuerwehr, der Schneeräumer», ergänzt er weiter. «Mm, du hast recht. Da ist was Konservatives besser. Die gute alte Blechschelle per Daumendruck. Oder was meinst du?»
    Auf der silbernen Klingel von meinem Vater, die ganz normal klingelte, war ein Kleeblatt, fällt mir, warum auch immer, plötzlich ein. «Es gibt auch Gummihupen, kleine Trompeten, Froschquaken, Quietscheenten, Kreissägen oder was du dir nicht noch alles auf den Lenker montieren kannst. Oder wie wäre es mit einer Kirchenglocke?» Ich deute auf den Zwiebelturm von St. Ulrich.
    «Gute Idee, so eine Glocke, das ist was Vertrautes, das kennt jeder, doch da schauen die Leute dann eher nach oben als zurück, und schwupp, fährt man sie über den Haufen. Ich denk drüber nach, mersse, aber jetzt muss ich los.»
    Er schwingt sich wieder aufs Rad.
    «Wichtige Amtsgeschäfte?»
    Er lacht. «Kann man so sagen. Die Büros warten auf die Krapfen. So ist das in der Demokratie, jeder ist reihum mal dran, auch der Bürgermeister.» Für mich wird’s ebenfalls Zeit, ich muss den Alten noch sagen, dass es der Kraulfuß nicht war. Moment, jetzt fällt es mir auf, hat die Sophie jetzt gesagt, dass da ein Fischmesser unter den beschlagnahmten Waffen war oder nicht? Ich erinnere mich nicht mehr. Mmh, trotzdem, ich will nicht, dass am Fischgrätenkramer genau so ein Verdacht pappt wie an mir. Vielleicht kann ich den Fritzl ausquetschen, nur ein bisschen, ganz leicht. Aber erst mal will ich wissen, was im Seniorenhauptquartier los ist.

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