Hendlmord: Ein Starnberger-See-Krimi (German Edition)
kann der Wolfi auch nicht gefälscht haben, dass mich die Sophie ein zweites Mal rausboxen kann. «Das passt schon. Ich hab euch gern geholfen.» Was stimmt und nicht notgelogen ist. Anfangs konnte ich doch nicht wissen, was ich da umziehe.
«Auch was man gern macht, darf was kosten. Du musst deine Familie durchbringen. Hier.» Der Melcher zieht einen Zweihunderter aus dem Geldbeutel. Die werfen nur so um sich mit ihrer Kohle. Von wegen angespart,
erdealt
würde ich sagen. Aber noch schweige ich darüber.
«Ich nehm nichts, basta. Ihr habt mir für die Münchenfahrt schon viel zu viel bezahlt.» Oje, das Geld ist sogar zum Teil schon weg, und wenn ich den Rest jetzt dem Fidl mitbringe und ihm erzähle, was die Alten machen, da kriegt der noch vor der Operation einen Herzinfarkt. Zwickmühle pur.
«Jetzt nimm schon.»
Ich weiche dem Melcher aus, als er mir den Schein zustecken will.
«Na gut. Dann halt nicht.» Endlich gibt er auf. «Dafür bist du der Erste, der unser Werk probieren darf.»
«Ich und probieren?» Ich greife mir an den Hals, mir brennt das Hirn sowieso schon von der ganzen Denkerei, da brauche ich keine weitere Stimulanz. «Mischt ihr auch Glassplitter rein?»
Der Melcher haut mir ins Kreuz. «Immer einen Spaß auf Lager, was? Du Schlawiner, du bist uns auf die Schliche gekommen.» Er fuchtelt mit dem Zeigefinger vor meiner Nase. «Dabei wollten wir es eigentlich erst an der Langen Tafel lüften, dir kann man nichts vormachen. Aber bitte behalte es noch für dich.»
«Das werde ich nicht tun», sage ich und merke wie die anderen beiden, der Rossi auf Rädern, der Pflaum auf besockten Trekkingsandalen, näher rücken. Raus damit, egal was passiert. Jetzt bereue ich es, die Emma dabeizuhaben. Jeder andere Ort scheint mir momentan kindersicherer, besser, sie wäre in der Textilstube geblieben. Die Pflaum Burgl lockt sie zum Hintereingang. Angeblich hat sie noch Spielzeug dort, was von der letzten Tombola übrig geblieben ist. Was soll ich machen? Sie werden mich schon nicht sofort auf der Stelle lynchen. Spieße und Stricknadeln oder alles andere Spitzige habe ich bereits in den Keller verfrachtet. Nur noch die sperrigen Teile, der Ofen und die Spüle, müssen transportiert werden. Wenn sie mich grillen wollen, sind sie gezwungen, mit bloßen Händen auf mich loszugehen, mitten im Dorf, am helllichten Tag, unter dem Auge Gottes, wenn die Ulrichskirche dazuzuzählen ist.
Was rausmuss, muss raus. Ich überwinde mich. «Auch wenn ich mit drinstecke, weil ich euch geholfen habe, werde ich meinen Mund nicht halten. Solange mich nicht der Wolfi persönlich verhört, gestehe ich alles.»
«Recht so. Der Jäger Wolfi soll lieber selbst aufpassen, dass ihn nicht wer verhaftet.» Der Melcher scheint sich nicht im Geringsten an meinen Worten zu stören.
«So? Wie meinst du das?» Die Sophie wartet, bullert es in mir nach Badofenart, doch das hier muss ich mir unbedingt noch anhören.
«Komm, sag dem Muck, was du gesehen hast», fordert der Melcher den Rossi auf.
«Ich weiß nicht, ob das von Bedeutung ist.» Der Rossi wippt mit dem Kopf wie ein fliegengeplagtes Muli.
«Los, raus mit der Sprache, der Muck soll es wissen.»
«Also gut.» Der Rossi holt Luft und richtet sich im Rollstuhl auf. «Wie du den Wickerl tot gefunden hast und der Bene bei der Polizei angerufen hat…» Er zögert, als wäre das alles Jahrzehnte her und er müsste mir Zeit geben, mich dran zu erinnern.
Ich nicke, um ihn anzutreiben.
«Hast du dich nicht auch gefragt, wieso ausgerechnet der Jäger Wolfi angerückt ist?», ergänzt er endlich.
«Doch, schon», muss ich zugeben.
«Am Telefon war nämlich wer anders», wirft der Bene ein.
«Ein Telefonfräulein vielleicht?», frage ich, obwohl der Sudoku bestimmt kein Fräulein ist, oder doch?
«Fräulein gibt’s nicht mehr. Die Polizisten müssen selbst an den Apparat gehen, hab ich gesehen, wie ich mal drunten in Starnberg war, als jemand bei mir eingebrochen ist», sagt der Bene.
«Bei dir ist eingebrochen worden, wann?» Geschickt lenken sie schon wieder ab, ich falle drauf rein, ich merk’s. Obacht, Muck, ermahne ich mich selbst.
«Weihnachten 1952 , nein, dass ich nicht lüg, 1953 , glaub ich, war das. Aber die haben nicht viel gefunden, weil wir arm wie die Kellerasseln waren.»
«Du meinst, arm wie die Kirchenmäuse.»
Jetzt fange ich auch noch zu seufzen an. Wenn das so weitergeht, dann stehe ich hier noch länger als vorhin in der Textilstube. «Also, was
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