Henry haut ab: Roman (German Edition)
junge Hooligans an einer Ampel meinen Wagen angegriffen, auf dem Weg ins Gericht. Haben einen nassen Schwamm über die Windschutzscheibe gezogen und dann auch noch die Stirn gehabt, um Geld zu bitten. Hat mich an verdammte Wegelagerer oder so was erinnert. Ich wünschte, ich hätte da mein Gewehr mitgehabt, das kann ich dir sagen.«
»Darf man fragen, warum du sie nicht eingesperrt hast?«
»Ach, ich hatte zufällig gute Laune. Ich hab immer gute Laune, wenn du nach Ipford runterfährst, um deinen verdammten Onkel zu besuchen.«
Lady Clarissa seufzte.
»Ich habe diese Bale angerufen und ihr gesagt, dass er gestorben ist. Ich nehme an, sie hat dich auch das nicht wissen lassen.«
»Ich habe dir doch gesagt, sie ist meine Sekretärin. Sie soll ihre Nase nicht in die Angelegenheiten deiner Familie stecken. Sie weiß, dass mich das nicht interessiert.«
»Gut, er ist gestorben, und ich habe erwartet, dass du dich freust, nicht mehr für ihn zahlen zu müssen. Auch wenn ich noch einen großen Scheck für das Bestattungsinstitut ausstellen musste, um ihn hier zu uns hinaufzubekommen.«
»Ihn hier hinaufzubekommen? Wovon um Himmels willen redest du da, du dummes Weibsstück?«
»Sie bringen ihn natürlich hierher, damit er hier auf dem Anwesen begraben werden kann. Schließlich gehört er zur Familie.«
Sir George war offensichtlich grässlicher Laune. »Er war kein Gadsley, und ich werde keine Trauerfeier für jemanden abhalten, der nicht einmal mit meiner Familie verwandt ist! Es ist mir egal, was du sagst, ich werde diesen alten Irren hier nicht begraben lassen. Du kannst ihn einäschern lassen, wie du gesagt hattest.«
»Aber das war, bevor ich das Thema mit Onkel Harold besprochen hatte. Er wollte in Kenia begraben werden, wo er geboren ist. Also, das kam natürlich überhaupt nicht in Frage. Ich habe ihm gesagt, dass das viel zu teuer würde und ihn da draußen niemand besuchen käme …«
»… und ich sag dir noch was. Auch hier wird niemand sein Grab besuchen kommen. Tu einfach, was jeder vernünftige Mensch tun würde, und arrangiere irgendwas mit dem Vikar aus dem Dorf. Ich glaube, die haben da auch einen Friedhof. Oder du lässt den alten Knilch doch einäschern, wie du immer gesagt hast.«
»Ich weiß, dass ich das gesagt habe, aber ich habe es mir anders überlegt.«
»Du hast gar nicht genug Hirn, um dir was zu überlegen«, knurrte ihr Mann. »Kapier es endlich: Ich werde unseren Friedhof nicht dadurch besudeln lassen, dass jemand, der nicht zur Familie gehört, darin begraben wird. Und das ist mein letztes Wort in dieser Angelegenheit.«
Damit war er hinausgestürmt und zu Bett gegangen und hatte es Clarissa überlassen, ihren Kummer mit der Hilfe des gut ausgestatteten Spirituosenschrankes zu ertränken.
17
Clarissa dachte immer noch ans Ertränken, als sie am nächsten Morgen schließlich doch aufgestanden war und sich angezogen hatte. Allerdings war es völlig unklar, ob sie lieber ihren fürchterlichen Mann ertränken wollte, weil er sich gestern Abend ihr gegenüber so entsetzlich aufgeführt hatte, oder – angesichts ihrer schrecklichen Kopfschmerzen – lieber sich selbst. Nicht dass der Graben für so etwas tief genug gewesen wäre. Edward hatte einmal versucht zu demonstrieren, wie lange jemand unter Wasser den Atem anhalten konnte, und sich dazu irgendeines unglücklichen Jungen aus dem Dorf bedient. Glücklicherweise hatten sie nachweisen können, dass man unter kaum drei Zoll Wasser ziemlich lange überleben kann.
Als Wilt zur vereinbarten Zeit nicht auftauchte, machte sie sich auf die Suche nach ihm und traf ihn, als er gerade aus dem ummauerten Garten kam. Er hatte dort mit dem alten Mann geplaudert, der sich darum kümmerte und ihn an Coverdale in seinem Schrebergarten erinnerte.
»Ah, da sind Sie ja«, sagte Lady Clarissa, als er über die hölzerne Zugbrücke auf sie zukam. »Ich habe mich schon gefragt, wo Sie geblieben sind.«
»Ich habe Edward gesucht – vorhin habe ich ihn gesehen, aber er scheint schon wieder verschwunden zu sein.«
»Er wird noch früh genug wieder auftauchen.«
»Ihre traurige Nachricht tut mir furchtbar leid. Mein Beileid.«
»Danke, Henry. Ich weiß Ihr Mitgefühl zu schätzen, mehr als Sie wissen. Nicht alle waren so freundlich. Also, wollen wir vielleicht ein Stück am Graben entlanggehen? Ich möchte etwas von Ihnen wissen.«
»Das hört sich nach einer guten Idee an. Was möchten Sie denn wissen?
»Mrs. Bale hat mir erzählt, dass Sie
Weitere Kostenlose Bücher