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Herbst - Ausklang (German Edition)

Herbst - Ausklang (German Edition)

Titel: Herbst - Ausklang (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Moody
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Lefzen hatten sich zu einem dauerhaften Knurren verzogen, fast so, als wäre der Hund bei dem Versuch gestorben, zu vertreiben, was immer seine Besitzer getötet hatte, wo sie auch sein mochten. Die Wirkung des Anblicks überraschte ihn, und zum zweiten Mal seit seinem Entschluss, aus dem Hotel zu fliehen, kamen ihm die Tränen. Der Gedanke an diesen armen kleinen Hund, der treuherzig auf die Rückkehr seines Besitzers gewartet und einen langen, langsamen, verängstigten, qualvollen Tod durch Verhungern sterben musste, war herzzerreißend.
    Driver zog sich auf die lange Sitzbank am hinteren Ende des Busses zurück, aß Schokolade und lauschte in die endlose Stille. Da er zum ersten Mal seit Wochen allein war und plötzlich reichlich Freiraum hatte, wurde ihm erst jetzt mit voller Wucht bewusst, was der Welt widerfahren war.
    Die Tiefe des Verlusts.
    Das Ausmaß des Schadens.
    Wie wenig unversehrt geblieben war.
    Wie sehr sich alles verändert hatte.
    Die Zeit schien sich so sehr verlangsamt zu haben, dass sie kaum noch merklich vor sich hinkroch. Driver hatte einer der Leichen eine Uhr abgenommen, als er den Bus geräumt hatte, und während er auf das Ziffernblatt starrte, hätte er schwören können, dass jede Sekunde doppelt so lang wie sonst brauchte, um zu verstreichen. Schließlich verabschiedete er sich von der Idee, zu schlafen zu versuchen, stand auf und ging zur Vorderseite des Busses, wo er durch die riesige Windschutzscheibe auf die menschenleere Welt hinausblickte. Das Land erstreckte sich schier endlos vor ihm, und er fragte sich, wie weit er wohl wirklich sehen konnte. 15 Kilometer? 20? Noch weiter? Er wusste wenig über seine unmittelbare Umgebung, und es gab keine offensichtlichen Orientierungspunkte. Natürlich spielte das keine besondere Rolle, denn ein toter Ort glich dem nächsten – es gab ohnehin nirgendwo noch etwas, das etwas wert gewesen wäre.
    Abgesehen von einem Aufblitzen von Licht.
    Driver rieb sich die Augen und lehnte sich an das Glas, überzeugt davon, dass ihm sein Verstand Streiche spielte. War es nur eine Reflexion gewesen? Eine Fata Morgana ohne Wüste? Was immer es sein mochte, er konnte es immer noch sehen. Es erinnerte an den Schimmer eines entfernten Feuers, eine helle Störung inmitten des ansonsten endlosen Meers von Dunkelheit draußen.
    »Leck mich am Arsch«, brummte er unterbewusst bei sich und überraschte sich durch den Klang seiner eigenen Stimme.
    Driver achtete darauf, das Licht nicht aus den Augen zu verlieren, war immer noch nicht völlig davon überzeugt, dass dort tatsächlich etwas sein könnte und tastete auf der Suche nach einem dicken schwarzen Filzstift, den er unterwegs erbeutet hatte, durch die Ablagen und Winkel des Armaturenbretts. Als er ihn fand, benutzte er ihn, um die Position des Lichts auf der Windschutzscheibe einzukreisen, dann zeichnete er ringsum eine Reihe von Pfeilen, die nach innen wiesen, um zu gewährleisten, dass er die Stelle am nächsten Morgen finden könnte.
    Driver blieb die ganze Nacht hinter dem Lenkrad sitzen und wartete ungeduldig darauf, dass der Morgen anbrach und es hell genug wurde, um zu erkennen, was er gesehen hatte. Und wichtiger noch, um feststellen zu können, wo es sich befand.
    Als sich allmählich graue Helligkeit über die verwüstete Umgebung auszubreiten begann, kehrte Driver ins Café zurück. An Wandhalterungen hinter der toten Frau hatte er am Vortag verschiedene Reiseführer für Touristen gesehen, ihnen aber zu dem Zeitpunkt keine Beachtung geschenkt. Die Leiche setzte sich sofort wieder in Bewegung, als er sich ihr näherte. Driver überwand mühsam seinen Ekel, packte sie an der linken Schulter und drehte sie herum. Er spürte, wie das weiche, verwesende Fleisch unter dem Druck seiner Finger wie nasser Lehm nachgab, als er sie mit dem Gesicht voraus gegen die Wand drückte und dort festhielt. Mit der freien Hand griff er sich so viele Landkarten, Broschüren und Flugblätter wie möglich, dann rannte er zurück zum Bus.
    Er faltete die größte Karte auseinander, die er erbeutet hatte, und breitete sie über dem Lenkrad aus. Sein Blick wechselte zwischen der Karte und der Landschaft draußen hin und her, als er versuchte, beides miteinander abzugleichen. Eine Weile gelang es ihm trotz seiner Ausbildung bei der Marine nicht, sich zu orientieren, weil ihn die ständigen Bewegungen der widerlichen Gestalt einer weiteren Toten ablenkten, die zwischen den Bäumen hervorgestolpert war und nun in das Glas vor

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