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Herbst - Zerfall

Herbst - Zerfall

Titel: Herbst - Zerfall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Moody
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herum und ließ die Axt vorne durch ihre Kehle sausen. Dabei riss er so viel von dem schwachen Fleisch weg, dass der Kopf kaum noch gestützt wurde, aber mit dem Hals verbunden blieb. Der Schädel kippte nach hinten und baumelte zwischen den Schultern, blickte nunmehr rückwärts.
    Die Kreatur verlor das Gleichgewicht und sank auf die Knie. Gordon ließ einen weiteren mörderischen Schlag folgen, diesmal kräftig genug, um die Leiche zu enthaupten und den Schädel über den Boden wegrollen zu lassen, bis er schließlich halb unter dem Reisebus zu liegen kam.
    Plötzlich schoss Reeces Hund an Gordon vorbei und überraschte ihn. Er wusste, dass es einen weiteren Leichnam zu beseitigen galt, hatte diesen jedoch vorübergehend aus den Augen verloren. Als er herumwirbelte, stellte er fest, dass die Hündin ihm zu Hilfe geeilt war. Sie war hochgesprungen und hatte die Zähne um den Unterarm der Überreste eines jungen Automechanikers geschlossen.
    Das Gewicht des Tiers erwies sich als zu viel für die Leiche, die flach aufs Gesicht fiel. Die Hündin sprang zurück und huschte wieder zu Reece, der Abstand wahrte und am Rand der Kreuzung blieb. Von neuer Zuversicht erfüllt, ging Gordon zu dem auf dem Boden liegenden Leichnam, der bereits versuchte, sich wieder aufzurappeln.
    Es gelang dem Ding, sich mit den Armen aufzustützen, den Kopf zu heben und zu Gordon aufzuschauen. Er starrte hinab und musterte, was vom Gesicht übrig war. Das Ding hatte äußerst schütteres Haar und einen Goldring im rechten Ohr. Das Ohr selbst hatte sich fast vollständig gelöst und hing nur noch an einem dünnen Strang aus Fleisch und Knorpel seitlich am Kopf.
    Mit einem Ruck stemmte sich die Kreatur etwas höher; die plötzliche Bewegung erschreckte Gordon und ließ ihn unwillkürlich ein paar Schritte zurückweichen. Dann hielt er mit dem Wissen an, dass der mitleiderregende Fleischklumpen zu seinen Füßen keine Bedrohung mehr für ihn oder sonst jemanden darstellte. Abermals drückte der Leichnam die Arme durch und stemmte den Rumpf hoch.
    Unmittelbar über der Brusttasche des mit Blut und Öl verschmierten Overalls war der Name ›Kevin‹ eingestickt. Der Gedanke, dass Kevin einst ein Leben, ein Heim, eine Familie und Freunde gehabt haben musste, fühlte sich seltsam an.
    Letztlich jedoch wurde Gordon klar, dass nun, fast sechzig Tage, nachdem die Welt unwiderruflich entstellt und für immer verändert worden war, Kevin und all die anderen Leichen, die noch auf dem Antlitz des Planeten wandelten, nichts mehr zählten.
    Er bohrte das Brecheisen in das halb geöffnete rechte Auge, stieß die Stange tief in den Schädel, drehte sie herum und zerstörte, was vom Gehirn noch übrig war.

37
    »Seid ihr schon mal in Bromwell gewesen?«, wollte Amir von Lorna und Jas wissen, als sie tiefer in die tote Ortschaft fuhren. Eigentlich interessierte ihn nicht wirklich, wie ihre Antworten lauteten oder ob sie überhaupt etwas erwidern würden. Er versuchte bloß, sich abzulenken, sich zu beruhigen und die Gedanken von der höllengleichen, fast unkenntlichen Welt abzuwenden, durch die sie reisten.
    »Sieht nicht so aus, als hätten wir etwas versäumt«, brummte Jas, der nicht in der Stimmung für eine Unterhaltung zu sein schien.
    »Ich glaube, ich war mal mit meinem Vater hier, als ich noch klein war«, sagte Lorna. »Aber ich würde nichts mehr wiedererkennen.«
    »Da hast du verdammt Recht.« Amir lächelte traurig. »Teufel auch, ich bin auf dieser Straße über zwölf Jahre lang zur Arbeit gefahren und erkenne nichts wieder!«
    »Wenn du aus der Gegend bist«, meldete sich Harte, der ihn gehört hatte, von vorne im Bus zu Wort, »dann komm her und sag uns, wohin wir fahren sollen.«
    Zögerlich stand Amir auf, lief den Gang hinab, hantelte sich dabei an der Haltestange vor, während der Bus von Seite zu Seite schwankte, und wünschte, er hätte geschwiegen. Vorne angekommen, spähte er durch die dreckige Windschutzscheibe und versuchte, sich in all der Verheerung zu orientieren, die vorbeizog.
    »Irgendwelche Vorschläge?«, fragte Hollis.
    »Moment«, gab Amir zurück, konzentrierte sich auf die Umgebung und wischte sich eine Träne vom Augenwinkel. Er hoffte, dass es niemand bemerkt hatte. Ihm war nicht klar gewesen, wie sehr es ihn schmerzen würde, in die Gegend seiner Heimat zurückzukehren. Obwohl an diesem Morgen alles völlig anders aussah, wusste er im Wesentlichen, wo sie sich befanden. Es fiel ihm schwer, sich darauf zu konzentrieren,

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