Hercule Poirot schläft nie
Mrs Gold neben ihm scharf den Atem einzog.
»Sie gilt ja wohl als sehr attraktiv«, sagte sie kühl. »Aber Douglas macht sich nichts aus diesem Typ Frau.«
Poirot antwortete nicht.
Mrs Gold stürzte sich wieder ins Wasser und schwamm in langen, ruhigen Zügen vom Strand weg. Man konnte sehen, dass sie das Wasser liebte.
Poirot kehrte zu der Gruppe im Sand zurück.
Sie hatte sich jetzt vergrößert durch das Erscheinen von General Barnes, einem Veteranen, der gern mit jungen Menschen zusammen war. Er saß zwischen Pamela und Sarah. Mit sichtlichem Vergnügen waren Pamela und er damit beschäftigt, sich Skandalgeschichten zu erzählen und sie in allen Einzelheiten auszuschmücken.
Kapitän Chantry war zurückgekehrt und saß wieder n e ben seiner Frau. Auf ihrer anderen Seite saß Gold.
Valentine saß sehr gerade zwischen den beiden Mä n nern und redete. Sie sprach schnell und lebhaft und wandte sich mit ihrer süßen Stimme bald an den einen, bald an den anderen. Sie war gerade beim Ende einer Geschichte.
»- und was glaubt ihr, sagte der verrückte Mann? ›Es war vielleicht nur eine Minute, aber ich würde mich übe r all an Sie erinnern, Madam!‹ Nicht wahr, Tony, es stimmt doch? Ich fand ihn süß! Ich finde, die Welt ist so freun d lich… ich meine, alle Leute sind immer schrecklich nett zu mir, ich weiß nicht, warum… sie sind einfach so. A ber, wie ich zu Tony sagte – erinnerst du dich, Liebster? ›Tony, wenn du nur ein winziges bisschen eifersüchtig sein könnest, dann auf diesen Träger.‹ Denn er war wir k lich reizend!«
Es entstand eine Pause.
»Unter den Trägern gibt es gute Typen«, sagte Douglas Gold dann.
»Ja. Er gab sich solche Mühe, wirklich, enorm viel M ü he… und es schien ihm direkt Spaß zu machen, mir zu helfen…«
»Das ist nichts Ungewöhnliches«, meinte Gold. »Jeder würde Ihnen helfen, da bin ich sicher.«
»Wie nett von Ihnen, das zu sagen!«, rief sie erfreut. »Tony, hast du das gehört?«
Kapitän Chantry brummte nur etwas Unverständliches.
Seine Frau seufzte.
»Tony macht mir nie Komplimente… nicht wahr, mein Schäfchen?«
Ihre weiße Hand mit den langen roten Nägeln fuhr ihm durch das dunkle Haar.
Chantry warf ihr plötzlich einen Seitenblick zu. Sie murmelte: »Ich weiß wirklich nicht, wie er es mit mir au s hält. Er ist einfach schrecklich klug… hat soviel Verstand! Und ich rede immer nur Unsinn, aber es scheint ihm nichts auszumachen. Niemand nimmt mir übel, was ich tue oder sage… alle Leute verwöhnen mich. Manchmal denke ich, so was bekommt mir nicht.«
Kapitän Chantry sagte über den Kopf seiner Frau hi n weg zu Gold: »Ist das dort draußen im Meer nicht Ihre Frau?«
»Ja. Es wird wohl Zeit, dass ich mich um sie kümmere.«
»Aber es ist so hübsch hier in der Sonne«, sagte Vale n tine leise. »Sie brauchen noch nicht ins Wasser zu gehen. Tony, Liebling, ich glaube nicht, dass ich heute schon bade – nicht am ersten Tag. Ich könnte mich erkälten oder so. Aber warum gehst du nicht hinein, Liebling? Mr – Mr Gold wird hier bleiben und mir Gesellschaft leisten, nicht wahr, Mr Gold?«
»Nein, danke!«, antwortete Chantry etwas wütend. »Noch nicht. Ihre Frau scheint Ihnen zu winken, Gold.«
»Wie gut Ihre Frau schwimmen kann«, sagte Valentine. »Sicher gehört sie zu diesen schrecklich tüchtigen Wesen, die immer alles können. Sie schüchtern mich so ein, weil ich spüre, dass sie mich verachten. Ich bin so schrecklich ungeschickt in allem – eine absolute Null, nicht wahr, Tony?«
Wieder brummte der Kapitän nur etwas Unverständl i ches.
»Du bist zu liebenswürdig, um es zuzugeben«, fuhr se i ne Frau zärtlich fort. »Männer sind so wunderbar loyal – das mag ich an ihnen. Ich finde wirklich, dass Männer viel loyaler sind als Frauen, sie sagen nie hässliche Sachen. Frauen sind so kleinlich!«
Sarah Blake rollte sich zur Seite und flüsterte Poirot zwischen den Zähnen zu:
»Anscheinend ist es ein Zeichen von Kleinlichkeit, sich vorzustellen, dass die liebe Mrs Chantry nicht in jeder Hinsicht absolut vollkommen ist! Was für ein Dummkopf diese Frau ist! Ich glaube, Valentine Chantry ist die dümmste Frau, die mir je begegnet ist. Sie kann nur i m mer sagen ›Tony, Liebling‹ und die Augen rollen. Die hat nur Watte im Kopf.«
Poirot hob seine ausdrucksvollen Augen. »Un peu sévère!«
»Ja, ja. Legen Sie es nur als Neid aus, wenn Sie wollen. Natürlich macht sie es sehr geschickt. Aber kann sie ke i nen
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